Konzept für die Bundestagswahl

Die SPD entdeckt die Wirtschaft und die Mittelschicht - eine ziemlich erstaunliche Kehrtwende

Alexander Jungkunz

Chefpublizist

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13.10.2024, 11:54 Uhr
Wollen wieder mal einen Erfolg feiern und setzen auf Wirtschaftsthemen: Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) mit den SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil.

© Bernd von Jutrczenka/dpa Wollen wieder mal einen Erfolg feiern und setzen auf Wirtschaftsthemen: Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) mit den SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil.

Noch ein knappes Jahr bis zur Bundestagswahl 2025 - aber der Wahlkampf ist spätestens seit diesem Wochenende eröffnet: Auf den CSU-Parteitag mit der durchaus gemischten Unions-Doppelspitze Merz/Söder reagiert die SPD mit ihrem Wirtschafts- und Steuerkonzept. Und das birgt einige Überraschungen.

Die Sozialdemokraten scheinen sich darauf zurückzubesinnen, auf welchen Feldern Wahlen entschieden werden: vor allem in der Wirtschafts-, der Steuer- und der Sozialpolitik. Und zwar in dieser Reihenfolge. Bisher setzte die SPD ihre Prioritäten umgekehrt: erst das Soziale, dann Wirtschaft und Steuern.

Das größte Problem: fehlende Glaubwürdigkeit

Daher dürfte dies das größte Problem der SPD sein: die fehlende Glaubwürdigkeit. Denn in den vergangenen Jahren hätte die Partei ja sowohl in der GroKo als auch in der Ampel versuchen können, das umzusetzen, was sie nun als Kernziele anpeilt: Entlastung breiter Schichten durch eine Steuerreform, massive staatliche Investitionen für eine bessere Infrastruktur - diese Agenda haben viele immer wieder angemahnt.

Daher rückt das neue Konzept erst einmal eigene Fehler in den Blick: Die SPD will nun jene Förderung von E-Autos, die es zeitweise ja schon gab - der die Ampel dann aber in einer ihrer unangekündigten Nacht- und Nebel-Aktionen den Stecker zog. Berechenbarkeit und Planungssicherheit sehen anders aus.

Der Kurs, den die Partei nun anpeilt, würde stimmen - allerdings durchkreuzen ihn andere Vorhaben der SPD: Sollten die Steuern sinken und für sehr Wohlhabende steigen, würde das durch den Anstieg des Renten-Beitragssatzes konterkariert, auf den die SPD pochen muss, weil sie die Rentenhöhe unangetastet lassen will. Das ist dann das Prinzip linke Tasche-rechte Tasche: hier geben, dort nehmen.

Die sozialdemokratischen Konturen sind ablesbar: Erhöhung des Mindestlohns, keine Lohnzurückhaltung (darauf hat die Politik keinen Einfluss), kein Sozialabbau, keine Rentenkürzung. Erwartbar. Überraschender sind die wirtschaftsfreundlichen Punkte: Entlastung der Unternehmen bei den Energiekosten, Anreize für Investitionen in Deutschland - diese Richtung stimmt, manches fehlt, vor allem der endlich anzugehende Bürokratie-Abbau.

Was auffällt am Konzept: Es ist durchaus anschlussfähig an nötige Koalitionspartner, es enthält keine extremen, keine radikalen Forderungen. Die SPD will die Schuldenbremse nicht abschaffen, sondern nur modifizieren: Ein Punkt, auf den sich eine sehr große Koalition inklusive der Unionsparteien am besten noch in dieser Legislaturperiode einigen sollte.

Denn für eine Änderung der Schuldenbremse braucht es eine nun leicht erreichbare Zwei-Drittel-Mehrheit. Die wäre nach aktuellen Umfragen weg, wäre jetzt Bundestagswahl: Die AfD und womöglich auch das BSW könnte Verfassungsänderungen blockieren.

Eine Frage bleibt zum Schluss: Was machen SPD, Grüne und FDP im letzten Jahr ihrer Regierungszeit? Wie wär‘s damit, einen Teil des SPD-Konzepts jetzt schon anzupacken?

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