Partei in der Krise

Florian von Brunn tritt ab: Der neue SPD-Fraktionschef könnte der letzte im bayerischen Landtag sein

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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12.7.2024, 09:11 Uhr
Florian von Brunn, SPD-Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag und Vorsitzender der Bayern-SPD, hat keinen Rückhalt mehr in der Fraktion.

© Peter Kneffel/dpa Florian von Brunn, SPD-Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag und Vorsitzender der Bayern-SPD, hat keinen Rückhalt mehr in der Fraktion.

Die jüngere Geschichte der bayerischen SPD ist traurig. Selbst bei politischen Gegnern überwiegt angesichts des rasanten Niedergangs dieser ehemals wichtigen Kraft im Freistaat Mitleid. Dass die Fraktion nun mit Florian von Brunn den nächsten Vorsitzenden abwählt, passt ins Bild einer offenbar heillos zerstrittenen Parlamentarier-Truppe.

Nicht, dass von Brunn fehlerlos gewesen wäre. Viel zu egozentrisch, viel zu wenig Teamplayer, so kann der Mann beschrieben werden, dessen Zeit als Landeschef nach dem Aus an der Fraktionsspitze wohl auch bald enden dürfte. Von Brunn reiht sich somit in die lange Liste der unbekannten und kaum Spuren hinterlassenden Topleute der bayerischen Sozialdemokratie ein. Natascha Kohnen, Horst Arnold, Markus Rinderspacher - allesamt Topleute des vergangenen Jahrzehnts. Und allesamt längst vergessen.

Politiker vom Schlage einer Renate Schmidt hat die Bayern-SPD nicht mehr

Das fehlende Spitzenpersonal ist der eine Teil des Problems der Bayern-SPD. Menschen vom Schlage einer Renate Schmidt oder eines Franz Maget finden sich in dieser Partei nicht mehr - oder sie sind nicht mehr bereit, sich in der mühseligen Kleinarbeit der Landespolitik zerreiben zu lassen. Lieber bleiben sie im Zweifelsfall in den Kommunen - dort verfügt die SPD nach wie vor über etliche kompetente Bürgermeister und wenige Landräte.

Das eigentliche Problem ist noch viel größer: Die SPD schleicht sich aus Bayern aus, sie diffundiert. Was langsam begonnen hat, als es von Spitzenwerten um die 30 Prozent Wahl für Wahl bergab ging, findet sein vorläufiges Ende in einer nun bedrohlichen Nähe zur Fünf-Prozent-Hürde. 2028, diese Prognose ist nicht allzu gewagt, dürfte die SPD vor allem um den Wiedereinzug ins Maximilianeum kämpfen. Zur Erinnerung: Es ist nicht so lange her, dass Sozialdemokraten die Oppositionsführer im Landtag waren.

Heute ist die SPD de facto aus Regionen wie Niederbayern verschwunden, selbst in ihren ehemaligen Hochburgen schwindet die Zustimmung dramatisch - Nürnberg steht exemplarisch für den Verfall dieser Partei.

Wie ist dieser freie Fall zu erklären? Vor allem mit strukturellen Defiziten. Irgendwann begann der Rückzug aus der Fläche, schlossen da und dort Büros, gab es in vielen Landkreisen keinen Abgeordneten mehr. Kurzum: Die Genossinnen und Genossen verloren den Anschluss an die Basis. Und nicht wenige Ortsvereine glichen dem örtlichen Seniorenstammtisch.

Von Brunn könnte der letzte SPD-Fraktionschef im Landtag gewesen sein

Heute, das muss zur Ehrenrettung der Bayern-SPD gesagt werden, wissen viele um diese Versäumnisse. Nur: Boden dort zu erobern, wo er über Jahre hinweg preisgegeben wurde, ist ein mühseliges Vorhaben, Kärrnerarbeit im wörtlichen Sinn. Dass die ehemalige Kernklientel der SPD scharenweise zur AfD abgewandert ist, macht die Sache gewiss nicht leichter.

Die nächsten Jahre werden entscheidend sein. Misslingt die Wiederbelebung, könnte Florian von Brunns Nachfolger der letzte SPD-Fraktionschef im Landtag sein. Das wäre traurig.

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