Ampel-Aus: Wann wird gewählt?
Statt über Neuwahlen zu streiten, sind Inhalte gefragt: Termindebatte löst keines der Probleme
11.11.2024, 11:40 UhrSelbst den an Politik interessierten Menschen wurde in den vergangenen Tagen schwere Kost zugemutet. Denn die Debatte um Neuwahlen nahm teils abenteuerliche Züge an.
Da ist zunächst der Kanzler selbst, der selbstverliebt und anmaßend das Stellen der Vertrauensfrage als seine alleinige Angelegenheit darzustellen versucht hat. Das ist schon deshalb falsch, weil auch Olaf Scholz sich qua Amtseid dazu verpflichtet hat, Schaden vom Volk abzuwenden. Würde er die Vertrauensfrage zu spät stellen, wäre dieser Schadensfall erreicht.
Da wurde viel Blödsinn verzapft
Um keinen Deut besser hat sich die Opposition verhalten. Da wurde viel Blödsinn verzapft, allen voran waren es Aussagen (unter anderem von Markus Söder), wenn Scholz schnell handele, könne die Bundesrepublik zum Zeitpunkt von Trumps Amtseinführung (20. Januar) schon wieder über eine handlungsfähige Regierung verfügen.
Dabei ist das ein Ding der Unmöglichkeit, was Söder nur zu gut weiß. Zwar könnte Anfang/Mitte Januar theoretisch gewählt werden (auf Einwände der Kirchen, den Weihnachtsfrieden betreffend, könnte sich die CSU bereits vorbereiten), doch eine Regierung wäre damit noch lange nicht im Amt. In der Regel dauern Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen mindestens zwei Monate. So oder so gibt es im Januar mit höchster Wahrscheinlichkeit kein neues Regierungsbündnis.
Gut, dass über das Wochenende alle Beteiligten ihr Mütchen kühlen konnten. Kanzler Scholz hat via Talkshow wissen lassen, er sei durchaus gesprächsbereit und auch von Unionsseite sind unaufgeregtere Töne vernehmbar. Nun sind die Fraktionschefs am Zug. Diese werde gewiss auch die Position der Bundeswahlleiterin zur Kenntnis nehmen - denn eine Wahl, die wegen Formfehlern in Teilen wiederholt werden müsste, sollte sich Deutschland nicht leisten.
Am Ende, so funktioniert Politik, kann es einen Kompromiss geben, der so aussehen könnte: Scholz stellt noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage, Neuwahlen finden im Februar statt und spätestens an Ostern hat Deutschland ein neue Regierung.
Niemand kann an Stagnation Interesse haben
Und selbst wenn es etwas schneller gehen sollte (derzeit verdichten sich die Anzeigen, dass eine Neuauflage der GroKo sich anbahnt), müssen bis dahin ein paar Entscheidungen getroffen werden - niemand kann Interesse an einer totalen Stagnation der Bundespolitik in den kommenden Monaten haben. Auch darüber werden die Spitzen der Fraktionen sich verständigen müssen
Viel wichtiger als das Ringen um einen Wahltermin wären überzeugende Wahlprogramme. Denn ansonsten drohen die Neuwahlen für die politische Mitte zum Desaster zu werden - erinnert sei an die schwierige Suche nach Mehrheiten im Osten.
Auch auf Bundesebene steht das BSW vor einem Einzug ins Parlament und mit Blick auf die AfD muss mit einem deutlich stärkeren Ergebnis als 2021 gerechnet werden. Hauptursache für das Anwachsen der Ränder ist das Versagen in der Mitte. Der Wahltermin spielt da keine allzu große Rolle.
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