Neue Studie
Radfahrer und Fußgänger: Gefährliche Begegnung – Unfallforscher schlagen Alarm
19.10.2023, 21:32 UhrDass Radfahrer im Straßenverkehr gefährlich leben, weiß man. Dass die besonders ungeschützten Fußgänger ein noch höheres Risiko tragen, ist ebenfalls bekannt. Als natürlicher Feind, um ein harsches Wort zu benutzen, wird im Falle beider Spezies von Verkehrsteilnehmern in aller Regel das Auto ausgemacht.
"Kaum beachtete Unfallkonstellation"
Doch es kommt auch vor, dass Radler und Passanten direkt aneinandergeraten. Von einer "kaum beachteteten Unfallkonstellation" spricht Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Die Konsequenzen sind oftmals böse: Mehr als 720 Personen sind allein im Jahr 2022 bei Kollisionen zwischen einem Radfahrer und einem Fußgänger schwer verletzt worden, 13 davon tödlich. Besonders Fußgänger, so der UDV, tragen "mit hoher Wahrscheinlichkeit" Blessuren davon, und gerade bei Älteren fallen sie "häufig schwer" aus..
Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, gemeinhin als Unfallflucht bezeichnet, ist offensichtlich kein Fehlverhalten, das Autofahrer für sich gepachtet haben: Laut UDV hat sich der Unfallverursacher – in aller Regel der Radfahrer respektive die Radfahrerin – in rund einem Viertel der Fälle aus dem Staub gemacht. Das ist auch deshalb ein Problem, weil ein Fahrrad – wenn es sich nicht gerade um ein S-Pedelec handelt – im Unterschied zum Auto schließlich kein Nummernschild trägt, das auf den Verantwortlichen hinweisen könnte.
Unfallgefahr an Haltestellen und in Fußgängerzonen
Im Rahmen einer nun veröffentlichten Studie identifiziert der UDV auch jene Stellen, an denen es besonders häufig zwischen Radfahrern und Fußgänger kracht. Den Unfallforschern zufolge sind das vor allem Fußgängerzonen, von denen schließlich nicht alle für den Radverkehr gesperrt sind, sowie die Haltestellen des ÖPNV.
Mitunter kommt übrigens doch das Auto ins Spiel. Denn wenn Fußgänger überraschend auf eine sogenannte „Radverkehrsfläche“ – wie Radwege – treten, dann oft deshalb, weil parkende Fahrzeuge die Sicht auf den fließenden Verkehr versperren.
Problematische Zweirichtungs-Radwege
Begegnen sich Radler und Passanten auf einem Radweg, dann ist die Gefahr umso größer, je schmaler dieser Radweg ausfällt, denn Ausweichen gerät dann besonders schwierig. Nachvollziehbar ist es auch, dass der UDV sogenannte Zweirichtungs-Radwege, die von Radlern in beiden Fahrtrichtungen benutzt werden dürfen, als „besonders ungünstig“ einstuft.Fußgängern droht hier aus beiden Fahrtrichtungen Gefahr, und es sind mehr Radler als auf "Einbahn-Radwegen" unterwegs.
Die Unfallforscher fordern nun, die Erkenntnisse ihrer Studie "bei der Gestaltung der Infrastruktur besser zu berücksichtigen". Fußgängerzonen sollten für den Radverkehr tabu bleiben; ebenfalls kritisch sei die Freigabe von Gehwegen zu sehen, auch in Grünanlagen und Parks. "Deutliche Verbesserungen" erwartet sich der UDV zudem davon, künftig keine Zweirichtungs-Radwege mehr anzulegen und dort, wo besonders viele Fußgänger laufen, die Zahl der parkenden Autos zu reduzieren.
Rücksichtnahme gefragt
Wichtiger Punkt aber auch: Wo verschiedene Verkehrsteilnehmer um die vorhandene Verkehrsfläche konkurrieren, ist gegenseitige Rücksichtnahme essenziell. Beispiel Haltestellen: Radfahrer sollten hier den Passagieren das gefahrlose Ein- und Aussteigen ermöglichen und gegebenenfalls anhalten und warten. Aber auch die Fußgänger sind gefordert; ihnen ist anzuraten, gut auf herannahende Radler zu achten.
Die Fußgänger-Radfahrer-Problematik dürfte sich in Zukunft noch verschärfen. Dafür sind zwei Punkte ausschlaggebend: "Fahrräder nehmen zahlenmäßig und nach Fahrleistung deutlich zu", beobachtet UDV-Chef Siegfried Brockmann, "und mit E-Bikes sowie Lastenrädern werden sie auch schneller und schwerer". Außerdem sei der demographische Wandel zu bedenken: "Die Bevölkerung wird immer älter". Das aber bedeutet, dass künftig noch mehr der besonders verletzungsanfälligen und mitunter wenig reaktionsschnellen Senioren im Verkehrsgeschehen anzutreffen sind.
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