Bewegender Trip

Nach 45 Jahren: Mama und Sohn gehen nochmal auf Zeitreise ins oberfränkische Fichtelgebirge

21.11.2024, 15:40 Uhr
So fing alles an: Der Autor und seine Mutter um 1977 auf einer Bank bei Bischofsgrün im Fichtelgebirge. Damals fuhren die beiden jedes Jahr im Winter hierher, sie brachte ihm im Schnee das Schreiben und Rechnen bei. Zu ihrem 80. Geburtstag schenkte der Sohn der Mama ein paar Tage in Bischofsgrün - was hat sich seitdem dort alles verändert?

© Harald Niese So fing alles an: Der Autor und seine Mutter um 1977 auf einer Bank bei Bischofsgrün im Fichtelgebirge. Damals fuhren die beiden jedes Jahr im Winter hierher, sie brachte ihm im Schnee das Schreiben und Rechnen bei. Zu ihrem 80. Geburtstag schenkte der Sohn der Mama ein paar Tage in Bischofsgrün - was hat sich seitdem dort alles verändert?

Endlich hatte ich das persönlichste Geschenk, das ich meiner Mama zum 80. Geburtstag machen konnte. Einer Frau, die die Bescheidenheit in Person ist, die "eine Gesichtscreme" sagt, wenn man sie fragt, was sie sich denn wünscht. Dabei hat sie so viel mehr verdient - weil ich ihr so viel zu verdanken habe.

Auf dem Thiesenring bei Bad Berneck geht’s gemeinsam durch hellgrünen Buchenwald.

Auf dem Thiesenring bei Bad Berneck geht’s gemeinsam durch hellgrünen Buchenwald. © Matthias Niese

Bis ich 1980 in die Schule kam, quartierten wir uns stets im Februar in Frau Zeitlers kleiner Frühstückpension in Bischofsgrün ein, mit Frühstücksmarmelade aus winzigen Plastikbechern, einem Tischabfalleimerchen und Gästen aus West-Berlin, die mit dem "Bayern-Express"-Bus anreisten und gleich hinter der innerdeutschen Grenze im nächsten Mittelgebirge Süddeutschlands Urlaub machten.

Winter für Winter stapften wir zwei durch den Schnee am Ochsenkopf im für uns so nahen, aber schneesicheren Fichtelgebirge. Ich saß hinten auf dem Schlitten oder lief an ihrer Hand. Dann hockten wir auf einer Bank und sie schrieb mir Buchstaben, Ziffern und kleine Rechenaufgaben mit einem Stock in den Schnee. Auf diese liebevolle Art lernte ich von ihr lesen und schreiben.

Sie brachte mir auf Holzski das Skifahren bei: In den 1970er Jahren juckelte ein Zweier-Sessellift fast 20 Minuten hinauf auf den Gipfel, man gab uns beim Einstieg graue Filzdecken gegen den Frost. Auf dem Berg lag damals immer Schnee, auch ohne Schneekanonen. Wir rutschten gemütlich die zwei Kilometer lange Piste hinab und fuhren anderntags mit dem Bus nach Neubau – dort gab’s immerhin schon ein Schwimmbad, das vor ein paar Jahren abgebrannt ist.

Das hat sich vier Jahrzehnten im Fichtelgebirge alles verändert

Diese Urlaube haben mich geprägt, und obwohl ich viel herumgekommen bin, denke ich noch immer gern an diese Region – und fahre doch meist auf der A9 hinter Bayreuth daran vorbei. Was sich dort wohl alles getan hat? Ich buche ein Hotel mit Sauna, hole Mama daheim ab und wir fahren für fünf Tage nach Bischofsgrün - zur Spurensuche nach 45 Jahren!

Das Ortszentrum von Bischofsgrün.

Das Ortszentrum von Bischofsgrün. © Matthias Niese

Frau Zeitlers Frühstückspension gibt’s nicht mehr, aber den riesigen Schneemann aus Strohballen, den stellen sie noch immer Winter für Winter an den Ortseingang. Wir kommen im Frühling, meiner Mutti ist mit 80 eher nach Wärme.

