
Kommentar
Das GroKo-Wunder: Plötzlich regnet es gepumptes Geld über Deutschland
Es wirkt wie ein Wunder, was sich da keine zehn Tage nach der Bundestagswahl in Berlin ereignet hat. Während Beobachter mit wochenlangen, harten Verhandlungen gerechnet hatten, in denen bildlich gesprochen um jeden Cent gestritten wird, ist jetzt von einem Moment auf den anderen quasi alles möglich. 500 Milliarden Euro sollen in die Infrastruktur und langfristig vermutlich noch mehr Milliarden in die Bundeswehr fließen.
Was ist da geschehen? Ganz einfach: Die Weltlage hat sich dramatisch geändert. Seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump gibt es keine Gewissheiten mehr. Deutschland muss sich militärisch und wirtschaftlich auf harte Zeiten einstellen. Es wird möglicherweise überhaupt nicht mehr von den USA geschützt und von diesem Land zudem sogar noch in einen Handelskrieg verwickelt.
Medikament muss wirken
Um mit diesen Problemen umgehen zu können, sind unvorstellbare Geldbeträge nötig. Die Bundesrepublik kann sich das angesichts ihrer im internationalen Vergleich vergleichsweise geringen Schuldenquote erlauben. Man sollte allerdings so ehrlich sein und klarstellen, dass dies ein enormes Risiko darstellt. Das Medikament Kreditaufnahme muss wirken, die Dosis ist künftig kaum noch zu steigern.
Das alles war schon während des Wahlkampfes und teils sogar vorher zu ahnen, wenngleich laufend neue Scheußlichkeiten hinzukommen. Insofern war es nicht ganz redlich, wie strikt der kommende Kanzler Friedrich Merz und seine Union alle Vorschläge von SPD und Grünen ablehnten, die in diese Richtung gingen.
Man darf gespannt sein, ob jetzt alle angekündigten Sparmaßnahmen komplett aufgegeben werden und ob vielleicht sogar mit den gewachsenen finanziellen Möglichkeiten zusätzliche Sozialleistungen ermöglicht werden. Dann hätte Merz seine Glaubwürdigkeit als Haushaltssanierer ganz verloren.
Die neue Koalition hat sich mit den gigantischen Schuldenpaketen von einem ihrer größten Probleme befreit. Wer an einer geschlossen auftretenden Regierung interessiert ist, und das müssen wir ja mehr oder weniger alle sein, der kann das nur gut heißen. Nach drei Jahren der quälenden Ampel-Streitereien liegt Aufbruchstimmung in der Luft.
Verfassungsrechtlich erlaubt
Den alten Bundestag über Sondervermögen entscheiden zu lassen, dürfte verfassungsrechtlich ohne weiteres möglich sein. Die Abgeordneten sind nicht zum Ausräumen ihrer Büros im Amt, sondern im vollen Besitz ihrer Befugnisse. Ob es der politischen Kultur gut tut, sich über den Willen des bereits gewählten neuen Parlaments hinwegzusetzen, ist eine ganz andere Frage. Sie wird wohl erst rückblickend zu beantworten sein, wenn bekannt ist, wie erfolgreich die Maßnahmen waren.
Wir leben in so bewegten und leider auch so bedrohlichen Zeiten wie schon lange nicht mehr. Dem entspricht das, was sich momentan in der Politik abspielt. Manche wird das irritieren. Aber wer sich ewig an alten Verhaltensmustern festhält, der wird den gegenwärtigen Problemen nicht gerecht.
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