Gedanken zur Vorweihnachtszeit

Worte zum 2. Advent von Pfarrer Klaus Tillmann: Die Welt aus Kinderaugen sehen

Klaus Tillmann

10.12.2023, 05:55 Uhr
Adventskranz - zweite Kerze brennt.

© KlausTillmann Adventskranz - zweite Kerze brennt.

Ich schaue aus dem Fenster. Es schneit. Mal wieder – denke ich. In den letzten Tagen hat es doch so viel geschneit. Muss ich schon wieder raus zum Schneeräumen? Wie viel früher muss ich los zur Arbeit, um das Auto vom Schnee zu befreien und den Straßenverhältnissen angepasst zu fahren? Irgendwie kostet der Schnee im Winter schon echt viel Zeit. Ich bin genervt.

Die Welt mit Kinderaugen sehen

Da erinnere ich mich plötzlich an das Kinderlachen am Schlittenhang, an dem ich vor Kurzem vorbeigekommen bin. Welch eine Freude war das, als sie mit ihren Schlitten bergab sausten und eine Schneeballschlacht veranstalteten. An anderer Stelle bauten mehrere Kinder gemeinsam einen Schneemann und suchten nach passenden Ästen für die Arme.

Bei dem Gedanken kommt mir ein Lächeln über meine Lippen. Bei Kindern sieht das immer so einfach aus. Sie können die Welt in all ihren Facetten genießen. Manche Schwierigkeiten sehen sie einfach noch nicht. Die Welt aus Kinderaugen zu sehen, das muss so schön sein!

Erwachsenen aber fällt es oft schwer, immer auf die guten Seiten zu schauen. Man hat einfach einen Blick auf die Schwierigkeiten und Probleme, die dann zusammen so viel Arbeit machen. Da bleibt oft gar nicht mehr die Zeit, den Schnee und so vieles andere in der Umwelt zu genießen. Da reichen oft Kleinigkeiten, und schon ist man wieder genervt. Ein Stau wegen Glätte auf der Autobahn, der anhaltende Schneefall, der einen mehrmals täglich zum Schneeschippen fordert, die immer nassen Klamotten oder einfach die Rutschgefahr, sobald man das Haus verlässt – das alles kann schnell zur schlechten Laune führen.

Kaum Zeit für Besinnung

Vor allem die Adventszeit ist ein Beweis für die verschiedene Weltwahrnehmung. Die Eltern sind im Stress. Dieses und jenes Weihnachtsgeschenk muss noch besorgt werden. Die Weihnachtsdekoration steht zum Teil noch auf dem Dachboden. Die Familie muss noch für die richtigen Tage eingeladen werden und für die weit entfernt wohnende Tante sollte heute noch die Weihnachtskarte verschickt werden, damit sie rechtzeitig zu Heiligabend ankommt. So vieles ist zu erledigen, dass für eine besinnliche und ruhige Adventszeit kaum Zeit bleibt.

Pfarrer Klaus Tillmann trat Anfang September seine erste Pfarrstelle nach dem Vikariat in Betzenstein an und feierte am 1. Oktober die Ordination.  

Pfarrer Klaus Tillmann trat Anfang September seine erste Pfarrstelle nach dem Vikariat in Betzenstein an und feierte am 1. Oktober die Ordination.   © privat

Ganz im Gegenteil dazu sehen die Kinder die Weihnachtszeit. Sie freuen sich auf die Geschenke, schreiben fleißig ihre Wunschzettel an das Christkind und sind schon ganz aufgeregt, wenn sie jeden Tag ein Türchen im Adventskalender öffnen dürfen. Dazu kommen die festlich geschmückten Straßen und Häuser, alles glänzt und leuchtet. Das lässt Kinderherzen höherschlagen. Wie schön muss es doch sein, die Adventszeit aus Kinderaugen zu sehen!

Heute will ich mir das vornehmen: Einmal mit Kinderaugen in die Welt schauen. Freudig gespannt sein, auf das, was da an Heiligabend kommen wird, die Geburt Jesu. Gott selbst kommt als kleines Kind im Stall zur Welt. Ganz arm und bestimmt mit so einigen Problemen und Schwierigkeiten. Aber es ist ein Kind, das in all diesem Leid trotzdem Freude ausstrahlt. Ein Kind, das mir selbst ein Lächeln ins Gesicht zaubert.


Und plötzlich sehe auch ich, welch eine schöne Stimmung der Schnee auf dem Weihnachtsmarkt hervorruft, wie schön die Weihnachtsdekoration leuchtet, oder wie besinnlich doch die gemeinsame Familienzeit beim Anzünden der nächsten Adventskerze ist.

Die Gedanken zum zweiten Advent kommen von Pfarrer Klaus Tillmann. Er trat Anfang September seine erste Pfarrstelle nach dem Vikariat in Betzenstein an und feierte am 1. Oktober die Ordination. Der 29-Jährige ist in Hirschbach aufgewachsen und machte 2013 sein Abitur in Hersbruck. Evangelische Theologie studierte er in Neuendettelsau, Greifswald und Göttingen.

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