Unklare Verhältnisse in Brandenburg

Das BSW als Super-Entscheider: drei Landesregierungen hängen nun schon an Wagenknecht

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent

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23.9.2024, 10:21 Uhr
Wie wird Sahra Wagenkecht mit ihrer unermesslich gewachsenen Verantwortung umgehen?

© Michael Bahlo/dpa Wie wird Sahra Wagenkecht mit ihrer unermesslich gewachsenen Verantwortung umgehen?

Beim Bündnis Sahra Wagenknecht handelt es sich um ein Phänomen, wie es Deutschland noch nicht erlebt hat. Die Partei lässt einen Rekord nach dem anderen purzeln.

Zuerst war es schlicht die Tatsache, wenige Monate nach der Gründung aus dem Stand in mehrere Landtage und in das Europaparlament einzuziehen. Schon alleine das hätte gereicht, Geschichte zu schreiben.

Nun wiederholt sich diese Sonderrolle mutmaßlich auch noch bei der Regierungsbildung: Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen und Brandenburg scheint derzeit kaum ein Weg zu stabilen Mehrheiten am BSW vorbeizuführen. Das Bündnis muss, wenn es schon nicht unmittelbarer Koalitionspartner wird, die Regierung wenigstens dulden.

BSW: Nicht zwingend eine Gefahr

Eine Partei, die bisher nur über handverlesene Mitglieder verfügt, bestimmt also demnächst ganz maßgeblich über die Landespolitik mit. Ist das eine Gefahr? Nein, nicht zwangsläufig.

Allerdings muss das BSW einsehen, dass die Frage nach Krieg und Frieden definitiv nicht in Erfurt, Potsdam oder Dresden entschieden wird. Landesregierungen können Meinungsäußerungen auch zu überregionalen Themen abgeben. Das ist ihr gutes Recht. Mehr aber nicht.

Wenn Sahra Wagenknecht auf den Bundesrat verweist, der über einen Auswärtigen Ausschuss verfüge, dann weckt sie damit falsche Hoffnungen. Dieses Gremium tritt nicht mal regelmäßig zusammen, sondern nur aus besonderem Anlass, und ihm fehlt fast jede Entscheidungskompetenz.

Außenpolitik ist in Deutschland gemäß der Verfassung Sache des zuständigen Ministeriums, des Kanzlers als Inhabers der Richtlinienkompetenz und des Bundestages mit seinem entsprechenden Ausschuss. Wer den Menschen etwas anderes erzählt, der lügt sie an. Das sollte das BSW nicht tun, nur um schnelle Erfolge bei Wahlen zu erzielen.

Es gibt genügend Themen, bei denen sich das neue Bündnis Lorbeeren verdienen könnte. Wagenknecht spricht ja selbst immer von der dringend nötigen besseren Ausstattung der Polizei und der Schulen. Hier könnte die neue Partei Druck auf mögliche Partner von CDU und SPD machen. Innerhalb gewisser Grenzen gäbe es auch bei der Migration einen Einfluss, so weit sie auf Landesebene geregelt wird.

BSW hatte kaum Zeit für Häutungen

Viel schneller als bei anderen Parteien, die Jahrzehnte Zeit hatten für ihre Häutungen, muss sich das Bündnis Sahra Wagenknecht nun zwangsläufig sehr rasch entscheiden: Will es im Bereich des Machbaren gewisse Dinge voranbringen (siehe oben) oder will es lieber sehr erfolgreich auf der allgemeinen Wut- und Protestwelle mitschwimmen?

Fällt das BSW als Koalitionspartner aus, wird es in allen drei Bundesländern schwierig mit der Regierungsbildung. Das ist aber noch kein Grund für Weltuntergangsstimmung, denn auch Minderheitsregierungen können vernünftig handeln. Allerdings muss sich die deutsche Wählerschaft, die es gerne immer ganz klar geregelt hat, erst daran gewöhnen. Diese Zeiten scheinen aber rund 75 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik vorbei zu sein.

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