Rückkehr nach dem Ampel-Desaster?

Robert Habeck kandidiert als Kanzler: Dieser Posten ist für ihn derzeit allerdings nur Plan B

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent

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17.11.2024, 14:40 Uhr
Auf ihn wird es im Grünen-Wahlkampf ankommen: Kanzlerkandidat Robert Habeck.

© Michael Kappeler/Michael Kappeler/dpa Auf ihn wird es im Grünen-Wahlkampf ankommen: Kanzlerkandidat Robert Habeck.

Eines können sich Robert Habeck und seine Grünen zu Gute halten: Aus dem schmutzigen Ampel-Ende mit den geheimen Ausstiegsplänen der FDP und einer stilistisch zweifelhaften Wutrede des SPD-Kanzlers sind sie am saubersten herausgegangen. Sie haben bis zum Schluss versucht, zu vermitteln, was in aufgehetzten Zeiten ein Wert an sich ist.

Nun also will Habeck beweisen, dass er eine Regierung besser führen könnte als Olaf Scholz. Wie gering die Chancen sind, das wissen er und seine Partei selbst am besten. Sie stehen momentan in den Umfragen bei rund elf Prozent und sind damit lediglich viertstärkste politische Kraft im Lande.

Der wahre Grund für die Kanzlerkandidatur ist natürlich ein anderer: Man will in den Diskussionsrunden und in der öffentlichen Debatte bei den Großen (Amtsinhaber Scholz, Oppositionsführer Merz) mitmischen. Ein legitimes Interesse, da schließlich auch Alice Weidel und eventuell sogar Sahra Wagenknecht diesen Schritt planen. Wir werden dieses Mal vermutlich so viele Bewerber(innen) ums Kanzleramt haben wie nie zuvor.

Partei will regierungsfähig werden

Robert Habeck geht es neben der persönlichen Befriedigung, endlich die schon 2021 angestrebte Spitzenkandidatur zu erhalten, vor allem darum, seine Partei bei der anstehenden Wahl so stark wie möglich zu machen. Wenn ihm die Teilnahme am Kanzler-Rennen dabei hilft, die Werte um zwei, drei Prozentpunkte zu steigern, dann soll ihm das recht sein. Die Grünen würden gerne wieder mitregieren. Nach Lage der Dinge wäre das nur mit der Union möglich - und da gibt es ja durchaus Gemeinsamkeiten, zum Beispiel in der Ukraine-Politik.

Die Grünen werden es jedoch sehr schwer haben, bis zur Wahl spürbar zuzulegen. Verheerende politische Fehler wie das Heizungsgesetz hängen ihnen - und speziell Habeck - immer noch nach. Bisher treue Anhängerinnen und Anhänger kommen mit der restriktiven Migrationspolitik und der abgeschwächten Klimapolitik nicht besonders gut klar. Das hat ja bereits der Parteiaustritt etlicher Jugendvertreter bei den Grünen vor einigen Wochen gezeigt. Regierungsbeteiligungen spalten eben nun mal die Basis in Vertreter der reinen Lehre und in Kompromissbereite.

Das Ergebnis hat schon mal gepasst: 96,48 Prozent, das ist ein für die Nominierung zum Kanzlerkandidaten sehr erfreulicher Wert. Ob diese Zustimmung wirklich ernst gemeint ist, wird das Engagement der Grünen in den Landes- und Ortsverbänden zeigen. Legen sie sich wirklich für ihren Robert ins Zeug? Habecks Idee, sich im Wahlkampf zu den Bürgerinnen und Bürgern an die Küchentische zu setzen, hat schon mal für viel Spott gesorgt. Und ob man in einer Bewerbungsrede für das wichtigste Regierungsamt des Landes wissen möchte, wie oft der Betreffende früher Kartoffelbrei für die Familie gemacht hat, ist durchaus diskussionswürdig.

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