Steuerschätzung und Konjunktur

Hallo, Ampel, runter von der Schuldenbremse und gezielt investieren!

Alexander Jungkunz

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16.5.2024, 16:14 Uhr
Über Kreuz: Die Ampel-Spitzen Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner (von links).

© Michael Kappeler/Michael Kappeler/dpa Über Kreuz: Die Ampel-Spitzen Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner (von links).

Das waren früher Termine, die sich gut verkaufen ließen - weil lange Jahre die Steuereinnahmen stärker sprudelten als prognostiziert. Nun versiegen sie zwar nicht; die öffentliche Hand nimmt immer noch die riesige Summe von fast einer Billion ein - 995 Milliarden werden prognostiziert. Dennoch ein spürbarer Rückgang, der sich in den kommenden Jahren fortsetzt.

Das nächste negative Puzzleteil

Was Finanzminister Christian Lindner nun in der jüngsten Steuerschätzung präsentiert hat, das ist daher das nächste von zuletzt vielen Puzzleteilen, die sich zu einem unerfreulichen Bild zusammenfügen. Deutschlands Konjunktur stagniert, andere Länder wachsen stärker, die Wirtschaftsweisen haben vor kurzem ihre Prognose noch einmal gesenkt: Im Herbst gingen sie von 0,7 Prozent Wachstum aus, jetzt nur noch von 0,2.

Das liegt auch an der Politik der Ampel - genauer: an konträren Politik-Ansätzen, die immer weniger zusammenpassen und zur Selbstlähmung der Regierung führen. "Die eine Seite glaubt, die Marktwirtschaft werde das Ruder rumreißen und Innovationskraft entfachen", sagte die Nürnberger Wirtschaftsweise Veronika Grimm gerade mit Blick auf FDP und manche Grüne. Und mit Blick auf den Rest der Ampel: "Die andere Seite meint, man müsste die Wirtschaft sehr stark lenken und gestalten. Und das geht nicht zusammen."

Nichts passt in der Ampel zusammen bei der Wirtschaftspolitik

Es fehlt ein stimmiges Konzept. Lindner und die FDP drängen auf Sparen - ohne Ausnahmen. Das veranlasste Verteidigungsminister Boris Pistorius nun zu einem Wutausbruch, weil es zuvor als gesetzt gegolten hatte, dass sein Etat deutlich steigt. Wohin die Republik steuert - auch mit den Steuern, die sie einnimmt -, das ist momentan nicht zu erkennen.

Die SPD mit Olaf Scholz an der Spitze redet Probleme klein und die Lage zu rosig. Sie hofft, mit Wohltaten Wahlen gewinnen zu können - daher das Vorpreschen des Kanzlers beim Mindestlohn. Dass Sozialleistungen erwirtschaftet werden müssen, bevor sie verteilt werden - zu viele blenden das aus. Und Lindners FDP hat dem sehr teuren Rentenpaket in der Ampel erst zugestimmt, nun blockiert sie es - am Ende könnte sie doch einlenken, allen Drohungen zum Trotz.

Viel zu früh im Dauerwahlkampf

Die Ampel-Parteien stecken viel zu früh im Dauerwahlkampf, entwerfen unrealistische Wunsch-Papiere statt konkret zu handeln. Und sie provozieren sich untereinander mit einem Instrument, das alle lähmt: die Schuldenbremse.

SPD und Grüne wollen sie lockern - das empfehlen immer mehr Ökonomen, auch die teils ebenfalls uneinigen Wirtschaftsweisen stimmten da überein. Die FDP aber pocht aufs Einhalten einer zu starren Regel.

Auf 600 Milliarden Euro bezifferten Experten aller Lager gerade den Investionsbedarf in Infrastruktur. Wird da weiter gespart, verschärft das die Krise. Nicht in mehr Sozialausgaben, sondern in Schulen, Mobilität, Digitalisierung etc. müsste die Ampel massiv investieren. Tut sie es nicht, wird es die nächste Regierung tun müssen - ohne die aktuelle Schuldenbremse.

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