Vom Aussterben bedroht

Deshalb ist ein Luchs aus dem Nürnberger Tiergarten von Franken nach Thüringen gezogen

27.8.2024, 20:00 Uhr
Luchs Kilian aus dem Nürnberger Tiergarten lebt jetzt im Thüringer Wald.

© Alexander Sommer Luchs Kilian aus dem Nürnberger Tiergarten lebt jetzt im Thüringer Wald.

Ein Nürnberger Luchs streift nun durch den Thüringer Wald. Im Zuge des Artenschutzprojekts "Luchs Thüringen – Europas Luchse vernetzen" sind am Dienstag, 27. August, zwei Luchse ausgewildert worden, einer davon kam letztes Jahr im Tiergarten der Stadt Nürnberg zur Welt. Damit ist er in diesem Jahr bereits der zweite Luchs aus dem Tiergarten, der ausgewildert wurde. Das teilen der Tiergarten und die Stadt Nürnberg in einer Pressemeldung mit.

Der junge Nürnberger Luchs hat vor der Auswilderung den Namen Kilian bekommen. Gemeinsam mit Weibchen Vreni aus dem Schweizer Tierpark Langenberg, die zeitgleich ausgewildert wurde, folgt er nun zwei Luchsen, die bereits seit Mai 2024 in dieser Region leben.

Thüringens Umweltminister Bernhard Stengele sagt: "Ich bin froh über jeden Fortschritt dieses wegweisenden europäischen Projekts – sowohl über die weitere Auswilderung als auch über den ersten Luchsnachwuchs im Thüringer Wald. Unserem gemeinsamen Ziel einer gut vernetzten Luchspopulation in Deutschland und Mitteleuropa kommen wir Schritt für Schritt näher mit einer stabilen Luchspopulation im Thüringer Wald."

Luchsmännchen Kilian ist im Mai letzten Jahres im Tiergarten Nürnberg geboren. Mutter Desari hat ihn und seine beiden Geschwistern von Beginn an gut versorgt. Nach etwa einem Jahr waren die drei Luchsmännchen, auch Kuder genannt, dann bereit für den Umzug. Ein Jungtier ging an den Zoo Veszprém nach Ungarn, ein weiteres zog in den Nationalpark Harz und wurde vor kurzem im Westerzgebirge ausgewildert.

Der jetzt ausgewilderte Kuder Kilian kam im April in Hütscheroda an. Dort bezog er gemeinsam mit Luchsin Vreni zunächst ein eigens für die Auswilderung von Luchsen errichtetes sogenanntes Koordinationsgehege.

Beitrag zum Arterhalt und zur Wiederansiedlung

Jörg Beckmann, Biologischer Leiter und stellvertretender Direktor des Tiergartens, war bei der Auswilderungsaktion vor Ort. "Der Moment, in dem ein Tier nach monate-, manchmal jahrelanger Vorbereitung ausgewildert wird, gehört zu den absoluten Höhepunkten unserer Artenschutzarbeit. Dass wir nach mehr als 30 Jahren letztes Jahr wieder Luchsjungtiere hatten, ist ein großer Erfolg für den Tiergarten. Und dass wir mit dem Nachwuchs nun einen Beitrag zum Erhalt der größten Katzenart Europas und zu ihrer Wiederansiedlung in der Natur leisten können, freut uns umso mehr."

Naturnahes Gehege bietet ideale Voraussetzungen

Kilians Eltern, Desari und Yuri, stammen aus dem EAZA Exsitu Programm (EEP) für Karpatenluchse (Lynx lynx carpathicus). Sie wurden vor der Zucht genetisch auf ihren Unterartenstatus getestet, damit nur geeignete Luchse ausgewildert werden. Ihr Nachwuchs wuchs in Nürnberg in einem 1850 Quadratmeter großen Gehege auf, das 2014 neu angelegt wurde.

Vor der Auswilderung konnte sich Kilian noch in einem entsprechenden Gehege langsam an sein neues Leben gewöhnen.

Vor der Auswilderung konnte sich Kilian noch in einem entsprechenden Gehege langsam an sein neues Leben gewöhnen. © Alexander Sommer

Mit GPS-Sendern ausgestattet

Die beiden nun ausgewilderten Luchse wurden mit GPS-Halsbänder ausgestattet, um ihr Verhalten nach der Auswilderung zu überwachen. "Ein professionelles Monitoring ist bei Auswilderungsprojekten enorm wichtig. So lassen sich die ausgewilderten Tiere – auch ohne sie zu stören – überwachen und wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die für zukünftige Auswilderungsprojekte wichtig sein können", so Beckmann weiter. Im südlichen Thüringer Wald wurde kürzlich auch eine Luchsin mit Jungtieren von einer Wildkamera aufgenommen. Der unerwartete Luchsnachwuchs ist die erste nachgewiesene Luchs-Reproduktion im Thüringer Wald seit über 150 Jahren.

Gemeinsam mit ihren ausgewilderten Artgenossen können die jungen Luchse einen Grundstein für ein langfristig stabiles Luchsvorkommen im Thüringer Wald legen, so der Tiergarten. Weitere Infos zum Projekt "Luchs Thüringen – Europas Luchse vernetzen" gibt es unter www.luchsthueringen.de.

Wegen seiner weiten Verbreitung, die sich bis nach Nordostasien erstreckt, stuft die Weltnaturschutzunion (IUCN) den Eurasischen Luchs (Lynx lynx) aktuell als global "nicht gefährdet" ein. Er gilt aber in weiten Teilen Europas als ausgestorben und konnte nur lokal wiederangesiedelt werden. In Deutschland und der Schweiz wird der Luchs deshalb auf der nationalen Roten Liste als "stark gefährdet" beziehungsweise als "vom Aussterben bedroht" aufgeführt.

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