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Euro 7: Was Sie über die neue Schadstoffnorm wissen müssen

Ulla Ellmer

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11.6.2023, 11:45 Uhr
Die kommende Schadstoffnorm Euro 7 beschäftigt sich nicht nur mit dem, was aus dem Auspuff kommt.

© Marijan Murat/dpa Die kommende Schadstoffnorm Euro 7 beschäftigt sich nicht nur mit dem, was aus dem Auspuff kommt.

Euro 7 – was heißt das?

Gemeint ist die neue, verschärfte Schadstoffnorm für Pkw und Lkw. Schadstoffklassen kennt die EU seit 1992. Damals wurde Euro 1 eingeführt. Seit 2014 ist Euro 6 Pflicht, seit 2020 die Variante Euro 6d-ISC-FCM. Für Nutzfahrzeuge galt bislang ein eigenes Regelwerk (derzeit Euro VI), künftig sollen die Grenzwerte in einem einzigen Vorschriftenkatalog – eben Euro 7 – zusammengefasst werden.

Wann kommt Euro 7?

Die Europäische Kommission will die strengere Norm im Juli 2025 in Kraft setzen, schwere Nutzfahrzeuge sollen 2027 an der Reihe sein. Zuerst muss Euro 7 von neu entwickelten Fahrzeugen erfüllt werden, die eine Typengenehmigung anstreben. Zwei Jahre später dürften die Grenzwerte für jedes neu zugelassene Fahrzeug bindend sein.

Was ändert sich beim Schadstoffausstoß?

Unter anderem, dass Pkw künftig nur noch 60 mg Stickoxid pro Kilometer emittieren dürfen. Bei Benzinern ist das schon jetzt so, Diesel müssen den NOx-Ausstoß aber von 80 mg/km herunterregeln. Dafür sollen Ottomotoren ihre Kohlenmonoxid-Emissionen auf jetziges Diesel-Niveau (500 mg/km) halbieren. Sonderlich dramatisch ist das nicht. Außerdem werden Ammoniak-Limits und solche für Partikelemissionen aus Bremsen- und Reifenabrieb eingeführt.

Die verschärften Grenzwerte sollen nicht nur im Labor, sondern auch im Realbetrieb auf der Straße eingehalten werden müssen. Bislang gab es den sogenannten Konformitätsfaktor, der Abweichungen gestattete. Damit macht Euro 7 Schluss.

Warum sind auch Elektroautos betroffen?

Weil von ihnen ebenfalls Bremsen- und Reifenabrieb ausgeht – unter Umständen sogar mehr als von Verbrennern, denn wegen ihrer Akkus sind E-Autos vergleichsweise schwer. Außerdem will die EU-Kommission eine Mindesthaltbarkeit für die Antriebsbatterie vorschreiben. Demnach muss sie – übrigens auch bei Hybriden und Plug-in-Hybriden – nach fünf Jahren oder 100.000 Kilometern noch mindestens 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität aufweisen, nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern werden noch 70 Prozent eingefordert. Das entspricht allerdings dem, was die meisten Hersteller schon jetzt an Garantie geben.

Was bezweckt die EU?

Neben einer Verbesserung der Luftqualität und Erfolgen im Kampf gegen den Klimawandel auch eine effektivere Kontrolle, was die Umsetzung der Vorschriften durch die Industrie betrifft. So sollen mithilfe digitaler Möglichkeiten Manipulationen ausgeschlossen werden. Zudem wird die Einhaltung der Grenzwerte länger kontrolliert - bis zu einer Laufleistung von 200.000 Kilometern sowie einem Pkw- und Lieferwagenalter von zehn Jahren. Das kommt gegenüber EU 6 jeweils einer Verdoppelung gleich.

Werden Autos dann teurer?

Davon ist auszugehen. Über das Ausmaß eventueller Kostensteigerungen gehen die Meinungen jedoch auseinander. Da sich die neuen Schadstoffgrenzwerte nicht allzu weit von den aktuellen entfernen und moderne Euro-6d-Fahrzeuge bereits mit verhältnismäßig aufwändigen Abgasreinigungssystemen arbeiten, denkt die EU-Kommission, dass Pkw-Kunden im Schnitt nur 90 bis 150 Euro mehr für ihr Auto bezahlen müssen.

Eine Studie des britischen Beratungsunternehmens „Frontier Economics“, die der europäische Verband der Automobilhersteller (ACEA) in Auftrag gegeben hat, kommt hingegen auf bis zu 2629 Euro ann Mehrkosten. Außerdem moniert ACEA-Generaldirektorin Sigrid de Vries, dass indirekte Kosten – etwa durch höheren Kraftstoffverbrauch – nicht berücksichtigt würden.

Tatsächlich dürfte die neue Norm ausgerechnet viele der eigentlich vergleichsweise sparsamen Kleinwagen das Leben kosten. Laut VW-Markenchef Thomas Schäfer könnte der Polo um bis zu 5000 Euro teuer werden. Das würde ihn preislich unattraktiv machen. Deshalb wird der kleine Kompakte wohl ebensowenig einen Nachfolger bekommen wie seine Geschwister Skoda Fabia und Audi A1; für den Mitbewerber Kia Rio ist das Aus bereits beschlossene Sache. Oft geht es nicht nur um das, was aus dem Auspuff kommt. Der Skoda-Vorstandsvorsitzende Klaus Zellmer hat gegenüber der Fachzeitschrift auto, motor und sport erklärt, dass für den Fabia – Stichwort Bremsenabrieb – erst eine ganz neue Bremsanlage entwickelt werden müsse. Vor dem Hintergrund der bereits in die Wege geleiteten Umstellung des Angebots auf Elektrisches lohnt sich das offensichtlich nicht mehr.

Was meinen die Automobilhersteller?

Sie sträuben sich. Hildegard Müller, Präsidentin des deutschen Verbands der Automobilindustrie (VDA), hält das „Timing für nicht darstellbar“ und fordert Verbesserungen, der Vorschlag der EU-Kommission setze „nicht auf Ausgewogenheit und Machbarkeit, sondern auf unrealistische Extrem-Ziele“. ACEA-Generaldirektorin de Vries wiederum erklärt, dass die Auswirkungen von Euro 7 auf Umwelt und Klima gering seien, die Kosten aber hoch. Sinnvoller sei es, die Gelder in die Transformation hin zur Elektromobilität zu investieren.

Wie sehen das Umweltverbände?

In ihren Augen werden die Vorschriften gegenüber Euro 6 zu wenig verschärft. „Es ist völlig unverständlich, warum die Kommission mit so laxen Grenzwerten mithilft, Autos unnötig dreckig zu belassen“, erklärt Tobias Austrup, Verkehrsexperte von Greenpeace.

Wie sicher ist der Juli 2025?

Acht EU-Staaten, darunter Frankreich und Italien, nicht aber Deutschland, haben bereits ihren Widerstand gegen Euro 7 formuliert. Gemeinsam hätten die Acht genug Stimmen, um den Vorschlag im Ministerrat zu blockieren. Mit Verzögerungen ist also durchaus zu rechnen.

Wie geht es nach Euro 7 weiter?

Ab 2035 gilt in der EU mehr oder weniger ein Verbrenner-Verbot, viele Hersteller wollen schon deutlich früher keine Benziner und Diesel mehr anbieten und ganz auf E-Autos umstellen. Verbrennerspezifische Grenzwerte dürften damit sowieso zunehmend obsolet werden.

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