Harsche Kritik von Landrat Eckstein
"Mangelnde Transparenz und Professionalität": Standort-Debatte zum ICE-Werk geht weiter
19.1.2022, 06:04 UhrUm was geht es? Die Bahn plant im Zuge der Verkehrswende ein ICE-Ausbesserungs- beziehungsweise ICE-Instandhaltungswerk in Nordbayern. Ursprünglich direkt in Nürnberg angedacht (und dort entsprechend gefeiert), wurden nach und nach rund 70 mögliche Flächen ins Visier genommen. Neun blieben in der engeren Wahl. Nach einem Punktekatalog sollte weiter reduziert werden, am Ende blieben drei Mega-Flächen übrig, pikanterweise keine mehr in Nürnberg: zwischen Allersberg, Harrlach und Pyrbaum, das frühere Heeresmunitionslager zwischen Wendelstein und Feucht sowie eine Fläche südlich davon.
Stutzig macht, dass sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zunächst für eine Verschonung des ursprünglich favorisierten Standorts Fischbach/Altenfurt ("da wird man bessere Flächen finden") stark gemacht hat und das gleiche jetzt wohl auch bei dem Gelände "Muna-Süd", das relativ nahe an Feucht und Röthenbach/St. Wolfgang liegt, wiederholt hat. Solch einen Einsatz des Ministerpräsidenten fordert nun logischerweise auch die Bürgerinitiative Harrlach für ihr Gebiet.
Bleibt nur noch Muna-Nord?
Dann bliebe, zumindest aus Sicht der Bahn, nur noch das Gebiet "Muna Nord" übrig, ein seit Jahrzehnten mit Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg verseuchtes Wald-Areal in dem Dreieck zwischen den Autobahnen A6 (Norden/Westen), A9 (Osten) und A73 (Süden). Es müsste mit großem Aufwand von diesen Altlasten geräumt werden. Unter diesen Voraussetzungen können sich einige Mandatsträger wie der Landtagsabgeordnete Volker Bauer (CSU) oder die Mehrheit des Wendelsteiner Marktgemeinderates das Ausbesserungswerk zumindest vorstellen.
Das ganze Hin und Her zeigt aber halt auch: Die Lage erscheint völlig verworren. Der Rother Landrat Herbert Eckstein (SPD) beklagt schon seit Monaten mangelnde Transparenz beim Auswahlverfahren, was auch in einer Resolution des Rother Kreistags kurz vor Weihnachten zum Ausdruck gekommen war. In einem Gespräch mit unserer Zeitung legt Eckstein noch einmal nach. Es gebe nicht nur mangelnde Transparenz, er vermisse auch jegliche Professionalität. "Ich habe in meiner langen Amtszeit schon manches gesehen und miterlebt, aber so etwas noch nicht", so der Landrat.
Nochmal von vorne beginnen
Eckstein fordert, mit der Standortsuche noch einmal von vorne zu beginnen. Er will nicht ausschließen, dass am Ende eines Prozesses auch eine Fläche stehen könnte, die den Landkreis Roth tangiert. "Aber die Entscheidung für oder gegen einen Standort muss nach objektiven Kriterien ablaufen und für jeden nachvollziehbar sein."
Dass der Kreistag, der ansonsten nur zweimal im Jahr tagt, schon wenige Wochen nach seiner jüngsten Sitzung an diesem Mittwoch schon wieder (virtuell) zusammentritt, sagt einiges über die Brisanz und Aktualität des Themas ICE-Ausbesserungswerk aus.
Zugeschaltet zur Sitzung ist Klaus-Dieter Josel, der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für Bayern. Und: Fragen stellen sollen nicht nur, wie in solchen Sitzungen üblich, die Kreisrätinnen und Kreisräte. Eckstein überlegt, ob er auch die Vertreter der betroffenen Bürgerinitiativen zu Wort kommen lassen soll - entweder direkt, ober eben über ihre Vertreter im Kreistag.
Die Bürgerinitiativen haben in jedem Fall einen Zugang zur virtuellen Sitzung erhalten, mit der ausdrücklichen Erlaubnis, diesen auch weitergeben zu können.
Nur Infos, keine Entscheidung
Wichtig: Die Sitzung, die am Mittwoch um 14 Uhr beginnt, ist eine reine Informationsveranstaltung. Entschieden wird dort nichts. Tags darauf, am Donnerstag, gibt es dann einen "Runden Tisch" in Nürnberg. Eckstein will dort als Vertreter des Landkreises Roth vertreten sein. Eine Teilnahme hatte er zuvor davon abhängig gemacht, dass bis dorthin das Raumordnungsverfahren noch nicht begonnen hat.
Diese Bedingung ist erfüllt. Die Bahn hat bei der Regierung von Mittelfranken bis jetzt noch nicht die nötigen Unterlagen eingereicht. Ursprünglich hätte das schon im November passieren sollen. Wie es dann weitergeht? Eckstein: "Wir werden sehen."
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