Benziner und Diesel belasten, E-Autos entlasten

Strafsteuer: Zahlen Verbrenner bald den E-Auto-Bonus?

Ulla Ellmer

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13.1.2024, 10:05 Uhr
Eine CO2-basierte Neuzulassungssteuer würde den Kauf eines Benziners oder Diesels de facto verteuern.

© Engin Akyurt/pixabay Eine CO2-basierte Neuzulassungssteuer würde den Kauf eines Benziners oder Diesels de facto verteuern.

Als die Bundesregierung am 17. Dezember 2023 den Umweltbonus für Elektroautos jäh gestoppt hat, waren Entsetzen und Unmut groß. Nicht nur bei den betroffenen Fahrzeugkäufern, sondern nahezu in der gesamten Autobranche. Viele Hersteller zahlen die Förderbeträge zwar zumindest vorerst aus eigener Tasche weiter. Dennoch steht die Befürchtung im Raum, dass das Subventions-Aus das zarte Pflänzchen der Elektromobilität zunächst einmal zertritt.

Naheliegende Lösung

Nicht verstummen wollen die Stimmen, die nach einer Wiederaufnahme der staatlichen Hilfe oder einem Nachfolgemodell rufen. Allein, es fehlt das Geld, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik steckt die Bundesregierung bekanntlich in einer Finanzkrise. Nun wird eine Lösung diskutiert, die ebenso simpel wie naheliegend erscheint und mit deren Umsetzung mancher Branchenkenner deshalb schon seit geraumer Zeit rechnet: Ein Bonus-Malus-System, das Verbrenner belastet und Elektroautos entlastet. Kurz: Die Halter von Benzinern und Dieseln sollen die Subvention der E-Mobilität mit einer Art Strafsteuer bezahlen.

Schon 2022 hat Stefan Bratzel, Gründer und Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, gegenüber den Nürnberger Nachrichten für diese Idee plädiert. Auch Greenpeace hat sich bereits für sie ausgesprochen, ebenso wie das Umweltbundesamt (UBA) in einem 2021 veröffentlichten Positionspapier. Aktuell ist der Gedanke vom UBA-Präsidenten Dirk Messner wieder aufgegriffen worden. „Das Umweltbundesamt plädiert für ein Bonus-Malus-System. Je höher der CO2-Ausstoß eines Autos, desto größer sollte die steuerliche Belastung sein“, sagte Messner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Mit den Einnahmen könne man – möglicherweise einkommensabhängig - den Kauf eines kleineren und mittleren E-Autos gegenfinanzieren.

Schon jetzt ist der CO2-Ausstoß eine relevante Größe bei der Kfz-Steuer. Autos, die viel emittieren, werden höher besteuert, jene mit geringem Ausstoß weniger. Für Elektroautos fällt zehn Jahre lang überhaupt keine Kfz-Steuer an. Allerdings ist diese Regelung bis zum 31. Dezember 2030 befristet. Wer heute einen Stromer kauft, profitiert also nicht mehr in vollem Umfang von der Steuerbefreiung.

Klimazuschlag bei der Erstzulassung

Ein neues Bonus-Malus-System müsste Verbrenner aber noch stärker belasten als jetzt. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste: Die jährlich anfallende Kfz-Steuer würde deutlich steigen. Das beträfe dann auch Bestandsfahrzeuge, von denen gerade die älteren oder ganz alten vergleichsweise viel CO2 in die Umwelt entlassen. Die zweite Möglichkeit: Für Verbrenner-Neufahrzeuge würde im ersten Zulassungsjahr eine Art Klimazuschlag oder Neuzulassungssteuer erhoben. Das ist es offensichtlich auch, was dem Umweltbundesamt vorschwebt. „Einmalzahlungen beim Kauf eines Pkw haben einen größeren Effekt als jährliche Kfz-Steuern“, heißt es in der Analyse aus dem Oktober 2021. Und: „Bei einem Bonus-Malus-System finanzieren nicht alle Steuerzahlenden den Kauf von E-Pkw, sondern nur diejenigen, die sich einen CO2-intensiven Neuwagen leisten können“. Dies sei ein sozialverträglicher Weg.

