Übersicht
Bürgerentscheid Herzogenaurach: Was Sie über die Südumfahrung Niederndorf wissen müssen
30.8.2023, 11:35 UhrKonkret geht es um einen vom Verkehr überbelasteten Stadtteil und Anwohner, die unter den vielen Autos leiden. Im Grundsatz geht es aber auch um die Klimakrise, wirtschaftliche Entwicklung, die Mobilität von morgen, den Bürgerwillen - und was zu tun ist, wenn dieser eben nicht eindeutig ausfällt. Die Südumfahrung des Herzogenauracher Ortsteils Niederndorf ist ein Projekt, bei dem es seit über zehn Jahren brodelt.
Am 8. Oktober 2023 sind die Herzogenauracher Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, in einem Bürgerentscheid für oder gegen das Projekt zu stimmen. Es ist nicht die erste Entscheidung dieser Art und es wird womöglich nicht die letzte sein. Die "Nordbayerischen Nachrichten" nehmen das anstehende Votum zum Anlass, am 13. September bei einer Podiumsdiskussion im Vereinshaus in Herzogenaurach die verschiedenen Positionen auf den Tisch zu bringen. Vorab ein Überblick, um was es in der Sache eigentlich geht:
Das Problem
Durch den Herzogenauracher Ortsteil Niederndorf und durch den Erlanger Ortsteil Neuses verläuft die Staatsstraße 2263, die Erlangen, die Autobahn A3 und Herzogenaurach verbindet. Das Verkehrsaufkommen ist hoch, auch weil sich an der Straße am Ortseingang von Herzogenaurach die Firma Schaeffler befindet.
In Niederndorf selbst kommt dazu, dass Einpendler aus der Fürther Gegend die Vacher Straße von Süden her nutzen, dazu kommt der Verkehr aus Obermichelbach. An der Kreuzung Niederndorfer Hauptstraße/Vacher Straße kommt es trotz Ampel regelmäßig zu langen Staus. Laut Planungsentwurf treffen pro Tag etwa 14.500 Fahrzeuge in Niederndorf aufeinander.
Der Plan
Das Problem ist bekannt: Seit Beginn der 2000er Jahre wird diskutiert, wie Niederndorf entlastet werden kann. Nach einer ersten Machbarkeitsstudie 2011 folgte 2012 der Grundsatzentschluss des Herzogenauracher Stadtrates, mit Mehrheit von CSU, JU und SPD, dass eine Umgehung gebaut werden soll. Sie soll in einem großen Bogen vom Schaeffler-Osttor südlich um Hauptendorf, Niederndorf und Neuses verlaufen. Trägerin des Bauvorhabens ist die Stadt Herzogenaurach, die 2021 den Plan für den Bau an die Regierung von Mittelfranken als Genehmigungsbehörde eingereicht hat.
Insgesamt soll die Trasse zirka 5,1 Kilometer lang werden; fünf Brücken und zehn weitere Bauwerke sind notwendig, damit die Täler und Flüsse im Aurachtal überwunden werden können. In dem Bereich gibt es zahlreiche Biotope und bewirtschaftete Felder.
Die Kosten wurden 2021 auf 74,5 Millionen Euro geschätzt, etwa 60 Prozent davon sollen durch Fördergelder finanziert werden, den Rest muss die Stadt Herzogenaurach tragen. Die für die Straße benötigte Fläche beträgt 32,1 Hektar Grund, neu versiegelt werden acht Hektar. Insgesamt 120 Flurstücke sind vom Bau betroffen, sie gehören etwa 90 Personen.
Der Protest
Seit es die Idee der Südumfahrung gibt, äußern Bürgerinnen und Bürger Zweifel. In einer einzigen Sache ist man sich einig: Der Verkehr in Niederndorf ist ein Problem, die Anwohner sollen entlastet werden.
