Harter Schlagabtausch im Bundestag

Auch wenn der Wahlkampf ähnlich lang ist wie die Faschingssaison: Lage ist zu ernst für Politklamauk

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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13.11.2024, 17:42 Uhr
Der künftige Kanzler? Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, spricht nach der Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l).

© Michael Kappeler/dpa Der künftige Kanzler? Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, spricht nach der Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l).

Gut 100 Tage wird er dauern, der Bundestagswahlkampf 2025, ähnlich lang wie die Karnevalsaison. Dass diese Zeit anstrengend verlaufen könnte, zeigte die Bundestagsdebatte nach Olaf Scholz‘ Regierungserklärung. Da ist ein kämpferischer Kanzler, der mit seinem Auftritt womöglich auch die Debatte über einen möglichen SPD-Kandidaten Boris Pistorius im Keim ersticken wollte. Scholz hat sich wenig überraschend als Politiker präsentiert, der offenbar frei von Selbstzweifeln ist.

Womit der Übergang zum wahrscheinlichen künftigen Bundeskanzler Friedrich Merz fließend wäre. Denn auch der Unionschef ist sehr von sich überzeugt, er inszenierte sich als regierungsfähig, ohne sich teils scharfe Attacken auf Scholz und die SPD zu verkneifen, die wiederum mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sein künftiger Koalitionspartner sein dürfte.

Mit Schlechtreden ist derzeit viel Staat zu machen

Wobei das mit der Schärfe relativ ist, vielleicht wäre es besser, von Würze im Binnenwahlkampf zwischen SPD und CDU zu sprechen. Denn wirklich scharf war beim Wahlkampfauftakt im Bundestag vor allem Alice Weidel. Die AfD-Chefin griff tief in die Populistenkiste, um die Parteien der Mitte zu diskreditieren. Deutschland skizzierte sie als ein bedrohtes Land, Schuld an der Misere seien vor allem Migranten. Mit diesem Programm zieht die AfD in den Wahlkampf - und darf am Ende auf das beste Ergebnis ihrer Geschichte hoffen. Offenbar ist mit Schlechtreden derzeit viel Staat zu machen.

Andere schlecht machen, das kann auch Markus Söder, der als Bundesratsvertreter bei seiner Premiere im Reichstag nicht glänzen konnte. Er setzte sein reflexartiges Bashing des nicht anwesenden Grünen-Kanzlerkandidaten Robert Habeck fort. Haften blieb nur sein erster Satz: Als der bayerische Ministerpräsident der scheidenden Ampelregierung attestierte, allen Fehlleistungen zum Trotz dennoch "Demokraten" zu sein, da brandete jenseits der AfD-Reihen Applaus auf.

Neuwahl am 23. Februar: Die Lage ist zu ernst

Überhaupt ist die Lage in Deutschland viel zu ernst für Politklamauk. Den Wählerinnen und Wählern kommt am 23. Februar 2025 deshalb eine hohe Verantwortung zu. Sie müssen sich entscheiden - zwischen einer Republik, in deren Parlament eine sehr starke rechtspopulistische Partei womöglich zusammen mit dem BSW Blockadepolitik betreiben kann, oder einem Land, in dem die demokratischen Kräfte der Mitte den Freiraum erhalten, nach einer Lösung der Probleme zu suchen.

Konstruktive Ansätze gegen destruktive Politik, so stellt sich der Wahlkampf zu Beginn dar. Bleibt zu hoffen, dass viele Menschen hinter die marktschreierischen Fassaden einzelner politischer Spitzenkräfte blicken. Der Bundestag sollte nicht zur Faschingshochburg verflachen, die Neuwahlen sind schließlich kein Karnevalsumzug. Weshalb auch die nächsten Monate kein Stillstand im Parlament herrschen sollte - leider lässt der Wahlkampfauftakt etwas anderes vermuten.

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