Worte zum Advent

Der Auerbacher Mutterhaus-Pfarrer Walter Hellauer macht sich Gedanken über Sehnsucht im Advent

15.12.2024, 08:00 Uhr
In seinen Gedanken zum dritten Advent geht Walter Hellauer, Pfarrer im Mutterhaus der Schulschwestern, auf den Begriff "Sehnsucht" ein. Hellauer war zuletzt Pfarrer in Sulzbach-Rosenberg und Cham und wirkt seit Dezember 2022 als Seelsorger im Auerbacher Kloster.

© Grüner/Bombeck In seinen Gedanken zum dritten Advent geht Walter Hellauer, Pfarrer im Mutterhaus der Schulschwestern, auf den Begriff "Sehnsucht" ein. Hellauer war zuletzt Pfarrer in Sulzbach-Rosenberg und Cham und wirkt seit Dezember 2022 als Seelsorger im Auerbacher Kloster.

Die Sehnsucht nach Frieden, nach Gerechtigkeit, nach Heil ist so alt wie die Menschheit selbst. Die Sehnsucht danach, dass es uns einfach gut geht - die Sehnsucht nach einer besseren Welt: dass Leid und Schmerz, Krankheit und Krieg endlich aufhören. Diese Sehnsucht, sie gehört zu uns Menschen wie der Atem und der Herzschlag. Treffend ausgedrückt hat das die jüdische Dichterin Nelly Sachs in dem einen Satz: "Alles beginnt mit der Sehnsucht."

Ja, "alles beginnt mit der Sehnsucht", die Sehnsucht nach Frieden zwischen den Völkern bewegt alle Menschen zu allen Zeiten, obwohl die Hoffnung darauf schon so oft erschüttert, ja gestorben war.

"Alles beginnt mit der Sehnsucht." Die Sehnsucht nach Sinn und einem erfüllten Leben lässt Menschen Gott suchen. Und es ist die Sehnsucht, die Triebfeder dafür ist, dass wir uns mit den Umständen, in denen wir leben, nicht zufriedengeben – in der großen Welt ebenso wie in unserer kleinen privaten Welt.

Der Advent ist die Zeit im Kirchenjahr, in der diese unstillbar große Sehnsucht das Thema ist. Diese Sehnsucht besingen wir in unseren Adventsliedern, von dieser Sehnsucht hören wir in den biblischen Texten des Advents, so beim Propheten Jesaja, der eine kraftvolle Vision vom ewigen Frieden entwirft:

Bei Jesaja findet der Wolf Schutz beim Lamm

"Der Wolf findet Schutz beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Junge leitet sie. Kuh und Bärin nähren sich zusammen, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter und zur Höhle der Schlange streckt das Kind seine Hand aus. Man tut nichts Böses auf meinem ganzen heiligen Berg, denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, so wie die Wasser das Meer bedecken." (Jes 11,6-9)

Dieses Hoffnungsbild des Propheten Jesaja wie alle adventlichen Schrifttexte ziehen uns an, Jahr für Jahr, Advent für Advent, weil sie der großen Sehnsucht in uns recht geben und weil sie den resignierenden Stimmen widersprechen, auch gegen das Übergewicht der Tatsachen.

Bei Nelly Sachs heißt es weiter: "Vielleicht aber braucht Gott die Sehnsucht, wo sollte sie sonst auch bleiben..." Wenn Gott die Liebe ist, dann kennt Gottes Liebe auch die Sehnsucht. Und Gott hat Sehnsucht nach uns Menschen, darum machte und macht er sich immer wieder auf, um in seinem Sohn uns nahe zu sein, um unsere Sehnsucht nach Heil und Erlösung zu stillen. Die Sehnsucht Gottes aber, so sagt Augustinus, ist der Mensch.

Hunger nach einem satten Leben

Ich wünsche uns, dass der Glaube an das Kommen Gottes in unsere Welt in seinem Sohn Jesus Christus, dass all die adventlichen Hoffnungsbilder vom ewigen Frieden unsere Sehnsucht nach einer besseren Welt, unseren Hunger nach einem vollen, satten Leben nähren.

Damit wir unsere Sehnsucht nützen als Triebfeder, als Energie, um das zu tun, was uns möglich ist, damit die Hoffnungsbilder in unserer Zeit, in unserer Welt nicht utopisch bleiben. Und ich wünsche uns, dass diese Hoffnungsbilder uns ermutigen, die unstillbare Sehnsucht in uns zuzulassen und auszuhalten, anzuerkennen, dass nichts und niemand sie auf dieser Erde letztlich erfüllen kann – aber dass sie uns wie eine unsichtbare Nabelschnur mit dem Reich Gottes verbindet, in dem sich unsere Sehnsucht ein für alle Mal erfüllen wird.

Einen gesegneten dritten Adventssonntag wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Walter Hellauer

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