Ein Bonus-Malus-System soll Elektroautos begünstigen und zulasten von Benzinern und Dieseln gehen.

Ein Bonus-Malus-System soll Elektroautos begünstigen und zulasten von Benzinern und Dieseln gehen. © Toyota

Eine vergleichbare, CO2-basierte Neuzulassungssteuer, die den Kauf eines Verbrenners de facto verteuert, gibt es in anderen Ländern bereits, in Frankreich beispielsweise, Großbritannien, Schweden oder den Niederlanden. In seinem 2021er-Positionspapier schreibt das Umweltbundesamt zur Steuerungswirkung: „Seit der Einführung 2008 in den Niederlanden sind die durchschnittlichen CO2-Emissionen neu zugelassener Pkw innerhalb von 10 Jahren um 32 Prozent gesunken, während der Rückgang im EU-Durchschnitt nur bei 22 Prozent und in Deutschland bei 23 Prozent lag“. Allerdings ist in Ländern wie den Niederlanden oder Norwegen die Elektromobilität samt Infrastruktur auch schon früher als bei uns subventioniert beziehungsweise ausgebaut und damit attraktiv gemacht worden.

Bis zu 60.000 Euro Strafsteuer

Spürbar verschärft wurde die „Strafsteuer“ seit Jahresbeginn 2024 in Frankreich. Dort kennt man den „malus écologique“, einen Öko-Malus also, der einmalig bei der Erstzulassung eines Pkw kassiert wird und letztlich denjenigen zugute kommt, die sich ein Elektroauto kaufen, dann als „bonus écologique“. Der Malus richtet sich nach dem CO2-Ausstoß und ist in Gramm-Schritten gestaffelt. Die Untergrenze liegt bei 118 g/km gemäß WLTP-Norm und 50 Euro. Das ist noch nicht viel. Doch schon ab 141 g/km werden 1074 Euro fällig, ab 172 g/km 10.692 Euro und über 193 g/km nahezu unfassbare 60.000 Euro.

Um das verbrauchstechnisch einzuordnen: 118 g/km entsprechen einem Verbrauchsschnitt von knapp 5 Litern Benzin oder 4,5 Litern Diesel pro 100 Kilometer. Bei 172 g/km sind es 7,2 beziehungsweise 6,5 Liter, beim 60.000-Euro-Tarif von 194 g/km 8,1 respektive 7,3 Liter. Man redet also nicht von maximal durstigen Spritsäufern.

"SUV-Steuer" als Gewichtszuschlag

Schon einen Opel Corsa mit kleinster 75-PS-Motorisierung ereilt nun ein Steuerzuschlag von 100 Euro. Der Käufer eines BMW X3 XDrive 30i kommt nicht unter rund 11.800 Euro davon. Und ein Audi A3 Sportback, der als sportlicher S3 in Frankreich rund 59.000 Euro kostet, verteuert sich um rund 28.500 Euro. Und das ist nicht alles: Auf Verbrenner, die 1600 Kilogramm oder mehr wiegen, erhebt Frankreich eine "SUV-Steuer" - jedes Kilo zuviel kostet bei der Neuzulassung des Fahrzeugs einmalig zehn Euro.

Um es klarzustellen: Noch handelt es sich bei der wie immer gearteten "Strafsteuer" für Verbrenner in Deutschland nur um eine Idee, nicht etwa um einen Gesetzesentwurf. Freunde unter dem Gros der Autofahrer dürfte sich die Ampelregierung mit einer solchen Regelung vermutlich nicht machen. Ob sie tatsächlich kommt, bleibt abzuwarten. Doch unwahrscheinlich scheint es nicht.

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