Frisch an der Musikhochschule
Sieht aus wie ein Oktopus: Nürnbergs nagelneue Baldachinorgel
1.11.2023, 14:55 UhrSie ist kompakt, hat Räder und verbirgt einen tönenden Kern: Die neue Orgel der Musikhochschule sieht auf den ersten Blick ungewöhnlich aus, doch handelt es ich dabei um eine klassische mechanische Schleifladenorgel.
Gebaut wurde das Instrument von Juni 2022 bis Juli 2023 in der Werkstatt von Orgelbaumeister Johannes Rohlf in Neubulach (Landkreis Calw in Baden-Württemberg). Ihm war es wichtig, dass die besondere Bauform Rücksicht nimmt auf das architektonische Umfeld der verschiedenen Einsatzorte und als Teil der Innenarchitektur wahrgenommen wird.
Ja, sie wiegt schwer
"Dank ihrer maschinellen Struktur kann sie in ihrer Gestaltung schier wie ein Oktopus verändert werden", beschreibt er das Instrument. "Die Nürnberger zweimanualige Baldachinorgel mit 12 klingenden Pfeifenreihen hat eigene Räder, mit der sie auch durch normale Wohnungstüren geschoben werden kann. Sie kann sie somit ihren Standort wechseln wie ein Konzertflügel und wiegt auch nicht mehr als dieser (455 kg)".
Um dieses Gewicht nicht zu überschreiten und Platz für die Pfeifenmaße zu gewinnen, wurden die größten 12 Pfeifen des gedeckten 16-Fuß und des offenen 8-Fuß-Registers aus 5 mm dünnem Eichenvollholz gebaut und in zwei Stößen im Zentrum der Orgel nebeneinander aufgestapelt. Wegen der Instabilität des Metalls war der herkömmliche Bau mit Zinnpfeifen nicht möglich.
Für dieses Orgelkonzept gibt es keine wirklichen Vorbilder. Eine ähnliche Chororgel (gebaut 1693), allerdings einmanualig, ist in der Kirche St. Martin in Mönchsdeggingen, zu finden. Im Kloster Rheinau im Kanton Zürich existiert ein ähnliches Instrument mit niedriger Bauhöhe.
Die Orgel-Studierenden an der Hochschule freuen sich nun besonders: Fand bisher der Orgelunterricht zu einem großen Teil in der Kirche St. Jobst statt, kann zukünftig weitestgehend in der Hochschule unterrichtet werden. Dort war bisher zwar auch ein Instrument vorhanden, dieses verfügt aber nur über vier Register und ist zudem sehr anfällig für Mängel.
Großzügige Spende
Der Bau dieser außergewöhnlichen Orgel wurde von der Zukunftsstiftung der Sparkasse Nürnberg großzügig mit 120.000 Euro unterstützt, was einem bedeutenden Anteil der Anschaffungskosten entspricht.
Historisch betrachtet gibt es Orgel-Maschinen schon seit dem 3. Jahrhundert v. Chr., erstmals gebaut "von dem ideenreichen Ingenieur Ktesibios aus Alexandrien für seine begabte Gattin Thaȉs" - so steht es im Neujahrsblatt 1972 von Orgelbau Kuhn.
Einweihungskonzert am Freitag, 17. November 2023, 19.30 Uhr.
Mitwirkende: Klasse Prof. Markus Willinger und Gäste an der Hochschule für Musik Nürnberg, Veilhofstraße 34. www.hfm-nuernberg.de
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen