Ukraine rückt vor

Deutsche Panzer in Russland: Warum Wagenknechts Empörung historisch schief ist

Alexander Jungkunz

Chefpublizist

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14.8.2024, 12:14 Uhr
Deutsche Waffen in Russland? BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach von einer "hochgefährlichen Entwicklung".

© Michael Bahlo/Michael Bahlo/dpa Deutsche Waffen in Russland? BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach von einer "hochgefährlichen Entwicklung".

Kursk: Die Stadt, der sich ukrainische Truppen nähern, hat mehrfach Symbolkraft für Russland, für Putin und auch für Deutschland. Die Wehrmacht hielt Kursk von Ende 1941 bis Anfang 1943 besetzt, sie verlor dort gegen die Sowjets im Sommer 1943 die größte Panzerschlacht der Geschichte.

Und nun: rollen dort wieder deutsche Marder-Panzer. Weil Deutschland sie der Ukraine überlassen hat. Vor allem AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht sehen da - wie auch der Kreml - eine brisante Zuspitzung.

Deutsche Panzer wieder in Russland? Ein Vergleich, der böswillig ist

Doch die Unterschiede zwischen 1943 und 2024 sind ebenso offensichtlich wie gravierend: Nicht Deutschland führt einen Angriffskrieg, sondern Russland. Und Deutschland hat, wie andere Staaten, der angegriffenen Ukraine Waffen geliefert, darunter Marder. Was damit geschieht, liegt in der Hand der Ukraine - die das Recht hat, den Aggressor auch auf dessen Gebiet zu bekämpfen.

Es fällt auf, dass Putin dieses Thema kleinhält. Wie auch den für ihn höchst blamablen Vorstoß der Ukraine. Bisher reagiert der Kreml verhältnismäßig vorsichtig - von den üblichen, täglichen Raketenangriffen auf ukrainische Städte abgesehen gab es keine Vergeltung.

Kursk ist Putins Ende, sagt Selenskyj - etwas sehr gewagt

Kursk: So hieß auch jenes russische Atom-U-Boot, das am 12. August 2000 nach einer Explosion in der Barentssee sank - kurz nach Beginn von Putins erster Amtszeit. Er tat viel zu lange nichts, beschuldigte fälschlich die USA, für die Tragödie mit 118 Toten verantwortlich zu sein. Seine Eiseskälte schockte viele. Daran erinnerte nun der ukrainische Präsident Selenskyj - und prophezeite: "Kursk ist Putins Ende."

Eine gewagte Prognose. Aber Kiews Vorstoß setzt Moskau unter Druck, die Ukraine spürt einen Hauch von Erfolg, sie will ihr Gewicht für Verhandlungen stärken. Ist Putin dafür bereit? Die Aussichten sinken, dass ihm ein Sieger Trump die Ukraine als Antrittsgeschenk präsentiert. Russlands Kräfte sind nicht unendlich. 14 Prozent des Etats fließen in Rüstung, ungerührt sieht Putin zu, wie täglich Hunderte an der Front sterben.

Die Front des Westens bröckelt nicht - trotz Moskaus Propaganda

Und er registriert, dass die Front des Westens eben nicht bröckelt - trotz all seiner Spaltungsversuche, gerade bei uns. Die SPD-Spitze hat nun der Stationierung konventioneller US-Raketen in Deutschland 2026 zugestimmt - ein klares Signal dafür, dass die Nato, Europa und Deutschland russischem Druck etwas entgegensetzen: Es war Putin, der zuerst Atomraketen in Kaliningrad stationierte, die binnen Minuten deutsche Städte erreichen können. Es wäre dringlich, dass deutsche Politiker dies erklären und nicht ohne Debatte verkünden.

Putin darf nicht gewinnen, es wäre ein Freibrief für mehr Aggression. Und aus einer von ihm geschlagenen Ukraine könnten bis zu zehn Millionen Menschen gen Westen fliehen - das würde jede Aufnahmekraft sprengen. Momentan sieht es weniger denn je danach aus, dass Putin gewinnt. So könnten die Chancen für Verhandlungen steigen - weil der Westen Moskau mit Härte begegnet, nicht mit Nachgeben.

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