Folge 10

Abgründe Adventskalender: Das passiert, wenn Rechtsanwälte Straftaten begehen

Alicia Kohl

Redakteurin

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10.12.2024, 06:00 Uhr
Harald Straßner ist Rechtsanwalt, im Anwaltsgericht nimmt er aber die Position des Vorsitzenden Richters ein.

© vnp/Alicia Kohl Harald Straßner ist Rechtsanwalt, im Anwaltsgericht nimmt er aber die Position des Vorsitzenden Richters ein.

Wenn Anwälte oder eine Anwältinnen eine Straftat begehen, dann landen sie nicht nur vor dem Straf- oder Zivilgericht. Für sie gibt es zusätzlichdas Anwaltsgericht. "Früher hat es mal geheißen, dass man mit diesem Berufsgericht anstrebt, den Beruf des Rechtsanwalts reinzuhalten", sagt Harald Straßner. Eine Formulierung aus "grauen Vorzeiten", sagt er. Straßner ist Rechtsanwalt, im Anwaltsgericht wechselt er allerdings die Rollen. Dort ist er Vorsitzender Richter und urteilt über Kolleginnen und Kollegen.

Für unseren Adventskalender des True-Crime-Podcasts "Abgründe" schauen wir in 24 Folgen jeden Tag hinter eine sonst verschlossene Tür bei Polizei und Justiz. In der aktuellen, zehnten Episode schauen wir uns an, warum es für Anwältinnen und Anwälte ein zusätzliches Gericht gibt, welche Fälle dort verhandelt werden und wie es insgesamt abläuft.

Vor dem Anwaltsgericht müssen sich Anwältinnen und Anwälte verantworten, die - um bei altmodischen Formulierungen zu bleiben - "Schande über den Berufsstand des Rechtsanwalts" gebracht haben. Das bedeutet, dass sie ihre Position in irgendeiner Form missbraucht haben oder sich - als Anwalt oder Anwältin erkennbar - unangemessen verhalten haben. "Klassisch sind die Verfahren, bei denen ein Rechtsanwalt bei seiner Tätigkeit einen Fehler macht", erklärt Straßner, "Ganz typisch ist, dass er Geld für seinen Mandanten bekommt und eine lange Zeit nicht an seinen Mandanten ausbezahlt."

Sanktionen statt Strafen

Zusätzlich zu einem möglichen Straf- oder Zivilverfahren - oder sogar beides - muss der entsprechende Anwalt oder die Anwältin sich noch vor dem Anwaltsgericht verantworten. Verhandlungen dort laufen ähnlich ab wie gewöhnliche Verfahren, die Strafen sehen aber anders aus. Es sind nämlich keine Strafen, sondern Sanktionen in Richtung der Anwaltstätigkeit."Wir können einen Verweis oder eine Geldauflage erteilen, eine Geldbuße aussprechen", sagt Straßner. In Extremfällen drohen dann die schärfsten Sanktionen: Der Ausschluss aus einem bestimmten Rechtsgebiet, in dem der Anwalt oder die Anwältin folglich nicht mehr tätig sein darf, oder der Ausschluss aus der Anwaltschaft. "Das ist aber die wirklich seltenste Sanktion, das müssen schon schwere Verfehlungen sein." Die Karriere sei dann nämlich erstmal beendet.

In dieser Folge haben wir mit Harald Straßner darüber gesprochen, warum das Anwaltsgericht von Bedeutung ist und wie genau die Verhandlungen dort ablaufen. Außerdem erzählt Straßner, wie es für ihn ist, die Rollen im Gerichtssaal zu tauschen und dann als Vorsitzender Richter auch über Kolleginnen und Kollegen zu urteilen.

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