Diese Chance kommt so bald nicht wieder

Elternzeit für die Traumreise nutzen? Nur Mut, das klappt - wenn Sie diese Tipps beherzigen

Matthias Niese

Leben / Magazin am Wochenende / Gute Reise

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12.3.2024, 15:59 Uhr
Mit Kind und Camper quer durch Australien - das war die Reise ihres Lebens und unbedingt zu empfehlen.

© Matthias Niese, NNZ Mit Kind und Camper quer durch Australien - das war die Reise ihres Lebens und unbedingt zu empfehlen.

Jung und unternehmungslustig? Sie stehen aber schon tief im Arbeitsleben? Kommt nun noch ein Kind, haben Sie die seltene Chance, wenigstens in der Elternzeit auszubrechen und bezahlt viel Zeit mit Kind und Partner oder Partnerin zu verbringen. Das können Sie daheim tun oder auf einer langen Reise, von der Sie vielleicht schon ewig träumen.

Sie haben pro Kind Anspruch auf bis zu 3 Jahre Elternzeit mit je nach Dauer unterschiedlich hohen monatlichen Zahlungen. Die Elternzeit können Sie frühestens mit der Geburt Ihres Kindes beginnen, als Mutter des Kindes frühestens im Anschluss an den Mutterschutz. Die Elternzeit endet spätestens am Tag vor dem 8. Geburtstag Ihres Kindes.

Die Gelegenheit haben Sie also in der Regel acht Jahre lang - und dann meist erst wieder Jahrzehnte später im Ruhestand. Also nur Mut!

Unser Reiseredakteur und Autor dieser Zeilen hat drei mehrmonatige Elternzeitreisen ohne jede Komplikation hinter sich gebracht, war unter anderem drei Monate in Australien, zwei in Frankreich und Nordspanien sowie weitere zwei in Andalusien. Er beantwortet hier einige Fragen, die sich viele Paare bei der Planung des Projektes Reise in der Elternzeit stellen und die ihnen bei der Entscheidung, ob, wann und wohin helfen werden.

Kann ich mir eine Elternzeitreise zutrauen?

Wem schon beim Hotelurlaub an der deutschen Ostsee vor Sorge um seine Kinder und um die Vollständigkeit des Reisegepäcks der Schweiß auf der Stirn steht, sollte die Finger von der Idee lassen. Man muss reise-affin sein und sich etwas zutrauen, um eine Elternzeitreise zu planen und dann auch erfolgreich durchzuführen.

Fliegen Sie am besten über Nacht, dann schläft das Kind eher durch.

Fliegen Sie am besten über Nacht, dann schläft das Kind eher durch. © Matthias Niese

Das Paar sollte vorher auf möglichst individuellen und gemeinsamen Reisen Erfahrungen gesammelt und bewiesen haben, dass es gemeinsam und in Harmonie wieder zurückkommen kann. Die Eltern müssen bei ihrem Vorhaben Elternzeitreise an einem Strang ziehen - es bringt nichts, wenn einer von beiden eigentlich nicht will. Unbedingt nötig ist Gelassenheit im Umgang mit den eigenen Kindern und mit dem Partner, denn es wird Situationen geben, in denen die Familie unter Druck steht und die Nerven auch mal blank liegen. Dann gilt es: Ruhe bewahren, durchschnaufen.

Kann ich meinen Kindern eine Elternzeitreise zutrauen?

Sind Ihre Kinder grundsätzlich gesund? Haben sie schon außer Haus übernachtet, mindestens bei den Großeltern? Fahren sie gern im Auto mit, falls Sie vorhaben, eine Rundreise zu machen? Sind die Kinder überhaupt schon einmal verreist? Kann man ihnen einen Flug zutrauen, falls es eine Fernreise sein soll? Schlafen sie einigermaßen gut? Bleiben sie auch in ungewohnten Situationen eher ruhig? Können Sie sich auch mal mit sich selbst beschäftigen? Vertragen sie sich meistens mit ihren eventuell mitreisenden Geschwistern? Das ist prima.

