Fünf Beispiele aus dem Raum Roth/Schwabach

England, Polen, Italien, Griechenland: Covid lässt auch die Partnerstädte nicht in Ruhe

9.12.2021, 06:04 Uhr
Die Inzidenz-Zahlen sind in Polen nicht niedriger als in Deutschland und die Impfquote noch deutlich schlechter. Aber in Roths Partnerstadt Ratibor konnte vor ein paar Tagen der Weihnachtsmarkt stattfinden.

© Kowacz Die Inzidenz-Zahlen sind in Polen nicht niedriger als in Deutschland und die Impfquote noch deutlich schlechter. Aber in Roths Partnerstadt Ratibor konnte vor ein paar Tagen der Weihnachtsmarkt stattfinden.

"Impfen, impfen, impfen!" Das rät Evthymios Papachristos – immer wieder und sehr deutlich. Nicht nur hier in Schwabach und Nürnberg, wo er lebt, sondern auch seinen Landsleuten in Kalambaka in Griechenland. Papachristos hat die Städtepartnerschaft Schwabach - Kalambaka vor 20 Jahren mit begründet, lange war er im Vorstand, noch immer kümmert sich der promovierte Übersetzer um die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins. Und regelmäßig reist er in seine Heimat, zuletzt im Sommer 2020. Im Moment reist er nicht, aber telefoniert viel mit Verwandten, Freunden und Bekannten in der griechischen Stadt am Fuß der Meteora-Klöster.

Die Inzidenz in Griechenland liegt gerade bei 381, nur 64,4 Prozent der Menschen sind komplett geimpft. "Ähnlich wie hier", seien die Intensivbetten vorwiegend von Ungeimpften belegt. Und ähnlich groß schätzt er die Zahl der Skeptiker, die sich nicht impfen lassen wollen – "vor allem im Norden Griechenlands". Auch in seiner Heimat demonstrieren Impfgegner, sagt er. Und ist entsetzt: "Selbst wenn ich eines nach dem anderen ihrer ,Argumente‘ widerlege, sagen sie einfach, dass das nicht stimmt. Und dass sie schon aufpassen."

Um dem gesammelten Nicht-Wissen über die Impfung zu begegnen, müsste noch mehr für Impfungen geworben werden, meint Papachristos – "in der Öffentlichkeit, im Radio und im Fernsehen". Oder: Die Behörden könnten Ungeimpfte doch auch gezielt anschreiben. Wie es übrigens laut Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn in Österreich schon praktiziert wird.

Denn solange die Wellen weiter wüten, hängt auch das "normale" Leben fest. "Eigentlich hätten wir 2021 das 20-jährige Bestehen der Partnerschaft gefeiert, aber seit Beginn der Pandemie findet überhaupt nichts mehr statt." Papachristos hofft jetzt mal auf 2022. "Aber ob das Jubiläum dann wirklich stattfinden kann, steht noch in den Sternen."

Im nächsten Sommer eingeladen

Auf die Sterne vertraut man gerade beim britischen Freundeskreis Brentwood, obwohl sich auch dort sowohl bei der Inzidenz mit 490,8 als auch bei der Quote der vollständig Geimpften mit 68,26 Prozent die Werte nicht sehr stark von den deutschen unterscheiden. Die englische Stadt rund 30 Kilometer nordöstlich von London pflegt schon seit 1979 eine intensive Partnerschaft mit dem Landkreis Roth. Anne Klier aus Heideck steht dem Freundeskreis hier vor, mit ihrem Pendant in England Elizabeth Scannel hat sie regen Kontakt – gerade erst kam ein Schreiben aus Brentwood.

"Ein Treffen im August 2022 wird geplant", berichtet Anne Klier. Dann sind die Mittelfranken nach Großbritannien eingeladen. "Aber wie viele aus dem Landkreis Roth dann wirklich zusagen, das ist noch nicht klar." Sie selbst würde zwar gern fliegen, aber bisher sei die Resonanz im Feundeskreis zurückhaltend. "Und man weiß ja noch nicht, wie riskant die Lage dann ist."

