Regen sorgt für Überschwemmungen

Hochwasser in Bayern: Zehn Landkreise rufen Katastrophenfall aus - Söder: „Bitte Regeln befolgen“

1.6.2024, 22:56 Uhr
Babenhausen im Unterallgäu: Angehörige der DLRG aus Memmingen sind dabei, Menschen aus überschwemmten Wohnungen zu evakuieren.

© Jason Tschepljakow/dpa Babenhausen im Unterallgäu: Angehörige der DLRG aus Memmingen sind dabei, Menschen aus überschwemmten Wohnungen zu evakuieren.

Es regnet wie aus Eimern, Teile Bayerns versinken in den Fluten. In zehn Landkreisen galt am Samstagabend der Katastrophenfall. An manchen Pegeln im westlichen Bayern wurde die höchste Hochwasserwarnstufe vier erreicht, an anderen wurde sie noch erwartet.

Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann reisten in das schwäbische Hochwassergebiet. Die beiden CSU-Politiker machten sich im schwer betroffenen Diedorf ein Bild von der Lage.

Für die Bürger sei die Situation eine "extreme Belastung", sagte der Ministerpräsident. "Ohne die Helferinnen und Helfer hätten wir gar keine Chance", wandte sich Söder an die Rettungsdienste. Sie alle zeigten einen vorbildlichen Einsatz. An die Bürgerinnen und Bürger appellierte er: "Bitte die Regeln befolgen."

Bewohner müssen umgehend Häuser verlassen

In dem Ort mussten die Bewohner bestimmter Straßenzüge umgehend ihre Häuser verlassen. Die Fluten stiegen. "Es ist nicht mehr ausreichend, sich in höhere Stockwerke zu begeben", warnte eine Sprecherin des Landratsamtes Augsburg.

Zuvor war ein Deich am Anhauser Weiher gebrochen, wenig später gab in Burgwalden ein Damm nach. Die Behörden riefen die Menschen auch auf, sich von Bahnunterführungen fernzuhalten. Teils könnten Fluten dort abfließen. Es bestehe Lebensgefahr. In Fischach im Landkreis Augsburg wurden Menschen mit dem Hubschrauber von ihren Häusern geholt - anders konnte die Retter nicht mehr zu ihnen gelangen.

Angesichts der sich zuspitzenden Unwetterlage richtete das Umweltministerium einen Arbeitsstab Hochwasser ein, der bayernweit Maßnahmen koordiniert. Insbesondere die staatlichen Talsperren seien auf das Hochwasser vorbereitet. "Die Lage ist vor allem in weiten Teilen Schwabens sehr ernst. Die Warndienste sind dauerhaft in Alarmbereitschaft und haben die Lage im Blick", sagte Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler).

Hunderte Helfer waren bayernweit im Einsatz. Unter Hochdruck hatten sie teils über Nacht Sandsäcke gefüllt und sie dann zum Schutz von Wohngebieten oder zur Absicherung von Dämmen aufgeschichtet. Mit Hochleistungspumpen wurde versucht, Wasser abzupumpen und Dämme so zu entlasten.

Bundeswehrsoldaten helfen in Bayern gegen das Hochwasser

Bundeswehrsoldaten halfen im Kampf gegen das Hochwasser. "Die Bundeswehr unterstützt die beiden Landkreise Günzburg und Aichach-Friedberg, nachdem beide Landkreise einen offiziellen Antrag gestellt hatten", sagte eine Bundeswehr-Sprecherin des Landeskommandos Bayern dem Sender Antenne Bayern. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte bei einem Besuch im stark betroffenen Diedorf im Landkreis Augsburg angekündigt, die Bundeswehr werde die Einsatzkräfte unterstützen.

In Babenhausen im Unterallgäu fiel teilweise das Handynetz aus. Wer Hilfe brauche und keinen Notruf absetzen könne, solle ein weißes Laken oder Tuch zum Fenster heraushängen oder - wenn möglich - sich am Fenster bemerkbar machen, gab das Landratsamt Anweisung. In Babenhausen waren Menschen bereits mit Schlauchbooten und einem Hubschrauber aus ihren Häusern geholt worden. "Es wurde immer mehr, und wir hatten keine Chance mehr", berichtete ein Anwohner. Die Menschen hätten im höchsten Tempo das Haus verlassen müssen.

Die Justizvollzugsanstalt (JVA) im bayerischen Memmingen ist wegen des Hochwassers geräumt worden. Rund 100 Häftlinge - darunter etwa 20 Frauen - wurden auf die Gefängnisse in Landsberg, Kempten und Aichach verteilt, wie die Leiterin der JVA Memmingen und Kempten, Anja Ellinger, am Samstag auf Anfrage mitteilte. "Wir haben alle Häftlinge verlegt." Mehrere Medien hatten darüber berichtet.

Im Landkreis Donaus-Ries wird laut Wetterprognose weiter mit Regenfällen gerechnet, der Scheitelpunkt mit den höchsten prognostizierten Pegelständen wird für den Montag erwartet, wie das Landratsamt in Donauwörth erläuterte. Vor allem das Wasser der Donau werde in den nächsten Stunden stark steigen. Weitere Maßnahmen wie etwa voraussichtlich erforderlich werdende Evakuierungsmaßnahmen könnten nötig werden, hieß es. Darüber werde rechtzeitig informiert.

Teils fielen Regenmengen von 130 Litern und mehr pro Quadratmeter. Von Freitagmorgen an kamen etwa im bayerischen Sigmarszell-Zeisertsweiler im Landkreis Lindau nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach 135 Liter pro Quadratmeter binnen 24 Stunden vom Himmel. Während aus der Region Lindau am Samstag leichte Entspannung gemeldet wurde, richteten sich die Behörden an der Donau abwärts auf steigende Pegelstände ein. Etwa wurde für die Donaupegel bei Kelheim mit einem Überschreiten der Meldestufe vier als höchste Stufe gerechnet.

DWD: Leichte Entspannung in Sicht

In den von Hochwasser betroffenen oder bedrohten Gebieten in Süddeutschland zeichnet sich laut Deutschem Wetterdienst (DWD) beim Niederschlag eine leichte Entspannung ab. Der flächige Dauerregen lasse im Laufe der Nacht nach, sagte ein DWD-Meteorologe am Samstagabend. "Das werden heute Nacht nicht mehr die ganz großen Regenmengen sein, die wir noch in der letzten Nacht hatten", sagte er.

Dafür zögen von Norden her neue Schauer und Gewitter auf, die vor allem am Sonntagnachmittag nochmals die Gefahr lokaler Überflutungen mit sich brächten. Die Schauer könnten kräftig ausfallen und zögen nur langsam. "Wenn das auf die gesättigten Böden trifft, dann hat man dort auch wieder schnell Überflutungen", sagte der Meteorologe.

Zuletzt hatte mit Freising der zehnte bayerische Landkreis den Katastrophenfall ausgerufen. Vor allem im Bereich der Amper und der Glonn drohen rekordverdächtige Pegelstände, wie das Landratsamt der oberbayerischen Kommune am Samstag mitteilte.

Die Behörde fürchtet im Ort Hohenkammer eine großflächige Überschwemmung, ebenso in allen Orten entlang der Amper. Die Bürgerinnen und Bürger sollten sich frühzeitig auf eine derartige Extremsituation vorbereiten und zum Beispiel auch die Keller ausräumen.

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