CDU-Chef Friedrich Merz und Jens Spahn im Bundestag. Wohin entwickeln die beiden das Profil der CDU?
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CDU-Chef Friedrich Merz und Jens Spahn im Bundestag. Wohin entwickeln die beiden das Profil der CDU?

Kommentar

Droht der Merz-CDU mit einem Unions-Fraktionschef Spahn ein Ruck nach rechts?

Je näher die Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler rückt, desto offensichtlicher werden die Probleme innerhalb der CDU. Die Partei ist in zwei Flügel geteilt, wie so oft in der Geschichte eint sie vor allem die Machtperspektive. Das Synonym „Kanzlerwahlverein“ kommt nicht von ungefähr.

Nur: Ist es auch in Zeiten eines immer stärker aufkommenden Rechtspopulismus ausreichend, sich auf diesen kleinsten gemeinsamen Nenner zu reduzieren? Zweifel sind angebracht. Zwar darf als sicher angenommen werden, dass der kleine Parteitag der CDU den Koalitionsvertrag am Montag durchwinkt, gleiches gilt für die wohl am 6. Mai geplante Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler.

Merz wird sich Richtung Mitte orientieren müssen - das gefällt vielen nicht

Die eigentliche Arbeit, das wissen Unionsstrategen sehr gut, beginnt dann allerdings erst. Merz wird sich eher in Richtung Mitte orientieren müssen, sein Augenmerk gilt dem Koalitionsfrieden und somit der SPD. Die konservativen Kräfte in den eigenen Reihen dürfte das nicht zufrieden stellen, sie wollen klare Kante in allen Lebenslagen. Die Wokeness- und Genderdebatten sind vielen Unionisten ein Dorn im Auge, ein Rechtskurs, nicht nur bei Migrationsfragen, käme ihnen entgegen.

Hier kommt Jens Spahn ins Spiel: Der sorgte mit seiner Aussage, die AfD solle „wie jede andere Oppositionspartei“ behandelt werden, für Aufsehen. Abgesehen davon, dass es Jens Spahn genau darum gehen dürfte, lässt diese Aussage in die Abgründe der CDU blicken: Soll mit der AfD perspektivisch kooperiert werden? Das steckt hinter Spahns Äußerung. Warum sonst sollte man einer Gruppierung, die eine entschieden andere Vorstellung von Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt hat als die Parteien der Mitte, wichtige Posten im Bundestag zugestehen?

Bislang jedenfalls waren sich Union, SPD, Grüne, FDP und Linke einig, die AfD bei Vizepräsidentenposten nicht zum Zuge kommen zu lassen. Ginge es nach Spahn, wäre dies bald Geschichte. Spahn, das muss man wissen, schielt auf einen wichtigen Job - wahlweise als Minister oder als Unions-Fraktionschef. Letzteres ist nach dem Kanzler die unumstritten mächtigste Position, die zu vergeben ist.

Und siehe da: Die CSU kann sich - trotz oder wegen der Spahnschen AfD-Aussage? - das wohl vorstellen. Erste Signale in diese Richtung soll es gegeben haben. Für Merz war der Osterurlaub sicher nicht nur erholsam: Er dürfte sich den Kopf zerbrochen haben, wie viel Zugeständnisse die rechten Kräfte in der CDU benötigen und inwieweit dem Mitte-Flügel beispielsweise ein Fraktionschef Spahn zuzumuten sei.

Am Ende kann der Richtungsstreit in der CDU über Wohl und Wehe des Landes entscheiden. Denn spätestens 2026, wenn in Sachsen-Anhalt gewählt wird, stellt sich die Gretchenfrage erneut. Dann könnte nämlich ein Wahlergebnis vorliegen, das eine schwarz-blaue Koalition (oder gar eine blau-schwarze) nahelegt. Es hängt also viel daran, wie die CDU sich gegenüber der AfD auf Bundesebene positioniert.

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