Stellten den Bericht vor: Innenministerin Nancy Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck.
© Kay Nietfeld/dpa
Stellten den Bericht vor: Innenministerin Nancy Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Untersuchung der Regierung

Gleichwertigkeitsbericht: Die Lage in Deutschland ist teils besser als die Laune

Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Lebensumfeld? Das wollte die Bundesregierung wissen - und befragte dafür rund 30.000 Menschen in allen deutschen Städten und Kreisen. Das Ergebnis ließ vor ein paar Tagen aufhorchen - erst einmal positiv.

Denn auf einer Skala zwischen eins (ganz niedrig) und zehn (ganz hoch) ordnen die Deutschen ihre Zufriedenheit bei 7,1 ein. Rund zwei Drittel der Befragten sind mit ihrer aktuellen Lebenssituation "eher zufrieden" oder "ganz und gar zufrieden".

Die "sozialen Medien" verstärken die Stimmen der Gereizten

Das überrascht erst einmal angesichts einer gefühlt viel schlechteren Stimmung im Land. Es sieht so aus, dass - vor allem in den so genannten "sozialen Medien" - ein Bild entsteht, das der tatsächlichen Lage nicht entspricht: Dass jene dort nachzulesende Dauer-Gereiztheit nur die miese Laune von wenigen widerspiegelt und vervielfacht, die sich dort umso vehementer (und oft wütender) zu Wort melden.

"Manchmal ist die Stimmung schlechter als die Lage", sagte Robert Habeck bei der Präsentation der Studie. Die zeigt Spannendes: In Deutschland gelang es, die Unterschiede zwischen den Regionen auf vielen Feldern zu verringern - in anderen Staaten verschärfen sie sich. Oder: Viele Ostdeutsche empfinden etwa ihre Versorgung mit Kita-Plätzen als schlecht, obwohl es dort oft eine Rundum-Abdeckung gibt. Befragte in Bayern beurteilten die Lage dort dagegen erstaunlich gut - trotz eines deutlich dünneren Angebots als im Osten. Es kommt also offenbar auch auf eigene Befindlichkeiten an. Was natürlich kein Argument für die Politik sein kann, sich zurückzulehnen.

Gleiche Lebensumstände? Die wird es nie geben, und das ist gut so

Es wird im übrigen nie gelingen, für gleiche Lebensumstände in ganz Deutschland zu sorgen. Das wäre auch kontraproduktiv: Entweder müsste dann die beste Region stillstehen, bis die schlechteren ihr Niveau erreicht haben - oder zurückfallen aufs niedrigere Level anderer. Da ist ein Wettbewerb der Regionen viel effektiver.

Der sollte jedoch von der Politik je nach Bedarf gezielt(er) gefördert werden. Die Zahlen ergeben nämlich für viele ländliche Regionen im Osten und einige im Westen ähnliche Szenarien: Überalterung, sinkende Bevölkerung, weniger Versorgung - da drohen Geisterdörfer. Die Zentren verstärken dagegen ihre Magnetfunktion und ziehen vor allem Talentierte und Fachkräfte an - die dann auf dem Land fehlen.

Der Osten kam auf einigen Feldern gut voran - wirtschaftlich (wiederum vor allem in den Zentren), beim Lohnabstand zwischen Frauen und Männern ist er besser, also ausgeglichener als der Westen. Insgesamt aber verfestigt sich der Rückstand der Länder im Osten - vor allem demografisch. Eine immer ältere und schrumpfende Bevölkerung - keine gute Perspektive für viele Regionen.

Auf Dauer abgehängte Landstriche sind der beste Nährboden für Populisten. Die haben dort teils die Rolle der Kümmerer übernommen, weil sich andere Verbände oder Parteien zurückgezogen haben. Diese Brennpunkte muss die Politik besser im Blick haben.

Keine Kommentare