Kärnten im Herbst und Winter
Dynastie der Fischer: Darum ziehen sie am Millstätter See ganz besondere Exemplare aus dem Wasser
18.11.2024, 16:05 Uhr18 Reinanken hat Peter Sichrowsky in der vergangenen halben Stunde aus dem Netz gezogen und dabei den drei Familien, die ihn in Ruderbooten begleiten dürfen, viel über die Fischerei im Millstätter See erzählt. Bei Erwachsenen wie Kindern hat der Ururenkel des letzten k.u.k. Hoffischers dabei für so manches Aha-Erlebnis gesorgt. Denn die Reinankenfischerei ist etwas Außergewöhnliches und kann zudem auf eine lange Geschichte zurückblicken.
Mindestens zweimal pro Woche nimmt der Hotelier seine Gäste mit in die "größte Badewanne Österreichs", wie er die Besonderheit des Millstätter Sees anschaulich beschreibt. Vom Ufer aus geht es steil nach unten, 142 Meter ist der See maximal tief, 100 Meter beträgt die Wassertiefe im Durchschnitt, "ideal für die Reinanke, weil das Wasser ab 25 Meter Tiefe immer vier Grad kalt ist", erklärt Sichrowsky. Denn die Fische benötigen diese Kontinuität in ihrem Lebensraum, weil sie sich von Plankton, das weit unten im See treibt, ernähren.
Aus der Welt zurück nach Kärnten
Sichrowsky gehören mit dem Familienhotel Post und der Villa Postillon am See gleich zwei Betriebe, er kennt den See und die Welt gleichermaßen. Einige Jahre in Costa Rica und Moskau hat er verbracht und aus Russland seine Ehefrau Inna "aus der Anonymität der Großstadt in die Sippenhaft" nach Millstatt geführt, wie er halb scherzhaft, halb ernst berichtet.
Denn in der Heimat Sichrowskys dreht sich (fast) alles um den See - gleich zu welcher Jahreszeit. Die Fischerei pausiert nur kurz zwischen Dezember und Ende Februar, und Baden geht ohnehin immer. Wirklich? Ja, auch im Winter. Seinen Gästen bietet Sichrowsky nämlich Eisbaden an - und es finden sich immer Wagemutige, die sich nicht von den Wassertemperaturen abschrecken lassen.
Ganze acht Grad "warm" wird das Wasser Mitte März, dazu weht ein kalter Wind am Ufer. "Ihr werdet sehen, euch wird heiß", macht Andrea Pleschgatternig, Gesundheits- und Fitnesstrainerin im Postillon, den drei Erwachsenen und zwei Kindern Mut, die heute den Sprung ins kalte Nass wagen wollen.
Um es vorwegzunehmen: Trotz der vorbereitenden Atemübungen und trotz des fortwährenden Zuspruchs blieb es ein eiskaltes Vergnügen, Baden zu gehen - während auf den Bergen rund um den Millstätter See der Schnee glitzerte. Doch, und das ist überraschend, es kostete gar nicht so viel Überwindung. "Zack, rein, Untertauchen bis zum Hals, Kopf und Hände bleiben aus dem Wasser draußen", so lautet das leicht verständliche Regelwerk des neuen Trends, der eigentlich ein alter Hut ist.
Eisbaden ist ein alter Hut, der fit macht
Eisbaden ist gut für die Gesundheit, vielerorts wird es seit langem praktiziert. Dass nun auch die Alpen erobert werden, hat einen Grund, den Andrea Pletschgatternig nicht verschweigt: "Es schneit immer weniger, also suchen viele nach Alternativen."
In Millstatt mussten sie das schon immer, denn ein Winterhotspot ist der See nie gewesen. Allerdings auch kein schlechter Ausgangspunkt für diverse Aktivitäten: Zum Schneeschuhwandern, Tourengehen und Skifahren am Goldeck ist es ein Katzensprung, die Nockberge gelten bis Ostern als schneesicher.
Vormittags am Berg, nachmittags Eisbaden, keine schlechte Kombination für Familien im Winterhalbjahr. Und am nächsten Tag geht es in zwei bis drei Stunden mit dem Rad einmal um den See. Oder zu Fuß von Millstatt zum Zwergelsee, vorbei an einer sehr schönen Aussichtskanzel, die einen fantastischen Blick über den See ermöglicht.
Auf den See mit Peter Sichrowsky zu gehen, das sollte sich keiner seiner Gäste entgehen lassen. Schon allein, um Moritz kennenzulernen. Die Möwe zählt seit fünf Jahren zu den täglichen Begleitern, wohl wissend, dass für sie ein Leckerbissen abfällt.
Wie schmackhaft der am Morgen gefangene Fisch nicht nur für Möwen ist, davon können sich die Begleiter Sichrowskys am Abend beim Essen überzeugen: "Sauer eingelegtes Reinankenfilet auf Kräuterbeet" steht auf der Speisekarte. Spätestens jetzt wird klar, warum der Kaiser in früheren Zeiten die Reinanken frisch gefangen mit dem Zug über Nacht vom Millstätter See nach Wien an den Hof bringen ließ.
Mehr Informationen:
www.kaernten.at/seen/millstaetter-see
Anreise: Die kürzeste Anreise nach Millstatt erfolgt mit dem Auto über die Tauernautobahn (ab Nürnberg ca. 4 Stunden 30 Minuten) oder mit dem Zug nach Spittal (5 Stunden 15 Minuten) und dann mit dem Bus bis nach Millstatt.
Quartier: Wer im Hotel Post (www.familienhotelpost@com) untergebracht ist, kann mit Peter Sirchowsky zum Netzfischen rudern.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen