Neuer US-Präsident im Amt
Empörung ist kein gutes Rezept gegen Trump: Wir sollten studieren, warum er siegen konnte
Ja, das wirkt alles ziemlich befremdlich. Ein Präsident, der sagt, Gott habe ihn gerettet, damit er Amerika rette. Den der künftige FBI-Chef als "Gottesgeschenk einer neuen Dynastie" preist. Der reichste Mann der Welt, Elon Musk, mit einer Geste, die aussah wie ein angedeuteter Hitlergruß.
Alles bizarr bis beängstigend für viele, aber sehr erwartbar: Trump setzt sein Programm um, das er vielen Amerikanern mit großem Erfolg eingehämmert hat. Deshalb ist jene Empörung, die viele bei uns sehr nachvollziehbar überkommt angesichts der Bilder von der Inauguration, zwar verständlich. Aber gewiss kein Rezept gegen Politiker wie Trump.
Die Politik der "alternativen Fakten" funktioniert immer besser - nicht nur bei Trump
Sein Triumph zeigt: Die Politik der "alternativen Fakten" funktioniert - in Zeiten der sozialen Netzwerke sogar immer besser. Trump hat auch bei seiner Amtseinführung Amerika als die Hölle auf Erden skizziert, ein Jammertal, mit der Biden-Regierung als "einer der schlimmsten in der Geschichte" - um sich so noch stärker als Retter in Szene zu setzen, der nun himmlische Zeiten für die USA bringt.
Dass dieses nach wie vor und mit Abstand mächtigste Land der Welt boomt, die Wirtschaft gut läuft, die Kriminalität zurückging: Faktenbasierte Politik interessiert immer mehr Menschen nicht mehr. Und selbst wenn sie Trumps düsteren Beschwörungen nicht glauben: Viele wollten den Wechsel.
Fassungslos sahen wir, wie sich ein Milliardär nach dem anderen unterwürfigst dem neuen starken Mann andiente. Aber wir sollten da gerade nicht fassungslos reagieren, sondern die Fassung bewahren - und analysieren, warum dieser vorauseilende Gehorsam in Gang kam. Zum einen, weil Trump auch da Drohkulissen aufbaute. Zum anderen und vor allem aber, weil sich die Internet-Giganten mehr Regellosigkeit und mehr Reichtum in den Händen weniger - in ihren Händen - versprechen.
Wenn wir Trumps Wähler abstempeln und in ein rechtes Eck schieben, tun wir Ähnliches wie die Populisten: spalten und polarisieren. Für deren Aufstieg gibt es Gründe. Hätte die Ampel zum Beispiel ebenso intensiv an der Sanierung des Landes gearbeitet wie an ihren gesellschaftspolitischen Nebenschauplätzen (Selbstbestimmungsgesetz, Cannabisfreigabe etc.), wäre die Stimmung wohl eine andere. Ähnlich lief es auch in den USA, und so ließ sich mit einer Mischung aus Wahrheit und Diffamierung leicht Wut gegen alles Woke schüren - und damit Stimmen sammeln.
Wir sind mit unserem Entsetzen über Trump ziemlich allein in der Welt
Nun sollten wir beobachten, was Trump tut und welche Folgen sein Mix aus Nationalismus und Isolationismus hat. Wird es Amerika, wird es einer Mehrheit der Amerikaner besser gehen in vier Jahren? Es gibt jede Menge Zweifel - aber in den USA hoffen und glauben das viele. Europa und gerade Deutschland steht mit seiner Skepsis, seinem Entsetzen über Trump ziemlich allein da in der Welt.
Auch darüber kann man staunen. Aber es wäre besser, nachzudenken, warum das so kam und worauf der Erfolg von Trump basiert. Am Ende lässt sich daraus einiges lernen.
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