Einblicke ins Denkmal

„Spannend, sehr spannend!“ So wollen engagierte Bürger Kleinschwarzenlohes altes Mesnerhaus retten

15.9.2024, 15:00 Uhr
Landrat Ben Schwarz (rechts) ist sehr angetan von der Initiative Mesnerhaus, die Margit und Reinhold Hörlbacher und Stephanie Löw (Mitte) angestoßen haben. Sabine Brummer (Zweite von links) ist das Bindeglied von Kirchenvorstandsseite zur Initiative.

© Petra Schoplocher/LRA Roth Landrat Ben Schwarz (rechts) ist sehr angetan von der Initiative Mesnerhaus, die Margit und Reinhold Hörlbacher und Stephanie Löw (Mitte) angestoßen haben. Sabine Brummer (Zweite von links) ist das Bindeglied von Kirchenvorstandsseite zur Initiative.

Spannend. Sehr spannend - Diese Worte fallen immer wieder, als Stephanie Löw, Sabine Brummert, Margit und Reinhold Hörlbacher Landrat Ben Schwarz durch und um das alten Mesnerhaus in Kleinschwarzenlohe führen. Worte, die so vieles beschreiben: die Bausubstanz, die Geschichte, nicht zuletzt die Perspektive. Spannend.

Ben Schwarz hatte gleich zwei gute Gründe für seinen Besuch in dem Wendelsteiner Ortsteil. Zum einen wollte er sich aus erster Hand über die Initiative Mesnerhaus informieren, die sich im Frühsommer formiert hat - zum anderen stand der "Tag des Offenen Denkmals" an, an dem neben der Allerheiligenkirche auch das Mesnerhaus Einblicke gewährte.

Die Initiative Mesnerhaus war geboren

Bis vor wenigen Woche hatte der Sandsteinquaderbau in einem Dornröschenschlaf gelegen. Im Vorjahr hatte es die laute Überlegung der evangelischen Kirchengemeinde als Eigentümerin, das Haus aus dem 18. Jahrhundert womöglich verkaufen zu wollen, in den Fokus gerückt. "Das hat uns regelrecht aufgeschreckt", sagt Margit Hörlbacher rückblickend. Sie, ihr Mann und Stephanie Löw wurden sofort aktiv und schafften es, dass sich der Kirchenvorstand im Frühjahr erwärmen ließ für andere Ideen zu Erhalt und Nutzung. Die Initiative Mesnerhaus war geboren.

Reinhold Hörlbacher formuliert ihre Vision: Ein Haus, von Menschen getragen, auf das man sich freut. Das mit Leben gefüllt ist. Kurzum eines, das "sich in die Herzen pflanzt". Gedacht ist es als Treffpunkt, und zwar "für alle", nicht nur diejenigen, die "mit Kirche zu tun haben". Die ist in Gestalt der Kirchengemeinde Kornburg-Kleinschwarzenlohe-Neuses Eigentümerin des denkmalgeschützten Gebäudes.

Dass sie über einen Verkauf nachgedacht hat oder hat nachdenken müssen, hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Die Landeskirche bezuschusst stets nur ein Gemeindehaus, und das steht nagelneu in Kornburg. Für das kaum mehr genutzte Kleinod in Kleinschwarzenlohe hingegen fallen Unterhaltskosten an, eines Tages käme ein Sanierungsstau hinzu.

Diese Perspektive dürften die wenigsten kennen. Erst vor Kurzem wurde die Außenwand vom Grün befreit – mit Sondergenehmigung, damit der Zimmerer im Dachgebälk Hand anlegen kann.

Diese Perspektive dürften die wenigsten kennen. Erst vor Kurzem wurde die Außenwand vom Grün befreit – mit Sondergenehmigung, damit der Zimmerer im Dachgebälk Hand anlegen kann. © Petra Schoplocher/LRA Roth

Das wollen Stephanie Löw, als Kirchenmalerin und Restauratorin vom Fach, und das Kornburger Mesner-Ehepaar Hörlbacher verhindern. Erste konkrete Ergebnisse können sie schon vorweisen: Die denkmalpflegerische Befunderhebung ist abgeschlossen, restauratorische Untersuchungen sind im Gange.

"Das Balkenholz des Hauses datiert aus den Jahren 1748/49", konnte Stephanie Löw aktuell berichten. Das der Scheune wurde auf 1833/34 ermittelt. Die Geschichte der einzelnen Gebäudeteile (Wohnen, Stall, Wirtschaftraum, Scheune) hingegen: unerforscht – spannend eben.

Für die Nutzung hat der Trio aus Kornburg auch schon konkrete Ideen: Kaffeehaus, kleine Konzerte, Vorlesenachmittage, Rocknstubn, Seniorenkreise, Kursraum, Scheunenkino… "Es gibt ja sonst keinen Treffpunkt in Kleinschwarzenlohe", verdeutlicht Stephanie Löw.

Viele positive Rückmeldungen erhalten

Und sie haben Rückenwind: "Wir bekommen viele positive Rückmeldungen", berichten die drei Protestanten. Obwohl sie die Rettungsmission erst im Mai gestartet haben, sind schon Spenden im vierstelligen Bereich eingegangen. Eine Art Initialzündung sei zudem der Frühschoppen der Kärwaboum und –madla gewesen, die sich kurzfristig ein Ausweichquartier besorgen mussten und das Mesnerhaus anfragten.