Wir starten mit einer 10 Kilometer langen Wanderung ab Bad Berneck, die zu den schönsten Wanderungen Bayerns zählt - auf dem Thiesenring geht’s leicht auf und ab durch Buchenwald und über Lichtungen zu Aussichtspunkten, Bergwerken und Burgen ins Ölschnitztal. Diese Tour mit noch mehr Fotos haben wir für Sie aufgezeichnet, Sie können sie hier bequem nachwandern: www.komoot.com/de-de/tour/1547841490.

Blick von einem Aussichtspunkt am Thiesenweg ab Bad Berneck im Fichtelgebirge.

Blick von einem Aussichtspunkt am Thiesenweg ab Bad Berneck im Fichtelgebirge. © Matthias Niese

Die E48 zieht sich als Umgehungsstraße bergauf zum 676 Meter hoch gelegenen Bischofsgrün, seit 1992 Heilklimatischer Kurort. Einige der Gastwirtschaften, in die wir damals schon gingen, gibt’s teils unverändert noch immer, etwa die Hammerschmiede am Nordlift, den Jägerhof mit Biergarten oder den urigen und günstigen Gasthof Siebenstern mitten im Ort, gleich daneben liegt Puchtlers Deutscher Adler. Daneben servieren sie im Ristorante Tricolore Pizza. Auch andere Gasthöfe, Pensionen und Hotels haben aufgerüstet, etwa mit Wellness-Bereich. Einige servieren Burger oder Cocktails in der Lounge.

Die nagelneue Gondelbahn fährt im Winter und im Sommer

Heute muss niemand mehr 20 Minuten frieren, wenn er mit dem Lift auf den 1024 Meter hohen Ochsenkopf fährt - seit vergangenem Winter fährt die neue 10er-Gondelbahn in sieben Minuten hinauf, eine 25-Millionen-Euro-Investition, die im Winter 24/25 durch die Südbahn ergänzt wird und das Skigebiet zukunftssicher machen soll. Voraussetzung ist allerdings, dass Schnee liegt - die Schneekanonen können nur bei extremer Kälte künstlichen Schnee produzieren. Der Lift fährt aber das ganze Jahr und bringt Wanderer und Mountainbiker hinauf.

Diese hochmodernen Gondeln fahren jetzt auf den Ochsenkopf - im Winter, aber auch im Sommer für Wanderer und Mountainbiker. Ab der Saison 2024/25 kommt die neue Bahn von Süden dazu.

Diese hochmodernen Gondeln fahren jetzt auf den Ochsenkopf - im Winter, aber auch im Sommer für Wanderer und Mountainbiker. Ab der Saison 2024/25 kommt die neue Bahn von Süden dazu. © Matthias Niese

Rund um den Ochsenkopf hat sich viel Freizeitinfrastruktur etabliert: Langläufer finden ein Loipennetz, auch Skifahrer schwingen auf der Maria Alm an der Nordpiste zur Einkehr ein, Familien sausen auf dem Alpine Coaster hinab, ganz in der Nähe gibt es einen Klettergarten und das neue, schicke BLSV Sportcamp. Fahrrad- und Wanderbusse verbinden zusätzlich am Wochenende die Orte der Region, mit der Gästekarte kann vieles gratis genutzt werden.

Nach einem Ochsenhopf runter vom Ochsenkopf

Wir fahren mit der neuen Gondel bequem auf den Ochsenkopf, trinken am Asenturm ein in einer Bischofsgrüner Kommune gebrautes Ochsenhopf-Bier und laufen dann über die Weißmainquelle und den Weißmainfelsen über steinigen und wurzeligen Pfad hinab bis ins Waldgasthaus Karches am See. Von dort stolpern wir über die knorrigen Wurzeln immer den jungen Main entlang, laufen unter der Sprungschanze, der Skipiste und dem Lift hindurch nach Bischofsgrün zurück - ein wunderbar entspannter Wandertag. Die Strecke finden Sie ebenfalls hier zum Nachwandern: www.komoot.com/de-de/tour/1549665195

