Spruch des Bundesverfassungsgerichts

NPD-Urteil zeigt, wie der AfD der Geldhahn zugedreht werden könnte

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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23.1.2024, 17:00 Uhr
Die AfD wächst und wächst: Die Partei kann auch aufgrund einer üppigen Finanzierung aus öffentlichen Mitteln gezielt PR in eigener Sache betreiben.

© Swen Pförtner/dpa Die AfD wächst und wächst: Die Partei kann auch aufgrund einer üppigen Finanzierung aus öffentlichen Mitteln gezielt PR in eigener Sache betreiben.

Vordergründig hat das Karlsruher Urteil, wonach der NPD-Nachfolgeorganisation "Die Heimat" für sechs Jahre die Parteienfinanzierung entzogen wird, keinerlei praktische Bedeutung. Denn aufgrund der niedrigen Wahlergebnisse der Gruppierung flossen ohnehin keine Steuermittel an den rechten Rand des politischen Spektrums. Ganz andere Wucht kann dieses Verfassungsgerichtsurteil allerdings mit Blick auf die AfD entfalten.

Söder sieht bereits eine "Blaupause für die AfD"

Die angelaufene Verbotsdebatte wird nun um eine Option erweitert. Es muss nicht gleich der Säbel sein, um die Rechtsradikalen in ihrem Tun einzuschränken, es könnte auch zunächst mit dem Florett versucht werden, den Spielraum der AfD zu begrenzen. Diesen Weg macht Karlsruhe nun begehbar.

2017, nach dem zweiten gescheiterten NPD-Verbotsverfahren, hat der Gesetzgeber den Ausschluss von der Parteienfinanzierung ins Grundgesetz aufgenommen, nun kam der erste Umsetzungsfall. Spannend ist dabei ein Satz in der Begründung: Während für ein Parteienverbot die Hürden sehr hoch liegen, sind sie beim Finanzierungs-Aus eine vielleicht entscheidenden Nuance geringer.

Im Verbotsfall muss nachgewiesen werden, dass eine Partei die freiheitlich-demokratische Grundordnung zerstören will und auch könnte. Für das Zudrehen des Geldhahns reicht der Wille. Was als juristische Spitzfindigkeit interpretiert werden könnte, ist bei der AfD womöglich der Schlüssel zum Erfolg.

CSU-Chef Markus Söder sprach denn schon vor dem Urteil von einer möglichen "Blaupause für die AfD". Eines bleibt in beiden Fällen gleich: Die Beweislast, die einem Urteil vorausginge, ist enorm. Es sind eher Jahre als Monate, bis mit einem Karlsruher Urteil zu rechnen wäre. Der Antrag für die Partei "Die Heimat" wurde vom Bundesrat und der Bundesregierung bereits 2019 gestellt - es vergingen also gut vier Jahre bis zum Urteil.

Rechtliche Mittel gegen die AfD zu nutzen, ist nicht verwerflich

Kritiker werfen deshalb nicht zu Unrecht ein, dass dieser Zeitraum von einer Partei wie der AfD, die höchst professionell Öffentlichkeitsarbeit betreibt, genutzt werden könnte, um ihre vermeintliche Opferrolle zu zelebrieren. Dieses Argument ist definitiv nicht von der Hand zu weisen.

Und dennoch sollten alle Hebel, auch die juristischen, sorgsam geprüft werden, um dem immer offenkundiger menschenverachtenden Treiben von Teiler des AfD-Establishments etwas entgegen zu setzen. Rechtliche Mittel sind Teil einer wehhaften Demokratie, sie zum Einsatz zu bringen, ist alles andere als verwerflich.

Die Zögerer und Zauderer sollten eines bedenken: Jegliche Taktik im Umgang mit der AfD hat bislang nur eines bewirkt: Die in drei Bundesländern als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei ist stärker und stärker geworden. So beeindruckend die Massendemos vom Wochenende waren, ein Ende der Millionen aus der Parteienfinanzierung träfe die AfD wesentlich härter.

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