Kuchen in deutschen Farben

Das letzte Treffen hat 2019 in Deutschland stattgefunden, im ersten Corona-Jahr wurde der Besuch in England auf 2021 verschoben, jetzt wieder... Immerhin haben sich die Mitglieder der Twinning Association und des Freundeskreises dann im Netz getroffen: 2020 gab es eine Zoom-Tea-Party mit einem "cake in the colors of the german flag".

Eine Delegation des MC Bardolino war vor Kurzem noch in Rednitzhembach.  

Eine Delegation des MC Bardolino war vor Kurzem noch in Rednitzhembach.   © Gemeinde Rednitzhembach, NN

Besser als in Deutschland sei die Lage gerade in Polen, meint Gizela Kowacz. Sie betreut in Ratibor, das fast an der tschechischen Grenze und 70 Kilometer westlich von Katowice liegt, die Partnerschaft der Stadt mit dem mittelfränkischen Roth. Wie zum Beweis hat Gizela Kowacz druckfrische Fotos vom Weihnachtsmarkt von der vergangenen Woche parat. Der Markt durfte stattfinden, auch Kinos und Theater sind geöffnet, sagt die Tourismus-Chefin – obwohl die Inzidenz-Zahl in Polen bei 433,8 liegt und erst 54,31 Prozent der Bevölkerung die zweite Impfung bekommen haben.

Allerdings, so glaubt sie, wird in den nächsten Tagen Warschau wohl eine "Verschärfung" anweisen. Fest vorgenommen habe man sich in Ratibor auf jeden Fall, den 30. Geburtstag der Städtepartnerschaft mit Roth im nächsten Jahr zu feiern. "Da machen wir ein großes Fest in Ratibor."

Mit dem Motorrad aus Bardolino

Große Feste hätte es auch im italienischen Bardolino geben sollen – eigentlich. Das Weinfest in der pittoresken Stadt am Gardasee "ist riesig", das weiß der Rednitzhembacher Bürgermeister Jürgen Spahl, weil er selbst schon oft dabei war und mit dem Bürgermeister der italienischen Partnergemeinde angestoßen hat. Am ersten Oktoberwochenende hätte es stattfinden sollen, nachdem es 2020 schon nur einen kleinen "Ersatz" gegeben hatte. Aber: Wenige Tage vorher wurde alles abgesagt.

"Schlimm ist, dass der Ort vom Tourismus lebt. Und vom Wein", sagt Spahl. Der Tourismus ist "wieder komplett eingebrochen". Deshalb hilft es einem Ort am Gardasee nicht allzu viel, dass die Inzidenz in Italien bei 175,2 und die Impfquote bei 73,19 Prozent liegt – vor allem, weil auf dem Weg in das Land, wo die Zitronen blühen, ja Österreich liegt. Und das wurde gerade wieder zum Hochrisikogebiet hochgestuft, als eine kleine Gruppe des Motorradclubs von Bardolino in Rednitzhembach zu Besuch war. "Es hat dann glücklicherweise geklappt, dass sie wieder heimfahren konnten", erzählt Jürgen Spahl. "Aber in Österreich durften die Maschinen nicht anhalten."

In Österreich wartet man derweil auf das Ende des kompletten Lockdowns. Im Burgenland in Bad Sauerbrunn, der kleinen Partnergemeinde von Spalt, sind im Moment zwar noch alle Türen von Hotels und Gaststätten, von Kino, Theater und Veranstaltungsräumen geschlossen. Aber Sascha Jakowitsch, der sowohl Tourismus- als auch Covid-Beauftragte des Ortes, plant schon für das "Christbaumdorf" übernächste Woche.

Den Weihnachtsmarkt im Ort "wollen wir dann aufsperren", sagt er zuversichtlich. Auch wenn die Vorschriften für Ungeimpfte – so seine Einschätzung – wohl noch eine Weile streng bleiben werden. In Österreich sinkt die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfizierten zwar allmählich, aber sie liegt immer noch bei 523 – ein ganzes Stück höher als in Deutschland: Hier liegt sie bei 426,9.

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