
24:31 in Nürnberg
Horror im Hoffnungsspiel: Der HCE scheitert gegen Gummersbach auch an sich selbst
Die Heimfans in der mit 7053 Zuschauern ziemlich vollen Arena hatten alles getan. Sie hatten versucht, den Abstiegskämpfern des HC Erlangen zusätzliche Energie hektoliterweise einzuflößen. Sie hatten auf einem großen Transparent einen intensiven Herzschlag ligaunabhängig gefordert und die Akteure auf der Platte auch in schwierigen Phasen unnachgiebig unterstützt. Weil die schwierigen Phasen gegen den VfL Gummersbach zu lange andauerten, stand gegen den überzeugenden Tabellenachten nach einem zu unausgegorenen, ineffizienten und auch in der Griffigkeit über weite Strecken nicht ausreichenden Auftritt allerdings ein herbes 24:31 (12:17).
Seine Erstliga-Zugehörigkeit wird der HCE bei einer zu häufigen Wiederholung einer solchen Leistung nicht retten können. Sein Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz beträgt nach dem zeitgleichen Sieg von Bietigheim gegen Potsdam vier Punkte nun.
Der Plan war ein völlig anderer derweil gewesen: Für den dritten Saisonsieg, so das Vorhaben, war aus HCE-Sicht die bereits dritte Verabredung mit dem VfL in der bis Anfang Juni noch laufenden Handball-Spielzeit vorgesehen. Anfang Oktober hatte man sich beim Chefcoach-Einstand von Martin Schwalb gegen den Verein für Leibesübungen in der zweiten Pokal-Runde mächtig gestreckt im zweiten Durchgang. Verpasst hatte man die Verlängerung und einen in ihr möglichen Cup-Coup gegen die Oberbergischen in der Oberfrankenhalle nur um Haaresbreite.
Im ein oder anderen rot-blau gefärbten Hinterkopf durfte die starke HCE-Leistung und der hochdramatische Ausgang der Partie in Bayreuth immer noch stecken. VfL-Keeper Kuzmanovic hatte dem fabelhaften Tim Gömmel nach sieben verwandelten Siebenmetern in Serie den achten Torerfolg vom Strich damals verweigert. Und dem HCE eine Zusatzschicht damit vorenthalten an einem denkwürdigen Herbst-Abend, der in Sachen Spannung und Stimmung dennoch außergewöhnlich war - auch in positiver Hinsicht.

Positiv war beim Wiedersehen mit dem VfL Ende März nicht viel. Beim Einstand von Winterzugang Viggó Kristjánsson, der nach seiner Knieverletzung im HCE-Trikot und in der Startsieben der Hausherren debütierte, war der Königstransfer der Gastgeber früh am Ex-Erlanger Bertram Obing zwischen den Gäste-Pfosten gescheitert. Das Timing hatte nicht gestimmt beim Abschluss des Abschlussexperten, der vor der Auseinandersetzung mit dem Tabellenachten in 146 Bundesligaspielen 731 Tore erzielt hatte. Obwohl Sander Øverjordet wenig später mehr Wurfglück hatte, war der HCE nach zwei Ole-Pregler-Toren in einem komplizierten Spiel 1:2 hinten. Dass Marek Nissen den Hausherren als Schwungrad und Doppeltorschütze danach nach vorne half, tat Erlangen und seinen Fans gut.
Obling pariert oft - das Torhüter-Duo des HCE tendiert gegen Null
Besser als beim Zwischenstand von 3:2 wurde es vom Zwischenergebnis her aber nicht mehr im ersten Durchgang für den HCE. Der starke Obling, der das akkustisch wie früher in fränkischer Arbeitskleidung lautstark nachbehandelte, parierte häufig. Auf der Gegenseite blieben erfolgreiche Arbeitsnachweise von Erlangen-Torwart Quenstedt und später Finn Zecher in Hälfte eins fast vollständig aus. Bissels Ausgleich vom Siebenmeterstrich zum 4:4 und die Anschlusstreffer von Olsson und Kristjánsson waren entsprechend wichtig für den HCE, der gegen einen selbstsicheren VfL aber irgendwie nicht in Schwung kam, die Drehmomente trotz gelungener Ansätze nicht mit aller Macht erzwang.
