Erschreckender Auftritt
0:5 beim zuvor punkt- und torlosen Letzten: Kleeblatt verliert in Berlin
26.8.2023, 14:53 UhrAuch in den vergangenen Tagen kam die dauerkriselnde Hertha nicht zur Ruhe. Ein paar Tage nach dem schlechtesten Start eines Bundesliga-Absteigers in der eingleisigen zweiten Bundesliga verabschiedete sich erst Kapitän Marco Richter, dann schrieb der Berliner Boulevard von den "wahren Problemen in der Hertha-Kabine" und nannte als einen der Gründe die drei Söhne von Trainer Pal Dardai - der sich darüber natürlich fürchterlich aufregte und mit harten Worten gegen die "Bild" schoss. Und als wären die Probleme nicht schon groß genug, sagte Wunschspieler Diego Demme nach längerem Hin und Her am Ende der Woche auch noch ab.
Die Vorzeichen für das zweite Heimspiel der Zweitliga-Saison gegen das Kleeblatt waren also keine guten. Ganz im Gegenteil. Der Druck war schon am vierten Spieltag riesig in der Hauptstadt - doch die Hertha hielt diesem stand und hatte im Kleeblatt, das ja gerne den Aufbaugegner für schwächelnde Mannschaften gibt, einen sehr dankbaren Gast. Das 5:0 (2:0) war der erste Sieg für die Berliner - für die erschreckend schwachen Fürther hingegen, die einen indiskutablen Auftritt ablieferten, war es die zweite Auswärtsniederlage im zweiten Spiel.
SpVgg Greuther Fürth: Srbeny beginnt für Sieb
Nach dem Saisonstart mit vier Punkten und dem Pokal-Erfolg in Halle sah Alexander Zorniger zunächst keinen Anlass, groß etwas an seiner Startelf zu verändern. Dennis Srbeny nahm im Angriff den Platz von Armindo Sieb ein, ansonsten vertraute der Fürther Trainer derselben Mannschaft wie beim Unentschieden gegen Sankt Pauli. Doch wie schon vor einer Woche tat sich das Kleeblatt sehr schwer, ins Spiel zu kommen und machte die Hertha mit einem seltsam passiven und körperlosen Auftritt stark.
Bereits nach eineinhalb Minuten sah Maximilian Dietz wegen Ballwegschlagens Gelb, nach sechs Minuten zog der Ex-Fürther Fabian Reese nach einem guten Pass von Michal Karbownik in die Tiefe und Richtung Fürther Tor, schoss aber deutlich vorbei. Doch selbst diese erste Chance weckte das passive Kleeblatt nicht auf, gefühlt kam jeder Spieler überall auf dem Platz einen Schritt zu spät. Offensiv versuchte es Dennis Srbeny einmal mit einem Kullerball (10.), ansonsten ging es nur in eine Richtung: auf das Tor von Jonas Urbig. Vor allem über die rechte Abwehrseite hatten die Fürther große Probleme mit Karbownik und Reese - und machten sich dann selbst das Leben schwer.
Der offenbar verunsicherte Dietz spielte einen viel zu harten und halbhohen Ball auf Urbig, den der gerade noch klären konnte, doch zwei weitere Herthaner Chancen später jubelte das Olympiastadion. Dietz wartete bei einem Freistoß in der eigenen Hälfte sehr lange und spielte dann, ohne zu schauen, erneut zu hart und mittig zurück auf Urbig, dem der Ball versprang, sodass Haris Tabakovic nur noch seinen Fuß hinhalten musste: 1:0 für die Hertha (23.).
