Wie lange soll dem Treiben noch zugesehen werden?

Es reicht: Warum ein Verbot der AfD geprüft werden muss

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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14.1.2024, 12:50 Uhr
Eine Demonstration unter dem Motto «AfD Verbot prüfen - jetzt!» findet vor dem Bundeskanzleramt statt. Die Demonstration findet anlässlich der Recherchen des Medienhauses Correctiv statt. 

© Jörg Carstensen, dpa Eine Demonstration unter dem Motto «AfD Verbot prüfen - jetzt!» findet vor dem Bundeskanzleramt statt. Die Demonstration findet anlässlich der Recherchen des Medienhauses Correctiv statt. 

Wie viel muss sich eine Demokratie von ihren Feinden gefallen lassen? Diese Frage rückt mit Blick auf den angemessenen Umgang mit der AfD zusehends in den Fokus. Seit den investigativen Recherchen des Netzwerks Correctiv muss über ein Parteiverbotsverfahren anders als bislang debattiert werden.

Die bisherige Linie bringt Alt-Bundespräsident Joachim Gauck auf den Punkt: Während unsere Herzen für ein Verbotsverfahren gegen die Radikalen wären, warnt unser Kopf davor, diesen Weg zu beschreiten. Denn die Hürden sind hoch, der Prozess würde sich zudem über Jahre ziehen.

Nun hat sich die Lage verändert: Denn führende AfD-Vertreter, darunter Bundestagsabgeordnete und Alice Weidels Referent, nahmen offensichtlich an einer Tagung in Potsdam teil, um mit Gleichgesinnten über die Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund zu reden.

Stephan Protschka, wiedergewählter Landesvorsitzender der AfD Bayern und Bundestagsabgeordneter spricht beim Landesparteitag im Hippodrom in Greding zu den Parteimitgliedern. 

Stephan Protschka, wiedergewählter Landesvorsitzender der AfD Bayern und Bundestagsabgeordneter spricht beim Landesparteitag im Hippodrom in Greding zu den Parteimitgliedern.  © Daniel Löb, dpa

Spätestens jetzt ist die rote Linie der demokratischen Toleranz überschritten. Über Zuwanderungspolitik zu streiten ist legitim, über die massenweise Ausweisung von Menschen zu sprechen, nur weil sie nicht in das krude Weltbild von Rechtsextremisten passen, ist inakzeptabel.

Eine AfD, die die Teilnahme von Parteimitgliedern an solchen Treffen duldet, sollte nicht länger durch die Parteienfinanzierung, also durch Mittel der Steuerzahler, unterstützt werden.

Nach den jüngsten Enthüllungen mehren sich denn auch aus Reihen der Union Forderungen, über ein Verbotsverfahren nachzudenken. Es geht um nicht weniger als um den Fortbestand unseres freiheitlichen Systems. Das Tempo der Radikalisierung der AfD ist Besorgnis erregend.

Umfragen sehen die AfD bundesweit auf Platz zwei, hinter der Union, aber vor der SPD. Und wer auf die Landtagswahlen im Osten blickt, reibt sich ohnehin die Augen. Obwohl die Partei mittlerweile in drei Landesverbänden als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft worden ist, dürfte es in Thüringen und Sachsen schwierig werden, um die AfD herum eine Koalition zu schmieden. Viele rechnen laut einer Umfrage sogar mit einem Ministerpräsidenten aus Reihen der Populisten.

Der AfD kommt der Wirbel entgegen, das war am Wochenende beim bayerischen Parteitag in Greding nicht anders. Da wird so getan, als sei alles in Ordnung. Und wenn es um den wegen Volksverhetzung angeklagten Landtagsabgeordneten Daniel Halemba aus Würzburg geht, zeigt sich erneut, wie Spitzenvertreter der AfD jegliche klare Distanzierung scheuen.

Die Weimarer Republik ist am Ende an zu wenig Demokraten gescheitert, unsere Republik könnte durch mangelnde Entschlossenheit der demokratischen Mehrheit in Gefahr geraten. Dazu darf es nicht kommen, dem Treiben der AfD müssen deshalb auch rechtliche Grenzen gesetzt werden. Es ist deshalb an der Zeit, ein Parteiverbotsverfahren seriös vorzubereiten.

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