Am Ende des Tages stand nicht nur ein mit Scheinen gefülltes Weizenglas ("So, das ist der Anfang") vor den "Machern", sondern auch eine Liste mit Kontakten. Handwerker und Freiwillige, die helfen wollen. "Diese paar Stunden waren ein herzerwärmendes Erlebnis."

Ein mutmachendes obendrein, denn "wir wissen, dass wir da noch gut was vor uns haben". Angehen wollen sie Sanierung und Umgestaltung auf – für manche – ungewöhnliche Weise. Statt ein Mammutprojekt aufzuziehen ("um dann über das finanzielle Gesamtvolumen zu erschrecken"), schwebt dem engagierten Trio eine Graswurzelbewegung vor.

Also unten nach oben, Schritt für Schritt und eine Maßnahme nach der anderen. "Das überfordert nicht." Zusätzlicher Vorteil: Für einen "Bauabschnitt" könnten sicher leichter Mitstreiter gefunden werden, da der zeitliche und finanzielle Rahmen überschaubar bleibt.

Die Balken erzählen ihre eigene Geschichte.

Die Balken erzählen ihre eigene Geschichte. © Petra Schoplocher/LRA Roth

Was ihre eigene Zeit angeht, haben Stephanie Löw und die Hörlbachers das Zählen eingestellt. Warum aber bringen sie sich ein? "Ich möchte etwas zurückgeben", sagt Löw. Ihre beiden Mitstreiter haben vor allem das Ziel vor Augen: ein Gemeinschaftshaus, ein Treffpunkt.

Beim Rundgang um das Haus sticht ihnen im wahrsten Sinne des Wortes ein weiteres Argument ins Auge. "Obwohl das letzte Mesnerpaar 2012 ausgezogen sind, ist der Garten immer tipp-topp gepflegt", erzählt Margit Hörlbacher sichtlich gerührt.

Geheimnisse ziehen sich durch das ganze Haus

Auch bei Stephanie Löw ist Begeisterung spürbar, ihr Forscherdrang geweckt. "Ich freu‘ mich schon, wenn die Rigips-Wand weg ist", verrät sie an einer Stelle im Erdgeschoss. Offene Fragen und Geheimnisse aber ziehen sich durchs ganze Haus. So weist der Bereich, der früher als Stall gedient haben soll, keinen Zugang ins Freie auf. "Wie aber sind dann die Tiere rein und rausgekommen?"

Auch die Balken-Bohlen-Decke, die Stephanie Löw entdeckt hat, gibt Rätsel auf, ist sie doch vermeintlich zu aufwendig für ein Mesnerhaus. "Vielleicht war es doch mal Pfarrhaus?" Löw und Co. wollen sich in den Archiven umschauen, um noch mehr in Erfahrung zu bringen. Und was ist die Ursache für die Verschwärzungen, die die Fachfrau an manchen Stellen entdeckt hat? Auf dem Haus lag ein Fischereirecht, vielleicht hat es damit zu tun.

Fragen tun sich auch beim Blick in den Dachstuhl auf, der nur gesichert und nicht ausgebaut werden soll, ebenso auf wie bei dem auf Traufen oder Steine – von denen man immerhin weiß, dass sie aus Wendelstein stammen.

"Insgesamt ist das Haus in gutem Zustand", bekräftigen die Ehrenamtlichen. Zuletzt wurde es nur noch sporadisch durch Konfigruppen, für Veranstaltungen oder als Rückzugsort für jene, die in der benachbarten Kirche aufgetreten sind, genutzt. Das soll auch während der Sanierung immer (mal wieder) möglich bleiben, zudem steht die nach einem Arbeitseinsatz leer geräumt Scheune ebenfalls zur Nutzung zur Verfügung. Was die ein oder andere Einnahmequelle darstellen könnte. Was funktional ist wie die Fenster, darf erst einmal bleiben – wieder die Politik der kleinen Schritte.

Ort ist wertvoll und kraftgebend

Sabine Brummert ist als Mitglied des Kirchenvorstands das Bindeglied zur Initiative. Auch sie schwärmt von Haus und Garten als Veranstaltungsort und Treffpunkt. Gottesdienste im Garten mit anschließendem Kirchencafé führen immer wieder vor Augen, wie wertvoll und kraftgebend dieser Ort sei.

"Wer sich für etwas engagiert, braucht eine Perspektive", bekräftigte Ben Schwarz. Der Landrat zeigte zugleich Verständnis für die Kirchengemeinde. "Als Eigentümerin würde ich auch wissen wollen, was in und mit meinem Haus passiert." Er zeigte sich indes überzeugt, dass das gegenseitige Vertrauensverhältnis groß genug sein wird, um einen guten Weg zu finden. "Das ist eine große Chance für alle und könnte beispielgebend sein", ordnete er ein.

Der Landrat zeigte sich von dem Gehörten beeindruckt. "Was nutzt das schönste Denkmal, wenn es nicht belebt ist?" Auch die Herangehensweise imponiere ihm: "Man darf auch mal anders denken." Die Geschichte, sie bleibt spannend. Und auserzählt ist sie noch lange nicht.

Die Geschichte des Mesnerhauses

Das Balkenholz des Hauses datiert aus den Jahren 1748/49. Die Bauzeit der Scheune wurde auf 1833/34 ermittelt. Die Geschichte der einzelnen Gebäudeteile (Wohnen, Stall, Wirtschaftsraum, Scheune) hingegen ist nach wie vor unerforscht

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