Der Samstagabend war reichlich kompliziert geworden. Der HCE-Vortrag kam offensiv zu bruchstückhaft und ineffizient in der Arena Nürnberger Versicherung daher. Nach knapp 20 Minuten schien der Drehmoment trotzdem da. Kristjánsson, war in der Luft beim Hereinfliegen in den Kreis von seinem Gegenspieler mächtig verdreht worden und hart auf dem Arena-Boden aufgeschlagen. Weil Tom Kiesler in der Rudelbildung im Anschluss noch Øverjordet mit einem Kopfstoß bedachte, bekam der Gummersbacher bei der Blauen Nacht die Blaue Karte vorgehalten.
Blaue Karte und Schiri-Ärger: Dem HC Erlangen schwimmen die Felle davon
Verletzungspause, Siebenmeter, Kurskorrektur im Hoffnungsspiel? Kristjánsson, der für den davor im Abschluss unglücklichen Bissel am Strich übernommen hatte, stellte auf 8:10. Kreis-Koloss Wagner organisierte am Ende eines konzentriert vorgetragenen Angriffs den Anschluss. Der Aufschwung hielt jedoch nicht an. Weil dem HCE die Offensiv-Felle kurz darauf wieder davonschwammen, gegen souveräne Gummersbacher auch in der Abwehr zu oft Abstimmung und Zugriff fehlten, war ein 12:17 der aus Erlanger Sicht der unerfreuliche Pausenstand - eine unbefriedigende Leistung der Torhüter und zahlreiche fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen gegen die Hausherren inklusive.
Wer auf Besserung und eine Trendwende im zweiten Durchgang hoffte, wurde enttäuscht. Die Partie gegen abgezockte Gummersbacher sollte zwischenzeitlich vielmehr zu einem Offenbarungseid im Abstiegskampf werden. Obling parierte gegen Bissel und andere, entnervte die HCE-Werfer. Auf der Gegenseite sah Quenstedt, wieder in Erlangens Gehäuse, sehr oft unglücklich aus, zeigte in der Partie zu spät sein Können. Nissen wehrte sich zunächst mit Toren. Doch der Rückstand, weil vorne und hinten viel zu viel nicht stimmte, wuchs kontinuierlich an. Als VfL-Akteur Vidarsson das 29:18 für die Gäste erzielt hatte, war die Partie aus Erlanger Sicht ein Fiasko. Und eigentlich sehr klar bereits zu Ungunsten des HCE entschieden, auch weil die seltsamen Schrittfehler-und-Stürmerfoul-Pfiffe anhielten.
Link sieht Rot - Bissels Pass verpasst Debütant Kristjánsson
Entschieden? Man raffte sich trotzdem noch einmal zu einer entschlossenen Reaktion auf. Während mehr Resolutheit in der Abwehr für Nikolai Link die Rote Karte bedeutete, kam Erlangen aus einer giftigeren Defensive heraus noch einmal sukzessive näher, getragen von einigen Milos-Kos-Toren und weiteren Treffern von Bissel und Kristjánsson. Als ein Bissel-Zuspiel wenig später Kristjánsson verfehlte, war der Zwischenspurt wieder vorbei. Entschieden war die Partie trotz der Reaktion zuvor schon gewesen. Auch wenn Dario Quenstedt kurz vor Schluss der Horror-Partie die schreckliche Niederlage noch mit einigen sehr starken Paraden zu kaschieren versuchte.
HC Erlangen: Quenstedt, Zecher; Nissen (5), Kristjansson (4/2), Kos (3), Bissel (3/1), Olsson (3), Øverjordet (2), Wagner (2), Scheerer (1), Gömmel (1), Büdel, Bezjak, Metzner, Link, Gebala.
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