Kein Durchmarsch für die AfD

Das Omen von Thüringen: Was uns die Kommunalwahlen über die Stimmung im Osten verraten

Harald Baumer

Korrespondent Berlin

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27.5.2024, 15:00 Uhr
Er hat die Thüringer AfD fest im Griff: Partei- und Fraktionschef Björn Höcke.

© Hendrik Schmidt/dpa Er hat die Thüringer AfD fest im Griff: Partei- und Fraktionschef Björn Höcke.

Kommunalwahlen haben ihre eigenen Gesetze. Das konnte man in der Vergangenheit in ganz Deutschland immer wieder feststellen. Gelegentlich schneiden Parteien dabei ganz gut ab, denen es überregional gerade schlecht geht - und umgekehrt. Diese Tatsache muss man im Auge behalten, wenn man sich mit den Thüringer Stadtrats- und Kreistagswahlen vom Wochenende befasst, um sie nicht überzubewerten.

Die AfD konnte ihren seit Monaten auf Landesebene in Umfragen behaupteten Spitzenplatz nicht halten. Die CDU liegt mit 27,5 Prozent knapp einen Prozentpunkt vor ihr. Das mag wie ein lächerlich geringer Abstand erscheinen und das ist auch so, aber es hat durchaus eine symbolische Bedeutung.

Lange schienen die anderen Parteien wie in eine Schockstarre verfallen, wenn es um die drei ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst ging. Manchmal klang es, als ob Platz eins für die Rechtspopulisten bereits Monate vorher so gut wie sicher sei. Es wurden schon allerhand Szenarien erstellt, was dann alles geschehen könnte.

Drei Faktoren gegen die AfD

Nun sind einige Faktoren zusammengekommen, die es der AfD in Thüringen schwerer gemacht haben als vermutet: die große Krise, die sie zurzeit erlebt (unter anderem der für sie höchst peinliche Ausschluss aus der Rechtsfraktion im Europäischen Parlament), ein CDU-Spitzenkandidat namens Mario Voigt, der seinen Gegner Björn Höcke in einem TV-Rededuell stellte und nicht zuletzt eine neue Protestpartei namens Bündnis Sahra Wagenknecht, die aber nur in ausgesuchten Orten antrat.

Nochmal: Das alles muss für den Herbst nichts bedeuten, aber es zeigt auf, wie die AfD wenn schon nicht zu bezwingen, so doch wenigsten zu schwächen sein könnte. Die wichtigste Rolle kommt dabei den Christdemokraten zu. Ihre Partei ist die einzige, die der AfD den Spitzenplatz streitig machen kann. Die ehemals so starke Linke um den amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow hat nicht mehr das Zeug dazu.

Der Absturz der Linkspartei von 31 Prozent bei der Landtagswahl 2019 bis auf 16,5 Prozent in aktuellen Umfragen zeigt, dass auch die AfD nicht ewig erfolgreich sein muss im Osten. Die Partei hat sich inzwischen zwar so weit festgesetzt, dass ein oder zwei Wahlen nicht ausreichen, um sie aus den Parlamenten zu drängen. Aber die Wählerschaft ist offenkundig hochgradig wechselbereit, wenn sie mit ihren bisherigen Favoriten nicht mehr zufrieden ist.

Die endgültige Bilanz der Thüringer Kommunalwahl kann erst am 9. Juni gezogen werden, wenn die Stichwahlen um Bürgermeister- und Landratsposten entschieden sind. Da haben die Rechtspopulisten noch einige heiße Eisen im Feuer. Entscheidend könnte sein, ob die anderen Parteien - wie in der Vergangenheit - zusammenhalten, um den jeweiligen AfD-Kandidaten zu verhindern.

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