Amerikanische (links) und sowjetische Soldaten reichen sich auf den Trümmern einer Elbbrücke bei Torgau die Hände. Am 25. April 1945 konnten sowjetische Soldaten der 58. Gardeschützendivision der Roten Armee am Ostufer der Elbe bei Torgau die ersten amerikanischen Soldaten der 69. Infanteriedivision der US-Streitkräfte begrüßen.
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Amerikanische (links) und sowjetische Soldaten reichen sich auf den Trümmern einer Elbbrücke bei Torgau die Hände. Am 25. April 1945 konnten sowjetische Soldaten der 58. Gardeschützendivision der Roten Armee am Ostufer der Elbe bei Torgau die ersten amerikanischen Soldaten der 69. Infanteriedivision der US-Streitkräfte begrüßen.

Kommentar

Heikles Gedenken: Dürfen Vertreter Russlands bei Feiern zum Kriegsende dabei sein?

Das Bild schrieb Geschichte: Soldaten der US-Armee und der Sowjetunion reichen sich an der Elbe die Hände. Am 25. April 1945 war das - der Handschlag von Torgau. Die Niederlage Hitler-Deutschlands war besiegelt - auch wenn es bis zur Kapitulation dann noch zwei Wochen dauerte.

Heute sagen Kritiker der westlichen Unterstützung der Ukraine: Mit Waffen werden Kriege nicht beendet. Das ist falsch: Die Alliierten im Zweiten Weltkrieg erkämpften ihren Sieg mit sehr vielen Waffen und jeder Menge Zerstörung - als Antwort auf Hitlers rücksichtslose Kriegsführung und seinen Terror. Der Nationalsozialismus wurde niedergekämpft, mit fürchterlich hohem Blutzoll.

Russland erlitt die höchste Opferzahl

Das ging nur mit der Zusammenarbeit von Sowjets, Amerikanern, Briten und Franzosen. Russland verzeichnete im Krieg die höchste Opferzahl. Wer durch Berlin fährt, wird an drei sowjetischen Ehrenmalen an die mindestens 80.000 russischen Soldaten erinnert, die allein in der Schlacht um die Hauptstadt starben - ähnlich hoch war die Zahl deutscher Opfer.

Für Russland ist dieser Sieg über Nazi-Deutschland ein extrem wichtiges Datum. Wir werden in zwei Wochen erleben, wie Putin das Gedenken instrumentalisiert, um seinen Krieg gegen die Ukraine als eine Art Wiederholung des Kampfes gegen „den Faschismus“ darzustellen.

Dürfen Vertreter Russlands an Gedenkfeiern zum Kriegsende in Deutschland teilnehmen? Das Auswärtige Amt riet ab: Es sei mit „massiver Propaganda, Desinformation und geschichtsrevisionistischer Verfälschung“ zu rechnen. Demnach empfahl das Ministerium, keine offiziellen Vertreter Russlands oder Belarus‘ einzuladen – und sie im Zweifel auch nicht zuzulassen.

Dennochwarder russische Botschafter in Deutschland beim Gedenken an die Schlacht auf den Seelower Höhen und nun auch in Torgau dabei - trotz des Protests der Ukraine gegen eine solche Teilnahme. Sprechen durfte er nicht.

Ein Verbot der Teilnahme ist kaum denkbar

Es ist eine heikle Gratwanderung: Darf man Russen untersagen, ihrer Opfer zu gedenken? Schwierig bis unmöglich. Aber es ist angebracht, keine Wortmeldungen bei solch ohnehin eher stillen Zeremonien zuzulassen: Da droht sonst die Vermischung zwischen Vergangenheit und Gegenwart - und die Rechtfertigung eines Angriffskriegs, den nur Russland beenden kann, wie Sachsens Ministerpräsident Kretschmer in Torgau sagte.

Insgesamt wird die Erinnerung ans Kriegsende diesmal kompliziert: Wie steht es mit den Amerikanern? Damals waren sie ganz klar die Befreier. Was ist ihre neue Rolle? Angesichts der Nähe Trumps zu Putin gewinnt das Foto vom Handschlag in Torgau eine eher unheimliche Aktualität: Droht eine Partnerschaft der alten russischen mit der neuen amerikanischen Autokratie auf Kosten Dritter?

Deutschland fährt gut, wenn es der Befreiung von einer verheerenden Diktatur gedenkt, denen dankt, die damals dazu beitrugen - und alles tut, um die danach entstandene Demokratie vor ihren stärker werdenden Feinden zu verteidigen.

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