Fall 24 von "Freude für alle"

Teures Hilfsmittel: Besondere Weste soll kleiner Nürnbergerin helfen, unbeschwert durchzuschnaufen

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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8.12.2023, 18:00 Uhr
Michelle, 9 Jahre alt, benötigt eine "Vibra Vest", um die Atmung zu erleichtern und gefährliches Sekret zu lösen. 

© Jane Dubrikow/Blindeninstitut Rückersdorf, NNZ Michelle, 9 Jahre alt, benötigt eine "Vibra Vest", um die Atmung zu erleichtern und gefährliches Sekret zu lösen. 

Die kleine Michelle ist ein, wie es so schön heißt, aufgewecktes Kind. Als es zum Beispiel ans Plätzchenbacken ging, war sie mit ihrem strahlenden Lachen unablässig dabei und steckte mit ihrer Fröhlichkeit auch andere in ihrer Gruppe an. Betreut wird sie in der Schule und Tagesstätte der Blindeninstitutsstiftung am Dachsberg in Rückersdorf. Täglich wird sie von einem Fahrdienst in Nürnberg abgeholt und wieder nach Hause gebracht.

Wie alle Kinder hier ist Michelle von einer Mehrfachbehinderung betroffen und auf den Rollstuhl angewiesen. Bei ihr sind vor allem der linke Arm und die Hand von einer starken Spastik und Versteifungen betroffen, mit der rechten Hand kann sie noch Dinge greifen. Um sich verständlich zu machen, müssen Laute und Blicke genügen. "Wenn sie sprechen könnte", meint eine Betreuerin, "würde es nur so aus ihr heraussprudeln. Und was andere sagen, versteht sie alles".

Leidenschaft für Hörbücher

Und so nimmt sie lebhaften Anteil an allem, was um sie herum passiert, und lässt sich leidenschaftlich gern mit Hörbüchern unterhalten. "Wenn von der Familie die Rede ist, schaut sie ganz neugierig", berichtet die Pädagogin weiter, "und auch wenn sie über eine Sonde ernährt werden muss, sitzt sie gerne mit am Tisch. Dabeisein und gemeinschaftliche Aktivitäten sind für sie einfach alles."

So nimmt sie tägliches Neues wahr. Nur Kameras scheine sie nicht zu mögen, verrät Jane Dubrikow, die sich in der Einrichtung um die Medienarbeit kümmert. Wie schön, dass trotzdem ein Bild von der Neunjährigen mit ihrem Lachen gelungen ist. Was ihr aber zu schaffen macht, womöglich sogar gefährlich werden kann, sind häufige Atemwegs- und Lungeninfekte, vor allem im Winterhalbjahr. Dann bildet sich zähes Sekret - und es gelingt ihr nur mit größter Mühe, es abhusten.

Vielversprechende Probephase

Eine wirksame Hilfe gibt es durchaus: eine "Vibra Vest". Ähnlich einer Schwimmweste wird sie um den Oberkörper gelegt - und hilft auf ihre Weise zum Überleben. Denn sie bewirkt mit sanften Vibrationen eine Lockerung, das erleichtert das Abhusten und beugt letztlich einem Ersticken vor. Zudem werden Durchblutung und Lymphfluss angeregt. Mehrere Tage durfte Michelle ein Testgerät schon ausprobieren, auch im häuslichen Umfeld; schon nach kurzer Anwendung zeigte sich die erwünschte und erhoffte Wirkung.

Aber für eine feste Anschaffung fehlen der Familie die Mittel, ebenso dem Blindeninstitut. Und die zuständige Pflegekasse habe die Finanzierung ebenso abgelehnt, bedauert Daniel Boldt, der Leiter der Einrichtung am Dachsberg. Jedes Exemplar schlägt, wie viele medizinische Hilfsmittel, mit mehreren tausend Euro zu Buche.

Das Team der medizinischen Therapie im Blindeninstitut hat eine Anschaffung nach der Probephase empfohlen, um eine dauerhafte Nutzung zu ermöglichen. Deshalb will die Weihnachtsaktion dem Mädchen - und vielleicht sogar noch weiteren Kindern im Blindeninstitut - zu einer solche Weste verhelfen.

In der täglichen Arbeit erfahren die Physio- und Ergotherapeuten immer aufs Neue, wie komplex die Anforderungen bei starken Einschränkungen sind. Körperfunktionen, die für die meisten Menschen selbstverständlich sind, sind es für die Klientinnen und Klienten hier eben nicht. Dabei kommen neben den Therapien auch verschiedenste Hilfsmittel zum Einsatz, die die Atmung, Verdauung, das Training der Muskulatur und weitere Funktionen unterstützen.

Update im Januar 2024: Ihr herzliches, gewinnendes Lachen hatte viele berührt und angesteckt: Im Blindeninstitut in Rückersdorf erhielt Michelle, ein oft von Atemwegsproblemen geplagtes Mädchen mit schweren Behinderungen, eine passende Förderung. Die Aktion "Freude für alle" wollte das noch unterstützen: Sie stellte ihr Schicksal im Dezember als "Fall 24" vor - und bat um Spenden für die Anschaffung einer "Vibra Vest". Doch nun mussten sich die Familie und auch die Betreuer im Blindeninstitut ganz überraschend von Michelle verabschieden. Die traurige Nachricht erreichte viele Leserinnen und Leser durch eine Todesanzeige der Familie. Auch die Weihnachtsaktion ist tief betroffen. Die für "Fall 24" zweckgebundenen Spenden kommen selbstverständlich den Kindern und Jugendlichen im Blindeninstitut zugute. "Das ist ganz sicher auch im Sinne von Michelle", ließ der Vater ausrichten. Auf Wunsch sind aber grundsätzlich Rücküberweisungen möglich, wenn Spenden "nur" für Michelle bestimmt gewesen sein sollten.

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