Neuer Kurzführer
Peterskirche in Nürnberg: Bewegte Bau- und Kunstgeschichte
29.11.2021, 16:37 UhrSie steht wie Fels in der Brandung an einer der verkehrsreichsten Kreuzungen im Nürnberger Südosten: Seit über 120 Jahren begrüßt die große evangelisch-lutherische Pfarrkirche St. Peter die Menschen, die in Richtung Stadtmitte wollen. Nur wenige Meter entfernt versteckt sich die gotische Peterskapelle hinter großen Häuserfronten in einer Senke. Die Geschichte und die Kunstwerke der beiden Gotteshäuser beleuchtet ein kleines Büchlein aus dem auf Kirchenführer und Kunstbände spezialisierten Verlag Schnell und Steiner.
Bereits Mitte des 15. Jahrhundert stiftete der Patrizier Gabriel Tetzel das erste kleine Gotteshaus in direkter Nachbarschaft zu einem Sichkobel, in dem an Lepra erkrankte Frauen lebten, die wegen der Ansteckungsgefahr vor die Tore der Stadt verbannt worden waren. "Die Leprakranken verfolgten die Messen von der Empore, unten war Platz für Bewohner von Herrensitzen aus der Umgebung", berichtet Gesa Büchert, die das Buch geschrieben hat.
Sachlich und versiert informiert die promovierte Historikerin über die Geschichte des Kirchleins, das um 1700 im Stil des Barocks umgestaltet wurde. Spannendes weiß sie auch über die Kunstwerke zu berichten: So wurde bei Restaurierungsarbeiten des Drei-Königs-Altars einer gotischen Bemalung aus der Entstehungszeit der Kirche gefunden.
Wachsende Gemeinde
Im Zuge der Industrialisierung wuchs Nürnberg und damit auch die Gemeinde St. Peter. Das kleine Gotteshaus platzte im 19. Jahrhundert aus allen Nähten. Es dauerte aber noch bis 1901, bis die Südstädter ihre neue Kirche in der Nähe der alten Kapelle einweihen konnten.
Mit dem Bau wurde der Architekt Josef Schmitz beauftragt, der sich – ganz im damaligen Zeitgeist – an den historischen Vorbildern in der Altstadt inspirieren ließ. "Unsere Turmhaube erinnert an die von St. Sebald und St. Lorenz", sagt Büchert, die selbst Gemeindemitglied und im Kirchenvorstand von St. Peter ist. Aber es ist gibt auch Besonderheiten: So ist der Bau nicht, wie sonst oft üblich, nach Osten, sondern nach Westen ausgerichtet. "Der Grund warum die Kirche ,falschherum‘ gebaut wurde, hatte städtebauliche Aspekte", erklärt die Historikerin, die an der Universität Erlangen-Nürnberg Didaktik der Geschichte lehrt und für das Kunstpädagogische Zentrum (KPZ) im Germanischen Nationalmuseum tätig ist.
Architekt Schmitz aus München kümmerte sich auch um die Innenausstattung – und bewies hier laut der Wissenschaftlerin ein gutes Händchen bei der Auswahl lokaler Handwerker. So übernahm der Nürnberger Steinmetzmeister Johann Göschel viele Steinmetz- und Bildhauerarbeiten und gestaltete die Kanzel und das achteckige Taufbecken.
Erinnerung an Kriegsgefallene
Auch wenn das Kircheninnere wunderbar stimmig und "aus einem Guss" wirkt, kamen einige Details später hinzu, etwa ein Gedenkschrein für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs: Hinter einer Metalltüre verbirgt sich in einer Säule ein Buch, in dem die verstorbenen Gemeindemitglieder mit Namen, Beruf und militärischem Rang verewigt sind. Für rund 550 zivile und militärische Opfer des Zweiten Weltkriegs wurde eine Kapelle im Eingangsbereich mit einem bunten Fensterbild geschaffen.
Heute ist St. Peter die Pfarrkirche für etwa 5900 Gemeindemitglieder. Die Identifikation mit den beiden Gotteshäusern und dem Friedhof sei groß, berichtet Pfarrerin Christine Rinka.
Spende für den Erhalt der Gotteshäuser
Die Gemeinde verkauft den neuen Führer zum Preis von fünf Euro, zwei Euro davon kommen dem Erhalt der Gebäude und Kunstwerke zugute. Bebildert ist das Büchlein mit sehr hochwertigen Aufnahmen des Bamberger Kunst- und Architekturfotografen Peter Eberts.
Kleiner Kunstführer Nr. 2940, Pfarrkirche St. Peter und Peterskapelle, Nürnberg, Verlag Schnell & Steiner, 1. Auflage 2021, 32 Seiten.