Schreien die Kleinen viel? Haben sie Angst vor allem Fremdem? Hängen sie unentwegt am Rockzipfel? Übergeben sie sich beim Autofahren oder heulen ständig? Sind sie dauernd krank? Essen sie nur ganz bestimmte Dinge, die man nur daheim bekommt? Das ist schlecht. Denn auf dieser Reise warten so manche Herausforderung und neue Erfahrung.

Wohin soll die Elternzeit-Reise gehen?

Dass Reisen in ferne Länder mit Kindern möglich sind, haben schon unzählige Familien bewiesen, die monatelang etwa in Nordamerika oder Australien unterwegs waren. Hier ist das am einfachsten, denn die medizinische Versorgung und der Standard der Infrastruktur sind auf hohem Niveau.

Asien und Südamerika sind vielschichtiger, doch wer genug Devisen und eine Reisekrankenversicherung hat, ist auch dort medizinisch ganz gut abgesichert. Möglich und exotisch ist ein Asientrip allemal, in Ländern wie Thailand oder Vietnam klappen selbst individuelle Reisen dank erfahrener örtlicher Reiseagenturen, die Fahrten oder Abschnitte der Reise organisieren, meist reibungslos.

Übernachten auf strahlend weißem Sand - wann erlebt man das schon mal...

Übernachten auf strahlend weißem Sand - wann erlebt man das schon mal... © Matthias Niese

Und fast alle Länder Südostasiens sind im Gegensatz etwa zu Nordamerika oder Australien konkurrenzlos günstig. In die meisten afrikanischen oder lateinamerikanischen Länder trauen sich viele wegen der Sicherheitslage, der hygienischen Verhältnisse und der häufig heiklen Infrastruktur nicht - für Unerfahrene sind sie mit kleinen Kindern eher nicht zu empfehlen.

Doch so weit weg muss es gar nicht sein: Wer sich nicht mit Kindern auf andere Kontinente traut oder nur ein, zwei Monate Zeit hat, kann in Europa Ziele erkunden, für die schon wegen der langen Anreise mehr Zeit nötig ist als ein, zwei Urlaubswochen. Hier empfehlen sich etwa Nordspanien, Portugal, Andalusien, Süditalien, Griechenland, die Türkei, die Baltischen Länder, der Balkan oder Skandinavien.

Wann sollten wir in Elternzeit verreisen?

Die Jahreszeit hängt vom Ziel ab, siehe oben. Australien, Neuseeland, Südafrika oder Südamerika bereist man rund um den deutschen Winter, dann ist es dort warm. Tropische Länder rund um die Gürtellinie der Erde haben fast immer Saison, hier erkundigen Sie sich am besten nach den zu meidenden Regenzeiten. Im frühen Frühling hat man genug Zeit, etwa Andalusien oder Portugal ausgiebig zu erkunden. Dort blüht dann alles, und nur wenige Touristen sind unterwegs. Im Sommer bieten sich Europa und Nordamerika an.

Wie sind wir am besten unterwegs?

Am meisten sieht, wer eine Rundreise macht. Man kann sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen, muss sich dann allerdings neben all den Familienangelegenheiten mit Fahrplänen und deren Einhaltung herumschlagen. Eine Reise mit dem eigenen Auto ist einfacher - sich für jede Nacht ein Quartier zu suchen, geht allerdings ins Geld und die Aus- und Einpackerei auf die Nerven. Campingurlaub empfiehlt sich nur, wenn man auch länger an einem Ort bleibt.

Badeplatz im australischen Dschungel - und auch die Kleine fand's toll.

Badeplatz im australischen Dschungel - und auch die Kleine fand's toll. © Matthias Niese

Die besten Fortbewegungsmittel für eine Elternzeitreise sind Campingbus und Wohnmobil, zur Not auch ein großer Kombi oder Van mit leichter Campingausstattung, bei längeren Standphasen auch ein Wohnwagen. Wohnen, Essen und Fahrzeug hat man dann mit einer Klappe geschlagen und spart unterm Strich Zeit und Geld.

