Der Kanzler und seine merkwürdige Erklärung
Taurus: Das seltsame Zögern von Olaf Scholz schadet der Ukraine
26.2.2024, 19:32 UhrViele Deutsche dürften gerne hören, was der Bundeskanzler nun zu den von der Ukraine gewünschten Taurus-Marschflugkörpern erklärt hat. "Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein“, sagte Olaf Scholz.
Was er sagt, klingt gut - auf den ersten Blick
Erstmals legte er seine Gründe dar, warum er gegen die Lieferung dieser Waffen an die Ukraine ist. Scholz weiter: „Diese Klarheit ist erforderlich. Ich wundere mich, dass es einige gar nicht bewegt, dass sie nicht einmal darüber nachdenken, ob es gewissermaßen zu einer Kriegsbeteiligung kommen kann durch das, was wir tun.“
Klingt erst mal gut. Wer kann das schon wollen, eine aktive Kriegsteilnahme Deutschlands gegen Russland? Aber: Stimmt es so auch, was der Kanzler sagt? Das bezweifeln viele Politiker von Grünen, FDP und Union sowie Militärexperten. Und rätseln über die Motive von Olaf Scholz, aber auch Verteidigungsminister Boris Pistorius, der die Position des Kanzlers teilt.
Setzt Scholz auf Stimmen im Wahljahr?
Noch einmal Olaf Scholz: „Was der Ukraine fehlt, ist Munition in allen möglichen Längen und Distanzen, aber nicht entscheidend diese Sache aus Deutschland.“ Auch das sehen viele anders, die eine Stärkung der Ukraine durch Taurus erhoffen. Scholz erklärte weiter, der „Sprech“, es werde - von ihm - gezögert, sei ein Problem in Deutschland. „Ganz viele Menschen schauen abends Fernsehen und hoffen, dass der Kanzler die Nerven behält“, meinte der Regierungschef.
Und das dürfte ein Hauptmotiv von Scholz sein: der Blick auf die Stimmung der deutschen Wähler. Da schätzen in der Tat viele die Zurückhaltung von Scholz - der womöglich die Chance sieht, mit dem Thema Stimmen zu sammeln angesichts des Wahljahrs 2024.
Merkwürdig unentschiedene Position
Es bleibt allerdings eine merkwürdig unentschiedene Position. Einerseits ist Deutschland inzwischen der zweitwichtigste Waffenlieferant für die Ukraine nach den USA - und womöglich bald der wichtigste, sollte Amerika sich weiter zurückziehen. Was im Falle eines Wahlsiegs von Donald Trump als ausgemacht gilt. Andererseits zögert Scholz bei einem Waffensystem, das dem angegriffenen Land helfen könnte beim Kampf gegen Putins Russland.
Wie der Kreml-Chef denkt, das wird immer klarer erkennbar: Verhandlungs- oder kompromissbereit ist er offensichtlich nicht. Putin setzt auf Härte und zeigt sie auch. Wenn es stimmt, dass der Westen einen Gefangenenaustausch einfädeln wollte - die Freilassung von Nawalny, im Gegenzug die Auslieferung des Berliner Tiergarten-Killers an Russland -, dann demonstrierte Putin mit dem garantiert nicht zufälligen Tod des Regimekritikers: Mit Diplomatie braucht man ihm nicht mehr zu kommen. Umso wichtiger wäre eine weitere Stärkung der Ukraine - die Scholz mit rätselhaften Motiven verweigert.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen