Wende im US-Wahlkampf

Joe Biden tritt nicht mehr an: Warum Donald Trump nun um seinen Wahlsieg zittern muss

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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21.7.2024, 22:16 Uhr
Joe Biden, Präsident der USA, verlässt das Weiße Haus, er tritt nicht erneut an.

© Susan Walsh/dpa Joe Biden, Präsident der USA, verlässt das Weiße Haus, er tritt nicht erneut an.

Am Ende war der Druck zu stark. Joe Biden hat seinem Land und vor allem seiner Partei einen letzten Dienst erwiesen - indem er verkündet, bei den Wahlen im November nicht mehr anzutreten.

Das ist aus vielerlei Gründen gut für die USA und auch für die westliche Welt. Zuallererst, weil es unverantwortlich gewesen wäre, hätte ein sichtlich an Ausfallerscheinungen leidender, älterer Mann die Geschicke der größten Volkswirtschaft der Welt, die noch dazu in vielen Regionen eine Art Weltpolizisten-Rolle ausübt, für vier weitere Jahre lenken sollen.

Joe Biden tritt den Rückzug an

Bidens Rückzug ist zudem eine gute Tat, weil nun eine sicher scheinender Erfolg des gnadenlosen Populisten und Lügners Donald Trump kein Automatismus mehr ist. Es könnte wieder spannend werden - falls es den Demokraten gelingt, sich rasch hinter ihren neuen Nummer eins, aller Voraussicht nach die bisherige Vizepräsidentin Kamala Harris, zu versammeln. Harris hat durchaus Chancen, trotz all der Schwächen, die sie in den vergangenen Jahren an den Tag gelegt hat.

Und drittens kommt Bidens Rückzug für Europa und den Westen einem Hoffnungsschimmer gleich. Denn eine zweite Amtszeit von Donald Trump käme einem sicherheitspolitischen Desaster gleich - Verlässlichkeit hätte es nicht mehr gegeben, Trump ist schlicht alles zuzutrauen, auch ein Pakt mit dem Teufel namens Wladimir Putin.

Bidens Einsicht kommt spät

Zwar wäre ein Sieg von Biden als Signal für die Westbindung der USA interpretiert worden, doch allzu viel hätte ein derart geschwächter Präsident im Weißen Haus nicht mehr bewirken können. Kamala Harris, das sollte nicht vergessen werden, hat enge Kontakte nach Europa, die zumindest nicht das Schlechteste vermuten lassen.

Denn, da sollten wir uns nichts vormachen, ohne einen starken Verbündeten USA wäre in Deutschland und Europa vieles schwieriger: Das beginnt bei der Unterstützung für die Ukraine und endet bei einem stabilen Sicherheitsschirm für alle Nato-Mitglieder.

Bidens Einsicht kommt spät, aber eben nicht zu spät. Der Parteitag der Demokraten im August kann somit zum Wendepunkt im Wahlkampf um den wichtigsten Politjob, den es weltweit zu vergeben gibt, werden. Eines steht fest: Die Republikaner und Trump verlieren mit Biden ihr Wahlkampfziel Nummer eins - sie wollten vor allem den 81-jährigen Amtsinhaber loswerden.

Trump ist jetzt der alte Mann

Gegen eine vergleichsweise junge Kandidatin, die in einer afroamerikanischen Community aufwuchs und somit eine andere Klientel als Biden und Trump anspricht, greifen derlei Attacken nicht länger. Im Gegenteil: Nun ist Trump der Alte im Rennen ums Weiße Haus.

Es kommt nun vor allem auf die Demokraten an: Schaffen Sie es, sich hinter Harris zu stellen? Oder werden sie sich in einem internen Machtkampf selbst lähmen? Letzteres wäre töricht, denn es fehlt schlicht die Zeit. Bidens Rückzug ergibt nur Sinn, wenn persönliche Eitelkeiten in Reihen der Demokraten hinten angestellt werden. Nur dann kann Trump noch verhindert werden.

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