Neues aus den Museen

In Feuchtwangen: Spuren jüdischen Lebens von Franken bis in die USA

Uta Karrer

20.6.2024, 17:11 Uhr
Plakat zur aktuellen Sonderausstellung.

© Stadt Feuchtwangen Plakat zur aktuellen Sonderausstellung.

Von Feuchtwangen über Indien bis in die USA reicht die Familiengeschichte der aktuellen US-Botschafterin in Deutschland, Amy Gutmann. Ihr Vater Kurt Gutmann und Großvater Abraham Gutmann konnten den Schrecken des Nationalsozialismus über diese lange Fluchtroute entkommen. Zuvor hatte die Familie ein Modegeschäft in der Feuchtwanger Innenstadt. Die Ausstellung Spuren jüdischen Lebens in Feuchtwangen zeichnet die Familiengeschichte der Top-Diplomatin mit fränkischen Wurzeln nach. Und nicht nur ihre.

Über 800 Jahre reicht die jüdische Geschichte Feuchtwangens zurück - bis in das 13. Jahrhundert. Das Fränkische Museum selbst befindet sich an der Stelle der ehemaligen Synagoge. Der erste Synagogenbau wurde um 1633 errichtet. Der zweite Bau von 1833 wurde 1938 in den Novemberpogromen zerstört.

Amy Gutmann hat fränkische Wurzeln und ist Botschafterin der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland.

Amy Gutmann hat fränkische Wurzeln und ist Botschafterin der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland. © Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Die jüdische Geschichte sichtbar und erlebbar zu machen, an den furchtbaren Antisemitismus und die Shoa zu erinnern, und einzutreten für eine bessere Zukunft: Dafür steht das gemeinsame Recherche- und Ausstellungsprojekt der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Feuchtwangen und des Fränkischen Museums Feuchtwangen.

In der interaktiven Ausstellung dazu werden weltweite Vernetzungen aufgezeigt. An einem multidimensionalen Stadtplan treten die bemerkenswerten Lebensleistungen sowie die bewegenden, teilweise furchtbaren Schicksale von Feuchtwanger Jüdinnen und Juden hervor. Dazu gehört auch Jeanette Schülein (1825-1900). Die Unternehmerin führte die Firma Schülein & Söhne zum Erfolg, aus der später das bekannte Löwenbräu hervorging.

Ein Medientisch mit Bildern und Audiotexten führt auch entlang am Lebensweg des letzten jüdischen Religionslehrers und Kantors Leo Neumann (1895-1943). Ab 1933 musste er in der NS-Diktatur drei unrechtmäßige, demütigende Haftstrafen erleiden, bevor er mit seiner Ehefrau Berta Neumann 1943 in Auschwitz ermordet wurde.

Ein Highlight im Museumsbestand: Barocke Feuerspritze aus Herrieden.

Ein Highlight im Museumsbestand: Barocke Feuerspritze aus Herrieden. © Jim Albright

Über ihren persönlichen Umgang mit der NS-Geschichte und ihre Bezüge zum heutigen Franken sprechen in Interviews die US-Botschafterin und Mitglieder weiterer jüdischer Familien mit Wurzeln in Feuchtwangen. Aber was kann man heute gegen Antisemitismus und für eine weltoffene, demokratische Zukunft tun? Mitmachstationen beleuchten Handlungsmöglichkeiten. Gefördert wird das besondere Ausstellungsprojekt durch die diplomatischen Vertretungen der USA in Deutschland, die Stiftung Vereinigte Sparkassen Stadt und Landkreis Ansbach, die Stadt Feuchtwangen, den Bezirk Mittelfranken sowie die Stadtwerke Feuchtwangen.

Glanzstücke aus den Manufakturen

Der Alltagsgeschichte Westmittelfrankens widmet sich auch die Dauerschau des Fränkischen Museums. Das jahrhundertelange Miteinander jüdischer und christlicher Religionen wird sichtbar. Verflechtungsgeschichten werden anhand von Bildern, Handschriften und kunstvollen Zinnobjekten aus regionaler Herstellung deutlich. Die Fayence-Sammlung zeigt Glanzstücke zahlreicher Manufakturen und ist von überregionaler Bekanntheit. Ein Highlight darin ist der Sachsbacher Altar aus dem 15. Jahrhundert, der vermutlich aus der Werkstatt von Michael Wohlgemuth in Nürnberg stammt.

Original erhaltene Wohnstuben

Den historischen Lebensalltag kann man in original erhaltenen Wohnstuben verschiedener Epochen nachempfinden. Trachten und Kleidungsstücke runden den Blick auf die historisch kleinräumige Region ab. Ausgestellt sind aber auch fein bestickte Handtaschen sowie sorgfältig geschnitzte Pfeifenköpfe. Liebesbriefe und -gaben sowie Hochzeitsbräuche machen auch das historische Beziehungsleben lebendig.

Ein besonderes Highlight ist die Herrieder Feuerspritze von 1759, eine der wenigen erhaltenen barocken Feuerspritzen. Diese ist nicht nur mit prächtigem Schnitzwerk und Gemälden verziert, sie soll auch rund 150 Jahre im Dienst gewesen sein.

https://fraenkisches-museum.de

Dieser Text ist in der Museumszeitung erschienen, einer Kooperation zwischen dem Verlag Nürnberger Presse und den Museen.

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