Damit war genau das passiert, was nicht hätte passieren dürfen: Statt einen verunsicherten Gegner weiter zu verunsichern machte die Spielvereinigung ihn stark. Das Olympiastadion wurde nun noch lauter, nach 25 Minuten schoss mit Jeremy Dudziak ein weiterer Ex-Fürther knapp vorbei. Und dann ergaben sich die Gäste ihrem Schicksal: Am und im eigenen Strafraum ließen sie die Hertha auf engstem Raum kombinieren, niemand fühlte sich bemüßigt, dazwischen zu gehen, der Ball flipperte hin und her und prallte dann zu Marten Winkler, der ihn zum 2:0 ins Netz drosch (31.).
Nach einem ersten Schussversuch von Tim Lemperle reagierte Zorniger und wechselte doppelt: Für den gelbrot-gefährdeten und extrem schwachen Dietz sowie den völlig unsichtbaren Srbeny kamen Oussama Haddadi und Lukas Petkov (34.). Wirklich besser wurde es aber auch nach einer Umstellung auf ein 4-4-2 nicht. Erst in der 45. Minute prüfte Petkov Tjark Ernst im Berliner Tor aus 18 Metern, wenig später schoss Simon Asta aus 16 Metern gefühlt 16 Meter über das Tor - und den Ball beinahe in den Oberrang des Olympiastadions. Es war das passende Bild für diese erste Halbzeit des Kleeblatts. Eine der schlechtesten Halbzeiten der letzten Jahre.
Auf die reagierte Zorniger mit einem weiteren Wechsel in der Pause: Für Asta kam Jomaine Consbruch. Doch alles, was sich die Fürther in der Kabine vorgenommen hatten, war nur Sekunden nach Wiederanpfiff Makulatur. Den langen Ball beim eigenen Anstoß, für den stets alle Spieler nach vorne sprinten, gewannen die Berliner, schalteten schnell um und hatten in der verwaisten Fürther Hälfte sehr viel Platz. Palko Dardai blieb frei vor Urbig cool und schob zum 3:0 ein (46.).
Viele Fürther Chancen - doch statt 1:3 steht es 0:4
Von diesem selbstverschuldeten Schock musste sich das Kleeblatt erstmals erholen - und dann den nächsten Rückschlag verkraften. Zorniger sah wegen Meckerns Gelb, beschwerte sich darüber, was Schiedsrichter Tobias Stieler dazu veranlasste, den Fürther Trainer mit Gelb-Rot auf die Tribüne zu schicken (55.). In den Minuten danach spielte das Kleeblatt erstmals mit und sich einige Chancen: Erst scheiterte Julian Green nach Flanke von Hrgota mit einem Volley an Ernst (57.), dann versuchte es auch Hrgota mit einem wuchtigen Schuss, ehe Lemperle nach schönem Zuspiel von Consbruch über den Ball haute (58.).
Doch statt 1:3 stand es kurz darauf 0:4 aus Fürther Sicht. Hrgota spielte einen unerklärlichen und gefährlichen Rückpass, Tabakovic eroberte den Ball und schickte den gerade eingewechselten Gustav Christensen, der den ebenso frischen Smail Prevljak bediente. Wieviel Platz der Berliner Stürmer bei seinem Abschluss zentral vor dem Tor hatte, war beinahe beängstigend (66.). Die Fürther hatten sich längst ergeben und leisteten keinen Widerstand mehr. Das nutzte die Hertha aus und tankte weiter Selbstvertrauen: In der 77. Minute erhöhte Tabakovic sogar auf 5:0.
Kurz darauf probierte es der eingewechselte Sieb nach Zuspiel von Consbruch, schoss aber aus kurzer Distanz nur den Berliner Torhüter an. Fünf Minuten vor Schluss durfte Orestis Kiomourtzoglou sein, eigentlich erst für die Länderspielpause angedachtes, Debüt für die Spielvereinigung geben. Doch offensiv gelang seiner Mannschaft nichts mehr. Um 14.53 Uhr erlöste Schiedsrichter Stieler die elf Spieler auf dem Rasen und die knapp 1000 mitgereisten Fans im Gästeblock, die längst verstummt waren, von ihrem Leiden.
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