Duo folgt Harry Scheuenstuhl nach
Wie im Bund: Die Landkreis-SPD hat eine Doppelspitze
27.3.2022, 13:41 UhrEine Versammlung in einem Wirtshaussaal – und das mitten in der Pandemie, angesichts kontinuierlich und massiv steigender Inzidenz? Harry Scheuenstuhl zeigte sich da am Freitag auf FN-Nachfrage noch ganz gelassen. Doch als die Delegierten der SPD-Kreiskonferenz für den Landkreis Fürth am Samstag über seine Nachfolge befanden, war der Kreisvorsitzende nicht dabei. Der Grund: Corona.
"Harry musste heute früh kurzfristig absagen, er ist positiv", sagte Jürgen Kotzbauer. Der Ammerndorfer bildet mit Melanie Plevka aus Langenzenn nun das neue Führungsduo der SPD. Was die Genossen und Genossinnen auf Bundesebene können – Stichwort Doppelspitze – das schaffen die Sozialdemokraten im Landkreis auch.
Allerdings mussten die Delegierten, von 70 hatten immerhin 44 den Weg ins Gasthaus "Zur Friedenseiche" gefunden, das erst in einer Abstimmung gutheißen. Die Spitzengenossin und ihr Co-Partner – Scheuenstuhl hatte seine Nachfolge "gut vorbereitet", wie es hieß – wurden beide maximal geräuschlos und mit sehr großer Mehrheit gewählt; gleiches galt für die Besetzung der Stellvertretungsposten mit Julia Enderle (Obermichelbach), Verena Seitz (Puschendorf), Jörg Lehnberger (Veitsbronn) und Sebastian Rocholl (Seukendorf).
Und auch wenn der alte Kreischef daheim in Wilhermsdorf in Isolation sitzen musste, war er in der Delegiertenversammlung doch allgegenwärtig. Diverse Redner verteilten Dank und Lob: An "große Siege trotz übersichtlicher SPD-Wahlergebnisse" erinnerte Carsten Träger. Der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Fürth hatte dabei das Jahr 2013 im Blick, als Scheuenstuhl der Sprung in den bayerischen Landtag gelungen war.
Jedoch vergaß er nicht "den tiefen Einschnitt für Harry" zu erwähnen – als ihm fünf Jahre später der Wiedereinzug missglückte. Dennoch habe der Wilhermsdorfer und langjährige Sprecher der Kreistagsfraktion die Dinge weiter unermüdlich vorangetrieben. Er sei "an der einen oder anderen Stelle umstritten, aber immer verlässlich" gewesen.
"Quengelnde Einheit"
Einen "wohlgelittenen Kollegen" in der Landtagsfraktion nannte sein Kollege aus Fürth, Horst Arnold, Scheuenstuhl. Und während Träger den Fokus auf die weltpolitische Lage richtete, Russlands "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg" in der Ukraine verurteilte und eine Zukunft prognostizierte, die eine andere sein werde, von der man aber nicht wisse, welche Konsequenzen sie zeitigen werde, knöpfte sich Arnold die bayerische Staatsregierung vor.
Von "der quengelnden Einheit im Bund" sprach der Ex-Fraktionschef im Landtag mit Blick auf den Freistaat, wo man sich, etwa bei der bereichsbezogenen Impfpflicht zunächst geweigert habe, ein mit Stimmen der CSU beschlossenes Gesetz zu vollziehen. Ob in der Flüchtlingsfrage oder der Finanzierung von Mehrgenerationen- und Frauenhäuser – überall macht Arnold Versäumnisse in Bayern aus. Bei der 10-H-Regel, die den Ausbau der Windkraft zum Erliegen brachte, habe "es Söder zwar inzwischen kapiert" – doch hier gebe es Schwierigkeiten mit der eigenen Fraktion.
Fürths SPD-Chef Matthias Dornhuber schlug in die gleich Kerbe: Ob Umwelt – "zwischen Cadolzburg und Fürth könnten längst akku- oder wasserstoffbetriebene Züge fahren" – oder Wohnungsbauaktivitäten des Freistaats: Für ihn steht fest: "Söder hat auf ganzer Linie versagt."
Kämpferisch und zuversichtlich gaben sich alle Redner. Keine Frage: Der Wahlsieg im Bund, Olaf Scholz als Kanzler, das beflügelt die Genossinen und Genossen, auch im Landkreis, wo die SPD nicht nur bei der jüngsten Kommunalwahl von Erfolgen nicht gerade verwöhnt war und wo sie mit Thomas Zwingel in Zirndorf und Rainer Gegner in Roßtal nur noch zwei Bürgermeister stellt.
Die SPD-Kreistagsfraktion ist seit dem Urnengang 2020 von 17 auf zehn Mitglieder geschrumpft. Jetzt, nach dem jüngsten Aufschwung, bekäme man ganz andere Ergebnisse, glaubt deren Sprecher Michael Bischoff. Bei den "mutigen, neuen Schritten", die Melanie Plevka ankündigte, wollen Kreistagsfraktion und Ortsverbände stärker an einem Strang ziehen. "Gemeinsam geht mehr", gab die medizinische Fachangestellte und Mutter vierer Töchter als Devise aus.
Wird Scheuenstuhl Kandidat?
Der erste Lackmustest wartet bereits diesen Sommer, denn am 10. Juli wählen die Seukendorfer: Für die SPD tritt dort Sebastian Rocholl an. Ob die Bewohner der kleinen Kreisgemeinde der Empfehlung Dornhubers folgen, "sich den 1a-Bürgermeister nicht entgehen zu lassen", bleibt abzuwarten.
Gleiches gilt mit Blick auf die Landtagswahl 2023 und den SPD-Kreisverband Neustadt-Bad Windsheim. Für den dortigen Stimmkreis 510 braucht es eine(n) gemeinsame(n) Kandidat/in: Der Vorstand im Fürther Land, das sagte Melanie Plevka in Cadolzburg, unterstütze eine Kandidatur Harry Scheuenstuhls. Freilich, so der Ex-Abgeordnete gegenüber den FN, müsse das mit den Genossinnen und Genossen "noch abgestimmt werden".
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