Vor der Brandenburg-Wahl

K-Frage: Warum die SPD mit Boris Pistorius mehr Chancen hat als mit Kanzler Olaf Scholz

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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20.9.2024, 14:43 Uhr
Bundeskanzlers Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius: Wer von beiden führt die SPD in den nächsten Wahlkampf?

© IMAGO/P.Nowack/IMAGO/penofoto Bundeskanzlers Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius: Wer von beiden führt die SPD in den nächsten Wahlkampf?

Olaf Scholz wird am Sonntagabend gebannt nach Brandenburg blicken: Bliebe die SPD stärkste Kraft vor der AfD, könnte der Sozialdemokrat Dietmar Woidke wohl Ministerpräsident bleiben und Olaf Scholz würde für sich ableiten: Geht doch mit mir als Kanzler!

Daran glauben immer weniger Genossinnen und Genossen, der Amtsbonus scheint verspielt. Längst stellt sich die K-Frage auch innerhalb der SPD. Denn der Hanseat Scholz hat in den eigenen Reihen viel Kredit verspielt, kaum jemand traut ihm noch zu, den Wahlsieg von 2021 wiederholen zu können. Die Stimmen, die für Boris Pistorius werben, mehren sich. Noch stammen sie aus der zweiten und dritten Reihe, doch das könnte sich bald ändern.

In den Umfragen ist die SPD weit hinter der Union

Denn alle Umfragen stufen die SPD bundesweit weit abgeschlagen hinter der Union ein; dass Scholz diesen Trend noch drehen kann, bezweifeln viele. Schließlich ist er ursächlich für die schlechte Performance der Ampel verantwortlich. Zu wenig Durchsetzungskraft attestieren ihm die einen, andere vermissen die Gabe, Politik erklären zu können, die härtesten Scholz-Kritiker sprechen ihm gar die Fähigkeit ab, seine Politik verständlich erklären zu wollen.

Auch wenn Scholz für die Fehler der Grünen und der FDP in Sippenhaft genommen wird, es wäre sicherlich möglich gewesen, diese Regierung besser durch schwierige Zeiten zu führen.

Nur Scholz sieht das offenbar anders. Beinahe trotzig wischt er Zweifel an seiner Führungskompetenz vom Tisch, reklamiert weiterhin den Gestaltungsanspruch für sich, auch über das Ende dieser Legislaturperiode hinaus. Friedrich Merz, den Unionskandidaten, stuft er als eine Art Lieblingsgegner ein.

Ist das Überheblichkeit oder einfach eine verzerrte Wahrnehmung? Schwer zu sagen. Nüchtern betrachtet hat die SPD mit Scholz schlechtere Chancen als ohne ihn. Und am Ende ist es diese Wahrscheinlichkeit, die über die K-Frage entscheiden dürfte. Denn ein bisschen gleicht Scholz dem scheidenden US-Präsidenten Joe Biden, dem es auch keiner mehr zugetraut hätte, den Wahlkampf erfolgreich zu bestreiten.

Um Scholz könnte es bald sehr einsam werden

Scholz könnte, passiert kein Wunder, bald eine große Einsamkeit um sich spüren, Hoffnungsträger Pistorius hingegen viele neue Freunde gewinnen. Dabei ist der Niedersachse gewiss kein Wunderkind. Eher der Typ solide Hausmannskost, einer, dem man vertraut, und auch zutraut, im harten Duell mit Merz zu bestehen. Und einer, der als Verteidigungsminister mächtig Profil gewonnen hat.

Scholz hingegen wirkt nach drei Kanzlerjahren zunehmend entrückt von den Menschen und ihren Sorgen. Was von ihm bleibt, ist vor allem das Wort Zeitenwende. Auf ihn selbst bezogen könnte eine solche Zeitenwende bedeuten, dass die SPD mit Boris Pistorius einen besser in die Zeit passenden Kanzlerkandidaten küren könnte - nicht zuletzt, weil einige Sozialdemokraten auf den Kamala-Harris-Effekt hoffen.

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