Debatte über Finanzierung

Zu erfolgreich und zu billig: Das 49-Euro-Ticket zeigt, wie absurd Verkehrspolitik sein kann

Alexander Jungkunz

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9.7.2024, 15:00 Uhr
Ein "D-Ticket" im Chipkartenformat - in anderen Verkehrsverbünden sieht das beliebte "49-Euro-Ticket" unterschiedlich aus.

© Boris Roessler/Boris Roessler/dpa Ein "D-Ticket" im Chipkartenformat - in anderen Verkehrsverbünden sieht das beliebte "49-Euro-Ticket" unterschiedlich aus.

Erinnern Sie sich noch? Am Anfang stand das Neun-Euro-Ticket, das 2022 drei Monate lang angeboten wurde. Als Entlastung für die höheren Energiekosten in der Folge des Ukraine-Kriegs sollten die Deutschen befristet viel günstiger Bahn fahren können.

Das war ein Riesen-Erfolg - mit gewaltigen Streuverlusten: Es lockte manche Berufspendler zum Umsteigen vom Auto auf die Bahn - vor allem aber Urlauber und Ausflügler, die kreuz und quer durchs Land fuhren.

Nun droht eine Hängepartie

Nach ein paar Monaten Übergangsfrist ohne Neun-Euro-Ticket und mit regional höchst unterschiedlichen Angeboten kam dann das 49-Euro-Ticket auf den Markt. Subventioniert mit je 1,5 Milliarden jährlich von Bund und Ländern. Doch nun droht eine Hängepartie; der Bund hat bisher nur angekündigt, dass es Planungssicherheit für das Ticket geben soll - die Umsetzung steht noch aus.

Und der genaue Blick zeigt einige Tücken - nicht unbedingt dieses Angebots, sondern der deutschen Verkehrspolitik. So führte das günstige, subventionierte Ticket dazu, dass manche Anbieter ihre Leistungen reduzieren mussten: Verbindungen wurden teils gestrichen oder in einem schlechteren Takt angeboten. DB Regio und die Konkurrenten auf der Schiene spüren - wie alle Branchen - die gestiegenen Energiekosten und die Personal-Engpässe.

Bisher nutzt das Ticket vor allem Städten und Menschen in Ballungsräumen

Bisher nutzt das Ticket zudem vor allem Städtern und Bewohnern von Ballungsräumen, in denen Verkehrsverbünde gute Verbindungen anbieten. Wer im wirklich ländlichen Raum lebt, hat davon wenig, weil es dort zu oft nicht mal eine akzeptable Bus-Anbindung gibt.

Gefragt wäre also das, was sich die Ampel eigentlich auch vorgenommen hatte: ein Ausbau des ÖPNV, mit mehr Strecken, dichterem Takt, moderneren Fahrzeugen. Das aber kostet sehr viel Geld - und die Haushalts-Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts stellten da alles unter Vorbehalt, auch sehr sinnvolle Konzepte für Infrastruktur-Investitionen.

49 Euro sind zu wenig, eine Verteuerung ist nötig

Wie geht es nun weiter? Die 49 Euro, die das Ticket zum Einstieg gekostet hat, sind zu wenig. Zu wenig für die Anbieter, die anderswo kappen. Zu wenig auch für Pendler, die mit dem Angebot erhebliche Summen sparen - und teils noch weniger für das Ticket zahlen, weil viele Arbeitgeber es ordentlich bezuschussen.

Das Ticket wird also etwas teurer werden müssen. Bund und Länder sollten offene (Finanzierungs-)Fragen nicht von einem Treffen aufs nächste schieben, sondern für Klarheit sorgen: Wer zahlt wie lange was? Gelingt es, die Übersichtlichkeit bei den Tarifen in den vielen Verbünden zu erhöhen? Da war das Ticket ja der Eisbrecher auf dem Weg hin zu verständlichen und damit attraktiven Angeboten.

Die Grundsatzfrage lautet: Müssen Bund und Länder nicht noch massiver umsteuern, mit insgesamt günstigen, subventionierten ÖPNV-Angeboten, um die Verkehrswende hinzukriegen? Wer da aus guten Gründen "Ja" sagt, hat die Rechnung allerdings ohne einen kleinen, aber gewichtigen Ampel-Partner namens FDP gemacht.

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