Fordert einen anderen Umgang mit der AfD: Jens Spahn (CDU).
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Fordert einen anderen Umgang mit der AfD: Jens Spahn (CDU).

Kommentar

Spahns Empfehlungen für einen anderen Umgang mit der AfD helfen eher den Rechtspopulisten

Ja, da hat Jens Spahn recht: Die anderen Parteien sollten nicht mehr über jedes Stöckchen springen, das ihnen die AfD vorhält. Also nicht auf jede gezielte Provokation mit der erwartbaren Mischung aus „Abscheu und Empörung“ reagieren, nicht auf jede lautstarke Beschimpfung im Bundestag mit einem ebenso emotionalen Konter. Denn genau solche Effekte wollen die Rechtspopulisten ja hervorrufen - weil sie so Aufmerksamkeit ernten.

Spahn sagt aber auch: Die Politik müsse anerkennen, wie viele Millionen Deutsche die AfD gewählt haben. Bei den Verfahren und Abläufen im Bundestag solle man mit der Partei so umgehen wie mit jeder anderen Oppositionspartei.

Das würde im Kern bedeuten, dass die AfD auch all jene Posten bekommt, die anderen Parteien im Parlament bisher quasi automatisch zustehen, weil sie im Proporz untereinander aufgeteilt werden. Da wird es dann aber problematisch.

Wollen wir wirklich, dass die AfD im Geheimdienst-Kontrollgremium sitzt?

Wollen wir wirklich, dass die AfD etwa den wichtigen Innenausschuss leitet? Sie möchte den Vorsitz. Dort geht es auch um die Arbeit der Geheimdienste - die unter anderem auch weite Teile der AfD beobachten und diese oft als rechtsextrem einstufen. Oder soll eine Partei im Parlamentarischen Kontrollgremium sitzen - er kontrolliert die Geheimdienste -, die nachweislich Abgeordnete mit engen Kontakten zu Autokratien wie Russland und China in ihren Reihen hat, inklusive des Verdachts der Kooperation?

Kürzlich wurde in Thüringen ein AfD-Mann zum stellvertretenden Richter am Landesverfassungsgericht gewählt. Der Deutsche Anwaltsverein stellte fest, es sei ein großer Fehler, der Partei immer mehr Teilhabe an Entscheidungsprozessen über Recht und Gesetz zu gewähren. „Die Deutungshoheit über Rechtsstaat und Justiz darf nicht bei Menschen liegen, die gezielt an deren Zersetzung arbeiten.“

So ist es: Solange die AfD sich nicht eindeutig auf die Seite von Recht und Verfassung stellt, besteht kein Anlass, Gegner des freiheitlichen „Systems“ (wie sie es attackiert) quasi zu dessen Zerstörung einzuladen. Demokraten können mit (in diesem Fall großer) Mehrheit verhindern, dass Feinde der Demokratie an Schlüsselstellen kommen. Das ist, anders als von der AfD behauptet, keineswegs antidemokratisch, sondern demokratischer Usus: Mehrheit entscheidet.

Offen ist auch, wie die AfD zu Trump und dessen Zerstörung der US-Demokratie steht. Während Alice Weidel seine Zölle kritisiert, findet Tino Chrupalla sie erprobenswert. Trump und Musk riefen zur Wahl der AfD auf - da stützen sich Feinde der parlamentarischen, freiheitlichen Demokratie gegenseitig. Und die meisten anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa wie etwa Marine Le Pens Rassemblement National lassen die AfD rechts liegen, weil ihnen deren Kurs zu radikal ist. Das sagt einiges aus über den Kurs der Partei.

In einem anderen Punkt aber hat Jens Spahn recht: Am besten helfen Ergebnisse, hilft gute Politik gegen das weitere Erstarken der AfD. Nur zu!

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