Ältestes Friseurgeschäft der Stadt
100 Jahre Friseur Rachinger in Weißenburg: Benefizaktion zum Geburtstag
13.9.2024, 19:00 UhrVon 10 bis 15 Uhr wird am Saumarkt 7 gefeiert. Jeder Haarschnitt kostet 20 Euro, es gibt Speisen vom Grill und Getränke, und für den Nachwuchs wird Kinderschminken angeboten.
Der gesamte Erlös aus der Aktion geht an den Verein Kinderschicksale Mittelfranken, der bekanntlich Familien mit schwer kranken oder behinderten Kindern unterstützt.
In der vierten Generation
Der Salon dürfte das älteste Friseurgeschäft in der Stadt sein und wird mittlerweile in der vierten Familiengeneration geführt. Am 21. November 1924 erschienen im Weißenburger Tagblatt und in der Weißenburger Zeitung gleichlautende Anzeigen.
Unter der Überschrift „Geschäfts-Eröffnung“ steht zu lesen: „Geben hiermit einer sehr geehrten Gesamteinwohnerschaft von hier und Umgebung bekannt, daß wir im Hause der Witwe Drechsel, Schweinemarkt 7, ein „Herren- u. Damen-Friseur-Geschäft eröffnet haben.“ Unterzeichnet ist die Annonce: „Hochachtungsvoll! Otto Rachinger u. Frau.“
Im Stadtarchiv geforscht
Die beiden schreiben in ihrer Anzeige weiter: „Wir werden uns bemühen, unsere Kundschaft in jeder Weise aufs Sorgfältigste und Gewissenhafteste zu bedienen, weshalb wir um ihren geneigten Zuspruch höflichst bitten möchten. Dabei bemerken wir, daß wir auch sämtliche in diesem Fach einschlägigen Artikel führen.“
Die Familie Rachinger hat zur Gründung ihres Friseurgeschäfts Reiner Kammerl im Stadtarchiv nachforschen lassen. Daraus ergibt sich ein interessanter Einblick in das Leben einer alteingesessenen Weißenburger Handwerkerfamilie vor rund einem Jahrhundert.
Otto Rachinger, der Urgroßvater des heutigen Inhabers Manuel Rachinger, kam am 18. Dezember 1896 in Weißenburg in der damaligen Hausnummer 389 zur Welt, dem heutigen Anwesen Bortenmachergasse 20 Seeweihermauer 10.
Er war der Sohn des Fabrikarbeiters Georg Rachinger aus Rothenstein und dessen Frau Kunigunda aus Offenbau und absolvierte eine vierjährige Friseurlehre beim Bader und Friseur Karl Volkert (1878-1952) im Anwesen Untere Stadtmühlgasse 1, wo Rachinger von August 1910 bis Juni 1914 auch gewohnt haben dürfte.
„Herren- und Damen-Friseur-Geschäft“
Nach der Lehre ging er wohl zusammen mit der aus Petershausen stammenden Franziska Ziller, nach Bad Tölz, wo ihr Sohn Walter im April 1917 zur Welt kam.
Am 14. Juni 1919 heirateten die beiden dann wieder in Weißenburg. Sie haben nach ihrer Rückkehr vermutlich wieder im Elternhaus gewohnt, 1920 zogen sie dann am Saumarkt 9 ein.
Dieses Haus gehörte seinerzeit einem Bäcker. In den Adressbüchern dieser Zeit ist jedenfalls kein Friseur eingetragen, „das heißt Otto Rachinger hat dort nur gewohnt“, schlussfolgert Stadtarchivar Kammerl.
Was Otto Rachinger beruflich nach seiner Rückkehr aus Bad Tölz gemacht hat, ist unklar. Fest steht nur, dass er sich 1924 mit seinem „Herren- und Damen-Friseur-Geschäft“ selbstständig machte. Die Gewerbeanmeldung als „Friseur-Geschäft & Rauchwaren“ wurde am 20. November 1924 in der Stadtverwaltung protokolliert. Als Anmerkung wurde notiert: „Wird ab 21.11.24 im Anwesen Schweinmarkt 7 betrieben“.
Exakt jährt sich das 100-jährige Bestehen also im November.
Traditionsreiches Unternehmen
Otto und Franziska Rachinger behielten ihre Wohnung im Nachbarhaus Saumarkt 9 vorerst bei. Das Anwesen Saumarkt 7, in dem sich der Friseursalon bis heute befindet, kauften die beiden erst Mitte 1936 von einer Erbengemeinschaft.
Das Friseurhandwerk war in den Nachkriegsjahren ein anstrengender Beruf, mit langen Arbeitstagen, vor allem vor den Wochenenden und vor Feiertagen, wenn sich die ganze Stadt für besondere Anlässe schön machen ließ.
Der Salon hatte viele Stammkunden, genoss einen guten Ruf in Weißenburg und darüber hinaus, lief gut und wurde immer wieder modernisiert sowie erweitert.
Otto Rachinger führte ihn bis zu seinem Tod im August 1964, ihm folgte sein in Bad Tölz geborener Sohn Walter nach. Nach dessen Tod in den 1970er-Jahren übernahm seine Frau Elisabeth die Leitung, bevor in der dritten Generation ihr Sohn Manfred in jungen Jahren den Meisterbrief erwarb und Chef wurde.
Als er aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten musste, führte seine Frau Eva den Damen- und Herrenfriseursalon. Im Frühjahr hat nun Sohn Manuel den Betrieb übernommen.
Er freut sich, das traditionsreiche Unternehmen fortführen zu können, und hofft auf eine rege Beteiligung an der Jubiläumsaktion am morgigen Samstag, damit für Kinderschicksale Mittelfranken am Ende eine ordentliche Summe übrig bleibt.
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