Schmücken und Helfen

„Ohne meine Nachbarn wäre ich verloren“: Das erleben NN-Mitarbeiter, wenn sie die Spenden verteilen

3.1.2025, 05:00 Uhr
Kugeln am Schmücken & Helfen Weihnachtsbaum der NN neben dem Schreibwaren-Laden nahe dem Alten Rathaus in Pegnitz.

© Andreas Beil Kugeln am Schmücken & Helfen Weihnachtsbaum der NN neben dem Schreibwaren-Laden nahe dem Alten Rathaus in Pegnitz.

Wenn sich viele in den Wochen vor Weihnachten im Kaufrausch befinden, verteilen die Mitarbeiter der "Nordbayerischen Nachrichten" die Spenden aus der Aktion "Schmücken und Helfen". Sie erfahren dabei nicht nur viel Demut, sondern werden auch mit großer Dankbarkeit beschenkt.

Seit über einem Vierteljahrhundert spenden die Leser und viele Firmen kleine und große Beträge, um den Ärmsten der Armen in der Region zum Fest der Liebe eine Freude zu bereiten. Hunderte von Kilometern sind die "Zeitungsengel" dann zwischen Hollfeld und Königstein oder Creußen und Betzenstein unterwegs, um das Geld weiterzugeben. Einfach ist das nicht, gibt es doch in den Dörfern keine Straßennamen, ganz abgesehen davon, dass die Empfänger nicht selten in Kellerwohnungen oder ehemaligen Ferienappartements wohnen, um Miete zu sparen. Dazu kommen Sprachbarrieren mit Syrern, Afghanen oder Ukrainern. Dann helfen Handy-Übersetzungsprogramme oder Kinder als Dolmetscher.

Sprachkurse auf dem flachen Land sind eine besondere Herausforderung für die Menschen

Viele der Empfänger mit Migrationshintergrund besuchen mehrfach in der Woche Sprachkurse und stoßen dabei am flachen Land auf große Probleme. Je nach Fortschritt müssen oft mehrere Familienmitglieder in unterschiedliche Städte von Pegnitz über Auerbach bis nach Bayreuth oder Amberg fahren; kein leichtes Unterfangen, wenn auf diesen Strecken täglich nur drei Busverbindungen angeboten werden. Bei der Annahme von Minijobs setzt sich dieses Dilemma fort. Deshalb nehmen nicht wenige lieber einfache Putzdienste in benachbarten Einrichtungen an.

Wenn schwerbehinderte Kinder tagsüber in Heime oder Werkstätten gebracht werden müssen, bleibt oft nichts anderes übrig, als sie mit Kleinbussen oder Taxi quer durch den halben Landkreis zu fahren.

Wie kommt man in der Fränkischen Schweiz ohne eigenes Auto zum Arzt?

Auch Erwachsene klagen über unzulängliche Bedingungen im Öffentlichen Personen-Nahverkehr. Ein Mann in der Fränkischen Schweiz sang bei unserem Besuch das hohe Lied auf seinen Vermieter und seine Nachbarn. "Wenn sie mich nicht zum Arzt oder zum Einkaufen fahren würden, wäre ich verloren". Der ehemalige Kraftfahrer, der einst mit seinen Eltern wegen der billigeren Miete aufs Land gezogen ist, wurde vor vielen Jahren bei einem Unfall schwer am Kopf verletzt. Seither hat er Koordinationsprobleme, kann kaum mehr laufen und darf nicht mehr Auto fahren, was er sich ohnehin nicht mehr leisten könnte.

Bis vor wenigen Jahren hat ihn seine Mutter versorgt, doch als diese starb, dachte er über den weiteren Sinn seines Lebens nach. Auf den Einwand des NN-Besuchs hin, was wohl seine Mutter im Jenseits sagen würde, wenn er das Leben, das sie ihm einst geschenkt hat, einfach wegwerfen würde, kämpfte er mit den Tränen: "Genau das habe ich mich auch gefragt".

Die Spende der NN-Leser ist für ihn das schönste Weihnachtsgeschenk seit langem. Kein Wunder, lebt er doch am Existenzminimum. Das karge Mittagessen aus der Dose auf dem Tisch und nebenan ein schlichter Brenner auf einer Gasflasche als Heizung beweisen es. Gezündet hat er die Wärmequelle noch nicht, es hat ja noch knappe Plusgrade.

Miete für 100 Euro: Krebskranker aus der Region steht vor einer schweren Entscheidung

Einige Kilometer weiter verbringt ein anderer Mann seinen Lebensabend in einer knapp 100 Euro teuren Mietwohnung, in die im Winter immer wieder Bauarbeiter für Renovierungsarbeiten kommen, wenn sie nichts anderes zu tun haben. Auch er muss seit einigen Jahren ohne seine Mutter auskommen und auch allein eine wichtige Entscheidung treffen. Seit langem laboriert er an einem Krebsleiden, das zu Coronazeiten nicht operiert und nur mit Laser-Behandlungen in Schach gehalten werden konnte. Jetzt sind die Metastasen zu weit fortgeschritten. Deshalb stellten ihn die Ärzte vor die Entscheidung: Entweder er lebt nur noch ein halbes Jahr oder er lässt sich operieren, mit einer Erfolgsquote von 50 Prozent.

Ein junger Spenden-Adressat kann krankheitsbedingt weder lesen noch schreiben, behilft sich aber mit speziellen Computerprogrammen. Seine Eltern kümmern sich rührend um ihn und bei der spontanen Kaffeetafel ist ein ungemein herzliches Verhältnis zu spüren. Deshalb kommt der Jüngling nach getaner Arbeit in einer Behindertenwerkstatt auch immer wieder gerne nach Hause zurück.

NN-Aktion unterstützt unter anderem auch Geflüchtete in Auerbach

Im Raum Auerbach besuchen wir einige Syrer, die allerdings untereinander kaum Kontakt halten. Sie freuen sich über das Ende der Assad-Diktatur, beziehen aber ihre Informationen vorwiegend aus dem Fernsehen. Zurück in die Heimat will in der gegenwärtigen Situation niemand, zu unsicher ist ihnen die Lage. Sie befürchten, dass die Moslems die Oberhand behalten und die anderen Religionsgruppen keine Rolle spielen. Sie sehen ihre Zukunft vielmehr in Deutschland. Eine Familie hat sogar große Pläne: "Wenn wir unsere Deutsch-Kurse absolviert haben, werden wir hier vielleicht ein syrisches Restaurant eröffnen".

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