Sie räumen das Fahrzeug einmal ein und erst am Ende wieder aus, können sich jeden Tag aufs neue entscheiden, wo Sie hinwollen oder ob Sie bleiben möchten - und haben so maximale Flexibilität bei minimaler Packerei. Spezielle Wohnmobilreiseführer (z.B. www.womo.de oder www.mobil-und-aktiv-erleben.de) oder Blogs von Paaren, die dasselbe Ziel bereist haben, helfen bei der täglichen Suche nach einem Stellplatz, an dem Sie verhältnismäßig sicher und fast immer kostenlos die Nacht verbringen.

Tipp für Australien oder Neuseeland: Dort werden als Spaceships umgebaute Minicamper auf Basis eines Vans angeboten, die man sich auch für einen dreimonatigen Trip noch leisten kann. Manche kaufen sich sogar vor der Elternzeitreise ihr eigenes Campingfahrzeug und nutzen es danach noch viele Jahre für ihren Familienurlaub.

Zu welcher Uhrzeit sind wir am besten im Land unterwegs?

Morgens fährt man besser nicht, denn wenn die Kinder aufgewacht sind, sind sie voller Tatendrang und wollen etwas erleben. Auf einer langen Fahrt wird da schnell gequengelt. Also suchen sich kluge Eltern, die weiterkommen wollen, die Schlafenszeiten aus.

Nach dem Mittag- oder frühen Abendessen kommen Sie gut voran, abends ziehen Sie den Kindern schon vor dem Losfahren den Schlafanzug an. Irgendwann schlafen die Kinder ein, die Eltern können sich mal in Ruhe unterhalten und machen ordentlich Strecke. Sie übernachten dann dort, wo sie eh den nächsten Tag verbringen wollen. Das Ziel sollte jedoch möglichst noch am Abend erreichbar sein, damit der eigene Schlaf nicht zu kurz kommt.

Was nehmen wir auf die lange Elternzeitreise mit?

Weniger ist hier deutlich mehr. Sie brauchen eine freie Hand, denn an der anderen hängt das Kind. Wer ohne eigenes Fahrzeug reist, sollte pro Person nur einen Reiserucksack und vielleicht noch eine kleinere Tasche mitnehmen. Aber auch im Auto oder Campingfahrzeug sollte man sich aufs Nötigste beschränken, um nicht ständig über Taschen und jede Menge Krimskrams zu stolpern. Nach der Reise werden Sie nämlich feststellen, dass Sie vieles überhaupt nicht gebraucht haben. Kleidung kann man zur Not auch waschen, und fast alles, was man doch noch braucht, kann man sich kaufen.

Mitnehmen sollten Sie ein Kuscheltier pro Kind und etwas Spielzeug wie ein Auto, Malsachen, ein Hüpfseil oder einen Ball. Außerdem eine überschaubare Reiseapotheke mit den wichtigsten Dingen gegen Husten, Fieber, Durchfall. Einen leichten Kinderbuggy und einen kompakten Kindersitz für Bus, Taxi oder Auto. Will man baden, sollten Kindersonnencreme und eine Schwimmhilfe dabei sein. Auch eine Packung Lieblingsschnuller wirkt segensreich. Gläschen und Milch- bzw. Breipulver bekommt man überall, wenn auch meist teurer als in Deutschland.

Was ist, wenn etwas auf der Elternzeitreise passiert?

In den Ländern der EU und allen Ländern vergleichbaren Standards wie den USA oder Australien sind Sie ebenso gut versorgt wie in Deutschland. Immer wird es eine Organisation geben, die ihnen im Fall einer Krankheit, eines Diebstahls oder ähnlicher Unwägbarkeiten weiterhilft.

Alle Reisenden sollten ausreichend reisekrankenversichert sein, zusätzlich empfiehlt sich eine oft sehr günstige Reiseschutzpolice, etwa über einen Automobilclub wie den ARCD oder ADAC, die KFZ-Versicherung oder die Kreditkarte. Damit werden Sie schlimmstenfalls sogar nach Hause geflogen. In anderen Ländern hilft oft Bargeld weiter. In der Regel gilt: Besonders Familien begegnet man überall auf der Welt mit besonders großer Hilfsbereitschaft.

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