Umstrittene Projekte

Mehr Kassen-Kosten, weniger Klinik-Versorgung: Schröpft Lauterbach die Patienten über Gebühr?

Alexander Jungkunz

Chefpublizist

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20.10.2024, 10:40 Uhr
Er steht wieder mal im Zentrum von Kritik vieler Seiten: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), hier bei einer Impfung gegen Influenza und Covid-19.

© Ebrahim Noroozi/dpa Er steht wieder mal im Zentrum von Kritik vieler Seiten: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), hier bei einer Impfung gegen Influenza und Covid-19.

Karl Lauterbach ist für viele eine Reizfigur. Derzeit steht er wegen zwei Vorhaben im Fokus, die miteinander zu tun haben: die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung müssen so heftig steigen wie noch nie. Und Lauterbachs Krankenhausreform sorgt vor allem auf dem Land für Ängste, dass sich die Versorgung verschlechtert.

Dabei legt der Minister und Mediziner den Finger in die richtigen Wunden. Dahin, wo es wirklich weh tut. Und da haben sich in Deutschland etliche Schmerzpunkte angehäuft.

Wir haben das teuerste Gesundheitssystem, aber nicht das beste

Wir haben zwar das teuerste Gesundheitssystem in Europa - aber keineswegs das beste; in Sachen Gesundheitszustand liegen wir nur im Mittelfeld. Woran liegt das? An Fehlern im System. Experten sind sich einig in einem Befund, den viele aus ihrem privaten Umfeld bestätigen können: Die Deutschen sind sehr weit vorn, was Arzt- und Klinik-Besuche angeht, die Praxen sind voll. Und es wird sehr viel verordnet, was teuer und nicht immer notwendig ist: Zu viele neue Gelenke, zu viele Operationen, die sich vermeiden ließen, die aber dennoch ausgeführt werden - auch deshalb, weil Ärzte und Kliniken gut daran verdienen.

Das ging lange einigermaßen gut. Aber die Bevölkerungsentwicklung belastet das System nun bis zum Kollaps: Wenn bald die Baby-Boomer in Rente gehen, steigen die Kosten in einem Ausmaß, das für die Beitragszahler - vor allem für die Jungen - nicht mehr tragbar wird. Der Sprung bei den Kassenbeiträgen muss daher auch der Schluss- und Wendepunkt sein.

Warum steigen die Kosten so stark? Weil - und das war ja Konsens, gerade nach Corona - Pflegekräfte inzwischen besser verdienen, weil die Löhne insgesamt stiegen. Dazu kommen die üblichen Preissprünge etwa bei der Energie. Das führt dazu, dass ein steigender Teil der Kliniken nicht mehr kostendeckend arbeiten kann.

Die Richtung der Reform stimmt

Und da geht Lauterbachs schon seit Jahren debattierte, nun auf den Weg gebrachte Krankenhausreform in die richtige Richtung. Die Fallpauschaule, die Operationen und Personaleinsatz belohnte, wird abgeschafft und teils durch die Versorgungspauschale ersetzt - bezahlt wird das Vorhalten von Leistung, nicht mehr nur ihr (teures) Erbringen.

Die Kliniken sollen sich zudem weiter spezialisieren, kleine sollen entweder ganz schließen oder teils zu regionalen Versorgungszentren werden. Auch das macht Sinn: Am besten sind Patienten in der Regel bei den Ärzten aufgehoben, die sich möglichst spezialisiert haben. Wer im Jahr hunderte von Knieen operiert und nicht nur ein paar, der hat jene Routine, die es braucht; ärztliche Fehler können so reduziert werden.

Lauterbach hat diese richtigen Ansätze schlecht kommuniziert, die Länder - wichtige Spieler im Gesundheitssystem - klagen, nicht genug einbezogen zu werden. Daher könnte die Reform im Vermittlungsausschuss landen und blockiert werden. Gewonnen wäre nichts: Das Gesundheitssystem braucht dringend Reformen. Das wissen alle - sie sollten es bald gemeinsam anpacken.

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