Papst Franziskus bei einem Treffen mit der akademischen Gemeinschaft an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.
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Papst Franziskus bei einem Treffen mit der akademischen Gemeinschaft an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.

Weltweite Trauer

Franziskus ist tot: Ein großer Papst, Freund der Armen und ein gänzlich uneitler Mensch

Schon seine ersten Wochen und Monate im Amt waren 2013 erfrischend anders gewesen. Jorge Mario Bergoglio verzichtete auf etliche Zeichen der päpstlichen Macht. Statt ochsenblutfarbener Kalbslederschuhe wie sein Vorgänger trug er ein ausgelatsches Kaufhausmodell, im engeren Umfeld seines Kirchenstaates ließ er sich in einem gebrauchten Ford herumfahren und statt im Apostolischen Palast wohnte er im Gästehaus des Vatikan.

Natürlich kann man entgegnen, dass das alles nur Äußerlichkeiten waren. Aber das stimmt so nicht. Dem gerade erst gestorbenen Papst Franziskus war es eine Herzensangelegenheit, so nahbar wie möglich zu sein und sich mit allen, auch nichtchristlichen Menschen zu umgeben.

Die gelebte Bescheidenheit von Franziskus, die er auch seinen Kardinälen und Bischöfen dringend anempfahl, war ein Wesenszug des rund zwölfjährigen Pontifikats. Der Einsatz gegen die Armut spielte fast vom ersten bis zum letzten Tag eine große Rolle.

Papst Franziskus hat die Kirche für die Welt geöffnet

Darüber hinaus öffnete er die stark italienisch-europäisch geprägte katholische Kurie (den vatikanischen Regierungsapparat) für die Weltkirche. Er berief mehr Kardinäle aus dem globalen Süden als seine Vorgänger. Nur noch weniger als die Hälfte der künftigen Papstwähler stammt inzwischen aus Europa.

Eine weitere Besonderheit der Amtszeit von Franziskus: Er förderte die Frauen im Vatikan. Erst zu Jahresbeginn ernannte er eine Ordensschwester zur Chefin eines Ministeriums. Das hatte es bis dahin noch nie gegeben.

Kritiker warfen dem Papst immer wieder vor, dass er zwar gute Ansätze zeige, aber bei allem viel zu langsam und zaghaft vorgehe. Das ist zwar als nüchterne Beschreibung der Dinge richtig, aber es wird dem Wesen der katholischen Kirche nicht gerecht.

Der Oberhirte von 1,4 Milliarden Menschen mag zwar auf viele wie eine Art Alleinherrscher wirken, der er selbst in früheren Jahrhunderten nicht uneingeschränkt war. Heute ist er auf jeden Fall weit davon entfernt. Er muss zahllose einander widerstrebende Bewegungen zusammenhalten, von den liberalen Bischofskonferenzen der westlichen Welt bis zu den überaus konservativen Kräften in Afrika und Asien.

Der herausragende Intellektuelle Peter Glotz hatte vor Jahrzehnten die Sozialdemokratie mit einem schwer beweglichen Öltanker verglichen. Ein zutreffendes Bild. Aber um wieviel weniger beweglich ist im Vergleich dazu die katholische Kirche, die von der Fifth Avenue in New York bis in die kleinste Inuit-Siedlung vertreten ist.

Papst Franziskus und das Los der Päpste

Franziskus hat - wie oben erwähnt - vieles überaus Wichtiges angestoßen. Nur wenig davon konnte er zur Vollendung bringen. Genau das ist das Los der Päpste in der neueren Zeit, nämlich den Kurs des Tankers Katholizismus leicht zu verändern, was auf die lange Strecke tatsächlich dann doch zu einem neuen Ziel führt. Vielleicht erntet ein Franziskus II. oder ein Franziskus III. dereinst, was Jorge Mario Bergoglio gesät hat.

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