Die Gegner argumentieren, dass durch den Bau der Südumgehung zu stark in die Natur eingegriffen wird, außerdem wertvolle Naherholungsfläche verloren geht und sich der Individualverkehr in absehbarer Zeit sowieso durch mehr ÖPNV und Homeoffice verringern wird. Außerdem sollen vorhandene landwirtschaftliche Flächen schwerer zu bewirtschaften sein, weil sie durchschnitten werden. Es werden zahlreiche Alternativen zum Projekt genannt, etwa die Investition in Park+Ride-Anlagen, um den Individualverkehr einzuschränken, und in den ÖPNV.
Nicht nur wegen des Lärms finden die Befürworter des Projekts, dass die Südumgehung kommen muss, auch wegen der Sicherheit an der Straße und dem derzeit fehlenden Dorfcharakter Niederndorfs. Ebenso wird argumentiert, dass durch den Bau der Unternehmensstandort Herzogenaurach gestärkt wird und so Jobs sicherer seien.
Die Pattsituation
Im vergangenen Jahr reichten die Gegner der Südumgehung ein Bürgerbegehren ein, das zu einem Bürgerentscheid im Mai 2022 führte. Darauf reagierte der Stadtrat, indem er durch ein Ratsbegehren ebenfalls die Bevölkerung zur Abstimmung aufforderte. Dadurch standen zwei Begehren zur Wahl. Von knapp 18.500 Wahlberechtigten in Herzogenaurach stimmten weniger als die Hälfte ab (7600). Beide Begehren erhielten die erforderliche Mehrheit, deswegen entschied eine Stichfrage den Ausgang. Mit nur 147 Stimmen Vorsprung gewannen die Gegner.
Das Ergebnis zeigt, wie uneins sich die Bevölkerung Herzogenaurachs ist. Seit der Abstimmung sind alle Maßnahmen zum Bau der Südumgehung eingestellt. Das Planfeststellungsverfahren bei der Regierung von Mittelfranken ruht. Anfang dieses Jahres formierte sich allerdings eine Bürgerinitiative, die sich mit dem Ergebnis nicht zufrieden geben will und mit einem erneuten Bürgerentscheid zum Bau der Südumgehung ins Feld gezogen ist. Deshalb findet gleichzeitig mit der Landtagswahl am 8. Oktober ein erneutes Bürgervotum statt. Die Frage, die von den Herzogenaurachern darin zu beantworten ist, lautet: "Sind Sie dafür, dass die Stadt Herzogenaurach alle Maßnahmen zum Bau der Ortsumfahrung Niederndorf-Neuses fortsetzen soll, um Niederndorf stark vom Autoverkehr in Ost-West- und Nord-Süd-Richtung zu entlasten und um u.a. den Öffentlichen Nahverkehr in und um Niederndorf deutlich zu verbessern?" Gegen die möglichweise wertende Formulierung sind die Gegner des Projekts bereits vorgegangen, bisher erfolglos.
Info: Der NN-Talk "Vor dem Bürgerentscheid - Kommt die Südumfahrung?" findet am Mittwoch, 13. September, um 19 Uhr, im Vereinshaus Herzogenaurach (Hintere Gasse 22), statt. Auf dem Podium werden für die Südumfahrung Bürgermeister German Hacker und Robert Kochmann von der Bürgerinitiative "Pro Südumfahrung" argumentieren. Dagegen halten Martine Herpers von der Bürgerinitiative "Stopp Südumfahrung Herzogenaurach" und der landwirtschaftliche Unternehmer Martin Breun. Karten gibt es im Vorverkauf online unter nordbayern.reservix.de oder in den Geschäftsstellen unserer Tageszeitung in Erlangen (Hauptstraße 38) und Nürnberg (Hallplatz 2). Auch eine telefonische Reservierung unter der Telefonnummer (0911) 216-2777 ist möglich. Der Eintritt kostet 12 Euro, Abonnentinnen und Abonnenten bekommen im Vorkauf einen Rabatt. Restkarten gibt es an der Abendkasse.