Debatte um die AfD

Wie die Demokratie sich besser vor Rechtsnationalen schützen kann

Alexander Jungkunz

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19.1.2024, 15:40 Uhr
Demo gegen die AfD in Köln. Auch in Nürnberg gibt es Kundgebungen.

© Oliver Berg, dpa Demo gegen die AfD in Köln. Auch in Nürnberg gibt es Kundgebungen.

Um die 100 Kundgebungen gegen die AfD gibt es an diesem Wochenende in Deutschland. Erfreulich, wenn da Demokraten zeigen, dass es nicht stimmt, was die rechtsnationale Partei gern behauptet: dass sie die „schweigende Mehrheit“ vertrete. Das tut sie nicht. Sie ist im Umfragen-Höhenflug, aber es gibt - und zwar überall in der Republik - immer noch eine Mehrheit gegen die angebliche Alternative. Sie repräsentiert nicht „das Volk“, sondern sie zeigt zusehends ihr radikales, ausgrenzendes, nationalistisches Gesicht, erstaunlich offen und ungeniert.

Protestieren kann ein Mittel gegen die AfD sein. Verbote sind es dagegen kaum. Momentan wird heftig darüber debattiert. Aber: Es gibt keine maßgeblichen Kräfte, die offensiv für ein Verbot eintreten - das aber jemand auf den Weg bringen müsste. So ein Verfahren dauert Jahre, der Ausgang ist offen und fraglich. Völlig klar aber ist: Das würde sehr rasch der AfD helfen, sie könnte sich als Märtyrer stilisieren - und ein paar Prozentpunkte mehr einfahren. Heikel angesichts der Umfragen im Osten.

Das gilt auch für jene Petition, die bereits mehr als eine Million Menschen unterschrieben haben und die darauf abzielt, dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke die Grundrechte zu entziehen. Der Grundgesetz-Artikel 18, der da zum Tragen kommen soll, wurde noch nie angewendet. Es wäre Höcke ganz konkret nachzuweisen, dass er die Freiheiten der Verfassung „zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“. Aufwendig, schwierig, riskant - und die beste Werbung für den Mann, der Thüringer Ministerpräsident werden könnte.

Für diesen und ähnliche Fälle aber muss und kann sich eine wehrhafte Demokratie besser rüsten. Mit geänderten Gesetzen. Mehrere Ex-Verfassungsrichter drängten gerade darauf, die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts noch besser abzusichern - durch die Verankerung des Paragrafen 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes im Grundgesetz. Dann bräuchte es für eine Änderung des Status eine Zweidrittelmehrheit im Parlament.

Auch in Landesverfassungen gibt es bisher wegen mangelnder Bedrohung übersehene Schwachstellen, die Rechtsnationale nutzen könnten, um Instanzen auszuhöhlen, Posten zu streichen oder zu besetzen und an Rechten zu rütteln. Und auch da ließe sich vorbeugen - durch entsprechende Gesetzes- und Verfassungsänderungen. Aber die Zeit eilt.

Was die Politik angeht: Sie wäre gut beraten, weniger über die AfD zu reden als gegen sie zu handeln. Durch Schritte wie oben skizziert. Und vor allem durch konstruktivere Politik. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte gerade einen ganz zentralen Satz - den viele in der Ampel und in den Unionsparteien endlich beachten sollten: „Die Kraft von Populisten und Extremisten speist sich immer aus der Handlungsunfähigkeit der Demokraten.“

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