Fall 4 von "Freude für alle"
Ware musste vernichtet werden: Wasserschaden gefährdet Allerhand-Laden in Nürnberg
13.11.2024, 17:00 Uhr"Schau mal, was für eine schöne Jacke!" Carmen Binder zieht einen schwarzen Daunenparka aus dem Karton, der vor ihr steht. Dass das Kleidungsstück gut erhalten und für den Weiterverkauf geeignet ist, erkennt die 59-Jährige in diesem Fall nach einem kurzen Blick. Trotzdem nimmt sie die Jacke noch genauer unter die Lupe, sucht nach versteckten Fehlern oder Flecken. Denn schließlich soll das, was später aus dem Sortierlager des Allerhand-Ladens in der Rothenburger Straße in den benachbarten Verkaufsraum wandert, auch wirklich noch tragbar und schön sein.
"Wir bekommen zum Glück oft wirklich gute Ware", sagt Binder, die derweil schon das nächste Stück aus der Kiste zieht. Es muss schnell gehen, schließlich stehen noch 30 weitere Kartons an der Wand, die erst vorhin geliefert wurden.
Dennoch prüft Binder jedes einzelne Kleidungsstück akribisch, denn das ist ihr Job. Die gelernte Kinderpflegerin wurde durch einen privaten Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen, nach Jahren der Arbeitslosigkeit fand sie durch den Allerhand-Laden ins Berufsleben zurück. "Ich bin glücklich hier", sagt die Nürnbergerin. "Und ich freue mich, wenn ich sehe, wie glücklich unsere Kunden sind. Wenn wir mittwochs öffnen, ist der Laden immer voll."
Allerhand-Laden in Nürnberg: T-Shirts für sechs Euro
T-Shirts für sechs Euro, Jacken für 20 Euro - neben Geschirr und Deko-Artikeln gibt es im Allerhand-Laden in erster Linie jede Menge Kleidung für wenig Geld. Vor allem Frauen können aus dem Vollen schöpfen, Männerware ist dagegen meistens knapp, weil sie nicht so oft gespendet wird. Einkaufen darf hier jeder, wer bedürftig ist und das nachweisen kann, zahlt nur den halben Preis. "Die Nachfrage steigt ständig, obwohl es viele Sozialläden in Nürnberg gibt", sagt Björn Bracher, Bereichsleiter für soziale Dienste bei der Stadtmission.
Doch nicht nur deshalb hält er das Projekt für dringend erforderlich. Mindestens ebenso wichtig sind aus seiner Sicht die besonderen Arbeitsplätze, die der Laden bietet. Knapp 20 Menschen sind hier beschäftigt, die meisten davon sind sogenannte "Ein-Euro-Jobber", für die die Tätigkeit im Secondhand-Laden der erste Schritt aus einer teilweise langjährigen Arbeitslosigkeit ist. Einige Mitarbeiter, wie zum Beispiel Carmen Binder, haben sich dabei so gut gemacht, dass sie mit Unterstützung des Jobcenters jetzt regulär beschäftigt sind. Und das gibt nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern stärkt auch das Selbstwertgefühl. Für Bracher sind Einrichtungen wie der "Allerhand-Laden" deshalb auch eine Frage der Wertschätzung.
"Für die Leute ist das immens wichtig", sagt auch die Sozialpädagogin, die Binder und ihre Kollegen coacht. Die Arbeit sorge für soziale Kontakte und gebe dem Tag eine Struktur. Das bestätigen auch die Mitarbeiter. "Für mich ist das hier wie meine zweite Familie", sagt Hans Mies, der viele Jahre als Dachdecker gearbeitet hat, bis es körperlich irgendwann nicht mehr ging. Jetzt ist er stattdessen "Mädchen für alles" im Laden und froh darüber. "Immer nur zu Hause zu sein, das ist mir zu langweilig."
Der Allerhand-Laden in Nürnberg kämpft um seine Zukunft
Seine Kollegin Natalia Kraft stieß nach der Elternzeit als Alleinerziehende bei der Jobsuche auf Vorbehalte. "Vor allem, wenn mein Kind krank war, gab es Probleme." Nun holt sie als Fahrerin die gespendete Ware ab und ist glücklich damit. Auch Mies und Kraft sind dank der Zuschüsse vom Jobcenter regulär beschäftigt. Das zu ermöglichen, werde aber immer schwieriger, sagt Björn Bracher. Denn die Bundesregierung habe die entsprechenden Fördermittel gekürzt.
Nicht nur deshalb kämpft der Allerhand-Laden um seine Zukunft. Zu schaffen machen der Einrichtung auch die gestiegenen Kosten für Miete und Energie. Diese müssten eigentlich über den Verkauf gedeckt werden, wie Bracher betont. "Doch das klappt sehr schlecht." Hinzu kommen die Folgen mehrerer Wasserschäden im Keller, die einen Teil der bereits für den Verkauf vorbereiteten Ware vernichteten.
Besonders schlimm traf es den Laden kurz nach dem Umzug in die Rothenburger Straße vor gut einem Jahr. "Das war ein Riesenschaden", sagt die Sozialpädagogin. Alles sei für die Wiedereröffnung vorbereitet gewesen. "Und dann war quasi unsere Existenzgrundlage weg." Notdürftig haben die Mitarbeiter die Kellerschächte mit Brettern vor dem nächsten Starkregen geschützt.
Mehrere Wasserschäden im Keller des Allerhand-Ladens: Ware musste vernichtet werden
Doch das hilft nur bedingt. Durch die Fenster und die Bodenplatte dringt immer wieder Wasser ein. Um die Ware zu schützen, will das Team die Kartons künftig auf Paletten lagern. Allein das kostet 8000 Euro, eine für den Allerhand-Laden weder plan- noch finanzierbare Investition. Obwohl die Weihnachtsaktion vorrangig Einzelpersonen unterstützt, bittet sie deshalb um Spenden, auch im Sinne der fast 20 Menschen, die dort eine Perspektive erhalten.
So können Sie spenden
Die Spendenaktion „Freude für alle“ des Verlags Nürnberger Presse (VNP) unterstützt seit über 50 Jahren bedürftige Alleinstehende und Familien in unserer Region. Dafür stellen wir in der Vorweihnachtszeit beispielhafte Einzelschicksale vor. Helfen auch Sie mit einer Spende!
- Hier können Sie über Paypal spenden
- Konto bei Sparkasse Nürnberg: IBAN: DE 63 7605 0101 0001 1011 11
- Konto bei Sparkasse Fürth: IBAN: DE 96 7625 0000 0000 2777 72
- Konto bei Sparkasse Erlangen: IBAN: DE 28 7635 0000 0000 0639 99
Spendenquittungen stellen wir ab 300 Euro aus, bitte hierfür die vollständige Adresse hinterlassen.
Möchten Sie gezielt für ein in der Vorweihnachtszeit vorgestelltes Einzelschicksal sowie vergleichbare Fälle spenden, nennen Sie bitte im Verwendungszweck die entsprechende Fallnummer.
Wenn Sie im Überweisungszweck das Stichwort "Veröffentlichung" angeben, werden wir Ihren Namen, Ihren Wohnort und die Spendensumme in den gedruckten Zeitungen und E-Paper-Ausgaben des VNP veröffentlichen. Sie haben die Möglichkeit, Ihre Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO für diese Veröffentlichung für die Zukunft zu widerrufen.
Weitere Informationen zum Datenschutz und Antworten auf häufige Fragen zu unserer Weihnachtsaktion „Freude für alle“ finden Sie unter www.vnp.de/ffa
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