Das Wetter wird schlecht, die eigentlich geplante Wanderung fällt ins Wasser. Egal: Oberhalb von Fichtelberg besuchen wir nahe der Bleaml-Alm das Besucherbergwerk Gleißinger Fels, vor ein paar Jahren wurde es völlig neu gestaltet. Mit dem Grubenhelm auf dem Kopf laufen wir durch handgeschlagene, über 500 Jahre alte Stollen, in denen das Erz im Gestein funkelt und glitzert, gehen vorbei an einem 40 Meter tiefen, senkrechten Schacht und einem unterirdischen Wasserfall in riesige Abbauräume.

Den Nachmittag füllt locker das Deutsche Fahrzeugmuseum in Fichtelberg, auf drei Gebäude und ein Freigelände verteilen sich über 700 außergewöhnliche Autos, Motorräder, Traktoren und vieles mehr - darunter Klassiker wie der seltene Flügeltüren-Mercedes SL 300 oder das letzte Zündapp-Moped.

Im Fahrzeugmuseum Fichtelberg werden klassische, aber auch seltene Motorräder gezeigt.

Im Fahrzeugmuseum Fichtelberg werden klassische, aber auch seltene Motorräder gezeigt. © Matthias Niese

Der Regen hält an - wir schwimmen in der hochmodernen Siebenquell Therme in Weißenstadt, trinken in der warmen Lagune einen Cocktail an der Poolbar, haben Spaß bei den Aufgüssen in einer der acht Saunen und schweben schwerelos wie im Toten Meer in einem der Salzbecken.

In diesem Becken schwimmen Sie wie im Toten Meer - der Salzgehalt ist ähnlich hoch. Dazu gibt es hier eine Klang- und Lichtshow - und zwar im Siebenquell-GesundZeitResort in Weißenstadt, Fichtelgebirge.

In diesem Becken schwimmen Sie wie im Toten Meer - der Salzgehalt ist ähnlich hoch. Dazu gibt es hier eine Klang- und Lichtshow - und zwar im Siebenquell-GesundZeitResort in Weißenstadt, Fichtelgebirge. © Siebenquell-GesundZeitResort

Vier Tage sind wir nun schon da und haben so viel Neues entdeckt. Singles, Paare und Familien könnten locker eine Woche hier verbringen, ohne sich zu langweilen. Wir besuchen auf dem Heimweg den Wildpark in Mehlmaisel und schauen den Frischlingen beim Herumspringen zu und sehen, wie der Luchs die Wildkatze jagt - Tiere, denen man hier auch im wilden, felsigen Wald begegnen könnte.

Rotwild im Wildpark Mehlmeisel.

Rotwild im Wildpark Mehlmeisel. © Matthias Niese

Mehr Informationen:

Tourismuszentrale Fichtelgebirge, www.fichtelgebirge.bayern, Tel.: 09272 969030,

Anreise: Mit dem Auto ab Nürnberg 110 km via A9/Bayreuth, mit dem Zug und Bus ca. 2 Stunden via Bayreuth. Das Fichtelgebirge gehört seit 2024 zum Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) und ist so noch einfacher und günstiger zu erreichen.

Beste Reisezeit: Sommer wie Winter

Unterkunft: Puchtlers Deutscher Adler in Bischofsgrün, www.puchtlers.de, Tel.: 09276 92606-0, alternativ: Womo-Stellplatz Fichtelpark, fichtelpark.de, Tel.: 0179 - 411 4447

Wellness und Baden: Therme Siebenquell in Weißenstadt, www.siebenquell.com, Tel.: 09253 / 95460-0, Womo-Stellplatz vor der Therme, ebenso ein Hotel

Nach dem Start in Bad Berneck geht’s tief hinein ins Fichtelgebirge. Das sind die Orte, die wir besuchen werden.

Nach dem Start in Bad Berneck geht’s tief hinein ins Fichtelgebirge. Das sind die Orte, die wir besuchen werden. © gute reise Infografik

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