Nur als Kombi - Reichweitenstarke Plug-in-Hybride
Business-Kombi und Familienfreund: Der neue VW Passat im ersten Check
8.3.2024, 23:43 UhrDer Passat stammt noch aus einer Ära, in der neue VW-Modelle nach Winden benannt wurden, auch Scirocco, Jetta, Bora oder Santana gehörten seinerzeit in dieses Namensfeld. Heute wird den Neulingen des Hauses zumeist ein "ID" vorangestellt, zwei Buchstaben, die für Elektroantrieb stehen. Doch auch vom Passat hat VW jetzt eine komplett neue und neunte Generation aufgelegt - die aber wohl endgültig die letzte sein wird.
In seiner über 50-jährigen Geschichte fand der Wolfsburger Weltbestseller mehr als 34 Millionen Käufer. 1973 stellte sich zunächst ein Fließheckmodell vor, ein Jahr später folgte der Kombi „Variant“, der sich als die mit Abstand beliebteste Karosserieversion etablieren sollte. Weil die Stufenhecklimousine im langen Schatten des Kombis mehr oder weniger verkümmerte, wurde sie schon 2022 aus dem Programm genommen – und auch die neue Generation B9 gibt es in Europa nur noch als Variant.
Erfolgreich hat der Passat stets zwei Aufgabenfelder bedient: Das eines langstreckentauglichen Business-Kombis – und das eines geräumigen Familienfahrzeugs. Damit wurde die Wolfsburger Mittelklasse zu einem Favoriten der sogenannten „User Choser“ – das sind Dienstwagenfahrer und -fahrerinnen, die sich ihr Auto nach eigenen Wünschen aussuchen dürfen. Entsprechend hoch – bei rund 80 Prozent – liegt beim Passat denn auch der Geschäftskundenanteil.
Kräftig gewachsen
Im Vergleich zum Vorgänger legt der neue Passat größentechnisch noch einmal kräftig zu. Die ersichtlich, aber nicht radikal modernisierte und nach wie vor klassisch-konservative Karosserie wächst um 15 Zentimeter auf eine veritable Länge von 4,92 Metern, der Radstand streckt sich um 5 Zentimeter auf 2,84 Meter, was den Fondpassagieren spürbar mehr Beinfreiheit beschert. Auch das Gepäckraumvolumen wurde erweitert, ein Plus von 40 Litern ergibt enorme 690 Liter, durch Umklappen der Rücksitzlehnen werden daraus sogar 1920 Liter, Raumnot gehört definitiv nicht zum Vokabular der Passat-Nutzer. Und angesichts der beladungsfreundlich niedrigen Ladekante weiß auch der SUV-Fan wieder, was man an einem Kombi hat.
Rundgang beendet, es geht an die Sitzprobe: Der Passat bringt seine Passagiere überaus kommod unter, auch dank der neuen Komfortsitze mit Massagefunktion, die mit Ausnahme des Basismodells immer Standard sind und optional eine noch ausgeklügeltere Knet- sowie eine Klimatisierungsfunktion aufweisen. Materialauswahl und Verarbeitungsqualität fallen tadellos aus, das Ambiente vermittelt ein Gefühl gehobener Lebensart.
Touchscreen im Tablet-Stil
Der Arbeitsplatz des Fahrers respektive der Fahrerin wird serienmäßig mit einem digitalen Instrumentarium ausgestattet, das neue, aus den ID-Modellen importierte Infotainment haust in einem bis zu 15 Zoll großen, tabletartigen Touchscreen, an intuitiver Bedienbarkeit hat es ebenso gewonnen wie an Reaktionsschnelligkeit.
Zu einem Old-School-Drehknopf für die Lautstärke mochte sich VW leider nicht durchringen, stattdessen sind die berüchtigten Touchslider für Audiointensität und Temperatur immer noch da, wenigstens hat man sie nun beleuchtet. Die Auskunftsfreudigkeit der aufmerksamen Sprachsteuerung steigt dank ChatGPT, und ein Head-up-Display gibt es selbstverständlich auch, ein „echtes“ im Übrigen, das die wichtigsten Fahrinformationen in die Windschutzscheibe projiziert und nicht mehr – wie beim Vorgänger – auf eine ausfahrbare Plexiglasscheibe.
Der Wahlhebel zieht um
Dass der Wahlhebel für die Automatikfahrstufen analog zu den ID-Modellen an die Lenksäule verpflanzt wurde, hat den Vorteil, dass die Mittelkonsole nun mehr Platz für praktische Ablagen bietet.
Wie beim zeitgleich vorgestellten neuen Tiguan stellt VW auch beim Passat sukzessive acht Antriebsvarianten bereit, die allesamt an ein Doppelkupplungsgetriebe (DSG) gekoppelt sind. Die Rolle des Einsteigers ist dem 1.5 eTSI zugedacht, einem neu entwickelten Mildhybrid-Benziner mit 48-Volt-Technik und einer Leistung von 110 kW/150 PS. Zum System gehört eine Lithium-Ionen-Batterie, die einen kleinen Elektromotor (Riemenstartergenerator) speist, der wiederum den Verbrenner beim Beschleunigen und Anfahren unterstützt.
Segeln und Zylinderabschaltung
Gleichzeitig macht die Technologie zeitweises elektrisches Fahren bei niedrigem Tempo und das sogenannte „Segeln“ möglich, bei dem sich der Benziner unter bestimmten Fahrbedingungen abschaltet. Das funktioniert unauffällig und soll den Spritkonsum ebenso reduzieren wie es die automatische Zylinderabschaltung tut, als Durchschnittsverbrauch nennt das Datenblatt 5,4 bis 5,6 l/100 km.
Die Benzinerfraktion wird außerdem mit zwei nichthybridisierten Zweiliter-Turbodirekteinspritzern bedient, einem mit 150 kW/204 PS und einem mit 195 kW/265 PS, letzterer kommt in Verbindung mit Allradantrieb (4Motion).
Diesel im Dreierpack
Nach einer ersten Ausfahrt finden wir allerdings: Es geht nichts über einen kultivierten, leistungsstarken und durchzugskräftigen Zweiliter-Diesel. Viel Freude bereitet in dieser Hinsicht schon der TDI mit 110 kW/150 PS, der den Mittelplatz zwischen dem Basis-TDI (90 kW/122 PS) und dem immer allradgetriebenen TDI 4Motion (142 kW/193 PS) einnimmt. Allein der Blick auf die vierstellige Reichweitenanzeige generiert Freude, den Durchschnittsverbrauch (5,4 bis 5,0 l/100 km) wird eine ausführliche Erprobung noch verifizieren müssen.
Weil Plug-in-Hybride zwar die staatliche Förderung verloren haben, nicht jedoch die vorteilhafte 0,5-Prozent-Dienstwagenbesteuerung, könnte der Passat aber auch als Teilzeitstromer gute Zahlen schreiben. Zwei eHybrid-Varianten (150 kW/204 PS und 200 kW/272 PS) werden ab Jahresende zur Wahl stehen, und im kurzstreckengeprägten Alltag haben sie beide das Zeug, ein Elektroauto zu ersetzen. Denn dank einer neuen Batterie mit nunmehr 19,7 kWh Netto-Energiegehalt seien elektrische Reichweiten von rund 100 Kilometern machbar, wie VW sagt. Und auch die Ladeleistung stellt sich sehr erwachsen dar: An der AC-Wallbox tanken die eHybride mit 11 kW, und auch die DC-Schnellladesäule können sie anzapfen, konkret mit bis zu 50 kW. Das bedeutet, dass der Akku im Idealfall binnen 23 Minuten von 10 auf 80 Prozent aufzuladen ist.
Genussdienliches Adaptivfahrwerk
Als sehr genussdienlich hat sich auf unserer Proberunde das neue (und optionale) DCC-Pro-Fahrwerk erwiesen, seine Adaptivdämpfer fangen die Knitterfalten suboptimaler Asphaltdecken sanft und souverän ein, und weil auch Wind- und Abrollgeräusche erfolgreich unterbunden werden, scheint der Passat auf der Autobahn fast zu verstummen, wir gehen von stressfreien Langstreckenfahrten aus.
Beim Einstiegspreis bleibt der Passat B9 einigermaßen auf dem Boden. 39.995 Euro für das eTSI-Basismodell mit 150 PS sind fair, zumal Dachreling, Klimaautomatik, Digitalcockpit, Rückfahrkamera, Smartphone-Integration, Parksensoren, LED-Scheinwerfer, Leichtmetallräder und die wichtigsten Fahrassistenten inklusive eines Adaptivtempomaten hier schon mitgeliefert werden. Der 150-PS-Diesel kostet mindestens 48.495 Euro, fährt dann allerdings bereits in der besseren „Business“-Ausstattung vor. Teuer wird es bei den Plug-in-Hybriden, für die VW mindestens 50.320 Euro berechnet.
Der elektrische Erbe ist schon da
Gebaut wird der Passat übrigens im slowakischen Bratislava, zusammen mit dem Skoda-Schwestermodell Superb. An der bisherigen Produktionsstätte in Emden läuft nun der VW ID.7 vom Band, der als elektrischer Erbe des Passat gilt – möglicherweise aber irgendwann dessen wertvollen Namen übernehmen wird. Die neunte wäre dann doch nicht die letzte Generation gewesen.
VW Passat in Kürze:
Wann er kommt: Ist bereits bestellbar
Wen er ins Visier nimmt: Audi A6 Avant, Mercedes E-Klasse T-Modell, BMW 5er Touring, Skoda Superb Combi, Volvo V90
Was ihn antreibt: 1.5 eTSI 48-V-Mildhybrid mit 110 kW/150 PS, 2.0 TSI mit 150 kW/204 PS, 2.0 TSI 4Motion mit 195 kW/265 PS, 2.0 TDI mit 90 kW/122 PS und 110 kW/150 PS, 2.0 TDI 4Motion mit 142 kW/193 PS
Was er kostet: Ab 39.995 Euro
Was noch folgt: Zum Jahresende 2024 die Plug-in-Hybride eHybrid mit 150 kW/204 PS und 200 kW/272 PS
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